Im neuen Bildungsbarometer des Münchner Ifo-Instituts steht Bayern auf dem ersten Platz. Während 41 Prozent der Befragten in Bayern den Schulen Top-Noten geben, sind es im letztplatzierten Bundesland Nordrhein-Westfalen gerade einmal 20 Prozent. "Wir sehen durch die Bank eine etwas größere Zufriedenheit der Bayern mit den Schulen. Gleichwohl ist es so, dass es in vielen Bereichen große Herausforderungen gibt", sagt Ludger Wößmann vom Ifo-Institut (Eigenschreibweise: ifo Institut).
Bildungssystem: Insgesamt herrscht große Skepsis
Deutschlandweit zeigt sich jedoch eine wachsende Unzufriedenheit und Skepsis gegenüber dem Bildungssystem. Nur etwa ein Viertel der Befragten bewertet die deutschen Schulen in diesem Jahr als "sehr gut" oder "gut", ein Rückgang von etwa 10 Prozentpunkten seit 2014. Die Hauptkritikpunkte sind hier Lehrermangel und Unterfinanzierung der Schulen. Trotz der kritischen Sicht auf das gegenwärtige Bildungssystem hebt das Barometer auch einige ermutigende Trends hervor, insbesondere in Bezug auf die Digitalisierung.
Grafik: Wie bewertet die Bevölkerung die Schulen nach Bundesland?
Bildungsbarometer erstmalig mit regionsspezifischen Daten
Die repräsentative Meinungsumfrage basiert auf den Antworten von rund 5.500 Menschen im Alter von 18 bis 69 Jahren. Sie hat zum Ziel, ein umfassendes Bild der Meinungen der Bevölkerung Deutschlands zu unterschiedlichen Aspekten der Bildungspolitik zu zeichnen. Seit zehn Jahren ermittelt das Institut jährlich sein Bildungsbarometer. Nun ermöglicht es aber zum ersten Mal eine Unterscheidung nach sieben deutschen Regionen.
Die größten Bundesländer Nordrhein-Westfalen, Bayern und Baden-Württemberg wurden dabei separat ausgewertet. Die kleineren Bundesländer sind in vier Regionen zusammengefasst gruppiert: Nord-West, Nord-Ost, Mitte-West und Mitte-Ost. In jeder der genannten Regionen nahmen über 500 Personen an der Befragung teil.
💬 Mitdiskutieren lohnt sich: Die folgende Passage hat die Redaktion aufgrund von Kommentaren der Nutzer "Neinhorn" und "omag" zur Methodik der Umfrage im Rahmen des BR24 Projekts "Dein Argument" ergänzt.
Die Frage zur Zufriedenheit lautete "Welche Schulnote würden Sie den allgemeinbildenden Schulen in ihrem Bundesland geben?", erklärt eine Sprecherin des Ifo-Instituts auf Anfrage von BR24. Bei der Auswahl der Befragten wurde auf eine repräsentative Ausgewogenheit nach dem Alter, dem Geschlecht, dem Schulabschluss und dem Erwerbsstatus geachtet, nicht aber auf den Beruf. Im Fokus der Studie stehe demnach, die allgemeine Meinung der Deutschen abzubilden. Schüler, Lehrer oder Eltern seien nicht gesondert ausgewählt worden. Es gehe darum, die Meinung der Wahlbevölkerung widerzuspiegeln, denn das sei wichtig für den demokratischen Prozess, erklärte Wößmann - auch wenn sich die Perspektive möglicherweise zu der von Schülern und Eltern unterscheide. 💬
Trotz Platz eins für Bayern: Lehrermangel großes Problem
Der Blick in die Regionen zeigt nun, dass der Lehrermangel unterschiedlich stark als ernstes Problem wahrgenommen wird: Mit einem Spektrum von 74 Prozent in Bayern und 82 Prozent in Mitte-Ost liegen die Werte aber alle ziemlich hoch. Die Lernrückstände durch die Corona-Pandemie werden ebenfalls unterschiedlich ernst bewertet. 58 Prozent in Bayern und Nord-West sowie 66 Prozent in Mitte-West sehen darin mindestens ein ernsthaftes Problem. In Nordrhein-Westfalen betrachten 66 Prozent der Befragten den Zustand der Schulgebäude als kritisch, verglichen mit 47 Prozent in Bayern.
Grafik: Wie bewertet die Bevölkerung die Probleme der Schulen in Bayern?
Die Bildungspolitik spielt für einen Großteil der Befragten (78 Prozent) eine wichtige Rolle bei der Wahlentscheidung in Landtagswahlen, insbesondere in den Regionen Mitte-Ost und Nord-Ost mit um die 80 Prozent. Eine deutliche Mehrheit in den meisten Regionen, mit Werten zwischen 54 und 61 Prozent, befürwortet eine Änderung des Grundgesetzes, um bildungspolitische Entscheidungen auf Bundesebene zu treffen, anstatt sie den Bundesländern zu überlassen. Ausnahmen bilden Bayern und Baden-Württemberg, wo die Meinungen dazu geteilt sind, mit 44 beziehungsweise 46 Prozent Zustimmung und 42 beziehungsweise 36 Prozent Ablehnung. Mehr als 80 Prozent der Befragten in allen Regionen unterstützen einheitliche Abschlussprüfungen deutschlandweit.
Kultusminister Piazolo: "Grundsätzlich ein Topergebnis"
Simone Fleischmann, die Präsidentin des Bayerischen Lehrer- und Lehrerinnenverbands, pflichtete bereits Ende August ersten Erkenntnissen aus dem Bildungsbarometer bei: Auch sie identifizierte den Lehrermangel als erhebliches Problem. Zudem hob sie hervor, dass viele Viertklässler die Mindeststandards in den Grundkompetenzen Lesen, Rechnen und Schreiben nicht erfüllen könnten.
Nun äußert sich der bayerische Kultusminister zu den Ergebnissen: "Man muss immer schauen, was man noch besser machen kann, aber grundsätzlich ist das ein Topergebnis", sagt Michael Piazolo (Freie Wähler). Auf das Problem des Lehrerkräftemangels angesprochen verweist Piazolo auf die Unterrichtsversorgung im aktuellen Jahr, die er gut aufgestellt sieht. Dennoch sei der Mangel an Lehrkräften nicht innerhalb von ein paar Wochen zu beheben: "Da geht's darum, immer wieder Maßnahmen zu finden, immer wieder den Lehrerbedarf sicherzustellen. Aber auch in diesem Bereich sind die Menschen in Bayern zufriedener als in anderen Regionen."
Um den Lehrermangel anzugehen, braucht es unter anderem die entsprechenden finanziellen Mittel. Das Bildungsbarometer bietet auch zu diesem Punkt Einblicke: Eine deutliche Mehrheit von 74 Prozent der Befragten spricht sich dafür aus, dass die Regierung mehr in Bildung investieren sollte.
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