Rätselhafter Coronaeffekt: Deutlich mehr Fälle verfrühter Pubertät
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Corona-Folge: Kinder kommen noch früher in die Pubertät

Corona-Folge: Kinder kommen noch früher in die Pubertät

Seit Beginn der Corona-Pandemie sind weltweit 20 bis 30 Prozent mehr Fälle verfrühter Pubertät erfasst worden. Generell sinkt das Alter, in dem bei Mädchen und Jungen die Pubertät einsetzt. Corona hat diese Entwicklung offenbar noch beschleunigt.

Über eine im Mittel immer früher einsetzende Pubertät berichten Medizinerinnen und Mediziner schon seit Jahrzehnten. Bettina Gohlke ist Expertin für Kinderhormone und leitet das Zentrum für Kinderheilkunde am Universitätsklinikum Bonn und wertet seit vielen Jahren Daten junger Menschen aus. Demnach ist das durchschnittliche Alter bei Pubertätsbeginn seit den 1970er-Jahren um etwa drei Monate pro Jahrzehnt gesunken. Seit der Corona-Pandemie hat sich der Effekt offenbar noch verstärkt. "Es wurden 20 bis 30 Prozent mehr Fälle verfrühter Pubertät erfasst“, so Bettina Gohlke.

Pubertät beginnt bei Mädchen und Jungen früher

In ihrer Studie, die erstmals am 12. Oktober 2023 im Fachblatt "Diabetes Obesity and Metabolism" veröffentlicht wurde, geht es konkret um den Zeitraum von 2000 bis 2021. Bettina Gohlke und ihr Team untersuchten in der Langzeitstudie 13.127 Kindern im Alter von sechs bis 18 Jahren. Demnach sank der Beginn der Pubertät bei Mädchen von 11,48 Jahren im Jahr 2000 auf 10,93 Jahre im Jahr 2021. Bei Jungs sank das Alter in diesem Zeitraum von 12,62 auf 11,98 Jahre.

Pubertät gilt dann als verfrüht, wenn sich äußere Sexualmerkmale bei Mädchen vor dem vollendeten achten und bei Jungen vor dem vollendeten neunten Lebensjahr entwickeln. Dazu gehören die Schambehaarung sowie das Wachstum von Brust und Hoden. Bei Mädchen folgt einige Jahre später die Regelblutung. Das Alter, das Jugendliche am Ende ihrer Pubertät haben, hat sich in den vergangenen 50 Jahren nicht verschoben, das heißt, die Pubertät dauert im Mittel länger als früher.

Wie Corona-Pandemie und Pubertät zusammenhängen

Es gibt mehrere Erklärungsansätze, warum speziell seit der Corona-Pandemie so viele verfrühte Pubertätsfälle gemeldet wurden:

  • Während der Schulschließungen und Homeoffice mag es Eltern eher als sonst aufgefallen sein, dass sich ihre Kinder verändern.
  • Frühere Studien zeigen, dass Kinder in Zeiten hoher psychosozialer Belastung körperlