Eine getrocknete Hanfknospe in einem Schälchen. Mit der Legalisierung von Cannabis-Konsum muss laut Gesetz auch neu festgelegt werden, welche THC-Blutwerte für den Straßenverkehr gelten.
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Mit der Legalisierung von Cannabis-Konsum muss laut Gesetz auch neu festgelegt werden, welche THC-Blutwerte für den Straßenverkehr gelten.

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Cannabis im Verkehr: Wann schränkt THC die Fahrtüchtigkeit ein?

Cannabis im Verkehr: Wann schränkt THC die Fahrtüchtigkeit ein?

3,5 Nanogramm THC pro Milliliter Blut: Das ist die aktuelle Empfehlung einer Expertenkommission für den Cannabis-Grenzwert im Straßenverkehr. Doch wie viel sagt der wirklich über die Fahrtüchtigkeit aus? Was Wissenschaftler empfehlen.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Ab dem 1. April ist der Konsum von Cannabis legal. Das heißt aber nicht, dass man sich völlig bekifft ans Steuer setzen und Auto fahren darf. Aber wie viel Cannabis ist dann erlaubt? Das soll im Verkehrsrecht neu geregelt werden – auf der Basis eines jetzt empfohlenen Grenzwertes.

Warum es einen neuen THC-Grenzwert im Straßenverkehr braucht

Es gibt bereits einen Grenzwert für THC im Straßenverkehr, der liegt bislang bei 1,0 ng/ml Blut. Die Einheit Nanogramm pro Milliliter Blut bezeichnet dabei die Konzentration von THC (Tetrahydrocannabinol), dem Wirkstoff von Cannabis, die im Blut von Konsumentinnen und Konsumenten nachgewiesen werden kann.

Der bisherige Grenzwert ist sehr streng bemessen, er entspricht quasi einer Null-Toleranz-Grenze. Beim Konsum von Alkohol wird diese Grenze nicht gezogen. Zudem sage eine 1,0 ng/ml-Konzentration von THC im Blut aus wissenschaftlicher Sicht nichts über die tatsächliche Fahrfähigkeit der Getesteten aus, sagt Professor Dominik Irnich, der Leiter der interdisziplinären Schmerzambulanz am Klinikum der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München: "Wir wissen, dass dieser Grenzwert von 1 ng/ml relativ schnell überschritten wird und auch langfristig. [...] Das ist wahrscheinlich schon ein Wert, bei dem eine große Anzahl von Menschen schon Fahreignung hat."

Denn der Wirkstoff THC bleibt im Blut unter Umständen noch sehr lange nachweisbar, wenn von seiner Wirkung – dem eigentlichen Rausch – schon längst nichts mehr zu spüren ist. Mit anderen Worten: Vielleicht haben Sie freitags einen Joint geraucht und fahren am Montag komplett nüchtern in die Arbeit – die THC-Konzentration im Blut ist aber noch immer erhöht.

Was sagt der neue Grenzwert über die Fahrtüchtigkeit aus?

Der neue Grenzwert von 3,5 ng/ml Blut soll dafür sorgen, dass eine justiziable Grenze erst dann überschritten ist, wenn auch eine zeitliche Nähe zum Konsum gegeben ist, sprich: Wenn der oder die Getestete auch tatsächlich noch bekifft ist. Die Krux: Laut Experten kann der neue Grenzwert das nicht und eignet sich deshalb aus wissenschaftlicher Sicht eigentlich nicht zur Beurteilung der Fahrtüchtigkeit. Anders gesagt: Der Wert ist nicht wissenschaftlich begründbar, erklärt Frank Petzke, Professor für Schmerzmedizin in Göttingen: "Wir hatten ja schon eine Grenzwertkommission, seit über 20 Jahren, und die ist zu dem Ergebnis gekommen: Es gibt keine wissenschaftliche Möglichkeit, einen Grenzwert festzulegen."

"Aus physiologischer Sicht sieht man keinen Zusammenhang zwischen der Konzentration im Blut und den Auswirkungen auf das zentrale Nervensystem", betont auch Schmerzexperte Irnich. "Aus wissenschaftlicher Sicht kann man sich da einfach nicht festlegen. Natürlich wird aus politischer Sicht eine Grenze gesetzt werden müssen. "

Mit anderen Worten: Ganz unreguliert gehen Cannabiskonsum und Verkehrsordnung einfach nicht zusammen, aber die Wirkstoff-Konzentration im Blut ist aus wissenschaftlicher Sicht nicht das richtige Mittel, wie Irnich erklärt: "Im Endeffekt kann man die Wirkungen auf das zentrale Nervensystem nicht über Tests im Blut oder auch im Urin objektivieren."

Warum es bei THC nicht so einfach ist wie bei Alkohol

Wie stark Cannabiskonsum konkret im Einzelfall die Fahrtüchtigkeit einschränkt, sei nicht so einfach zu entscheiden wie bei Alkohol. Die beiden Substanzen sind überhaupt nicht vergleichbar. Das fängt schon damit an, dass der Wirkstoffgehalt eines einzelnen Joints schwer zu bestimmen ist. Die THC-Stärke ist in den meisten Fällen bislang schlicht unbekannt. Statur und Kondition der Konsumenten sind auch unterschiedlich, die Wirkung des THC entfaltet sich also individuell unterschiedlich.

Doch ein noch wesentlicherer Faktor ist, ob die Konsumentin oder der Konsument nur gelegentlich kifft oder an den Konsum gewöhnt ist und dadurch weniger beeinträchtigt wird. Menschen, die regelmäßig Cannabis konsumieren, sind deshalb auch nicht unbedingt die besseren Autofahrer und neben ihnen gibt es noch eine weitere Gruppe, die der neue Grenzwert betrifft – nämlich Schmerzpatienteninnen und -patienten, die dauerhaft mit Cannabis medikamentös behandelt werden.

Schmerzmediziner: "Absolute Restunsicherheit"

Bei ihnen stellt sich der Organismus – wie bei anderen Medikamenten, beispielsweise Opioiden – auf einen gewissen Blutspiegel an THC ein, erläutert Schmerzmediziner Frank Petzke, im Interview mit BR24. Nach vier bis sechs Stunden seien diese Patienten in der Regel wieder fahrfähig, das hätten kanadische Studien gezeigt. Doch im Fall von Cannabis bleibe laut Petzke "einfach eine absolute Restunsicherheit bezüglich ihrer Fahrtüchtigkeit. Und wir raten ihnen eher davon ab, überhaupt zu fahren, was jetzt nicht sehr hilfreich ist."

Und die Suchtmediziner betonen: Zwischen der Konzentration und der akuten Wirkung von THC bestehe kein nachweisbarer Zusammenhang. Das liegt nicht nur am Gewöhnungseffekt, sondern auch daran, dass bei wiederkehrendem und häufigerem Cannabiskonsum die THC-Konzentration im Blut tagelang hoch ist.

Was passiert im Körper mit dem THC?

Raucht man einen Joint oder verdampft Cannabis, dann geht es ganz schnell: Das THC rauscht von der Lunge ins Blut, innerhalb von Minuten kann schon der höchste THC-Pegel erreicht sein. Doch die Wirkung, die das THC entfaltet, kommt verzögert: Beim Inhalieren dauert es rund eine Stunde. Bei Keksen, Öl oder anderen oralen Konsumformen kann sich die Wirkung noch weitaus länger verzögern.

Das Blut verteilt das THC, sodass es an Rezeptoren im ganzen Körper andockt – unter anderem im zentralen Nervensystem – und im Körperfett gespeichert wird. Die Folge: Die THC-Konzentration im Blut sinkt auch rasch wieder. Später gibt das Fettgewebe das THC wieder ans Blut ab, die THC-Konzentration steigt wieder an, obwohl der Rausch längst abgeklungen ist.

Kann ich nach einem Joint noch Auto fahren?

Studien zeigen: Im bekifften Zustand ist die Fahrtüchtigkeit deutlich beeinträchtigt. Die Konzentrationsfähigkeit – beispielsweise auf den stupide dahinrollenden Verkehr – lässt nach. Geradeausfahren wird schwieriger. Und die Reaktionszeit verlängert sich.

Auf keinen Fall sollten man sich auf die rein-subjektive Selbsteinschätzung seiner Fahrfähigkeit verlassen, denn diese sei, so meint Petzke, "nicht unbedingt ganz zuverlässig".

Wie lange muss ich nach dem Konsum warten, bis ich wieder fahren kann?

Wie lange es dauert, bis der neue Grenzwert – wenn er denn dann gültig sein wird – nach dem Cannabiskonsum nicht mehr überschritten wird, das kann leider niemand sicher sagen. Der deutsche Automobilclub ADAC rät Autofahrerinnen und Autofahrern, mehr als nur 24 Stunden zu warten, bevor sie sich etwa nach dem Konsum von Haschisch, einer sehr hoch konzentrierten Form von Cannabis, wieder ans Steuer setzen. Das erklärte Katharina Lucà, Unternehmenssprecherin ADAC, in einem Interview mit BR24.

Studien kommen zu sehr breit gestreuten unterschiedlichen Ergebnissen, ab wann die Fahrtüchtigkeit nach dem Cannabiskonsum wiederhergestellt ist. Eine kleinere Studie mit 15 gewohnheitsmäßig Cannabiskonsumierenden (externer Link) zeigte, dass bereits drei Stunden nach dem Konsum von drei Joints keine erhöhten Zahlen an Fahrfehlern mehr in der Simulation auftraten.

Dennoch appelliert Mediziner Irnich an alle Konsumierenden, "lieber nicht zu fahren. Es gibt öffentliche Verkehrsmittel, es gibt andere Möglichkeiten, als sich zu überschätzen – mit entsprechenden, vielleicht auch fatalen, Folgen für andere Menschen."

Im Video: Ab 1. April ist Kiffen in Deutschland teilweise legal - was heißt das für den Straßenverkehr?

Im Video: Ab 1. April ist Kiffen in Deutschland teilweise legal - was heißt das für den Straßenverkehr?

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Wieviel THC im Blut ist erlaubt im Straßenverkehr? Ein Vorschlag einer Expertenkommission.

Anmerkung d. Red.: Das ursprüngliche Titelbild haben wir ausgetauscht, da es von einigen Lesern als wertend gegenüber Cannabiskonsumenten und -konsumentinnen empfunden wurde.

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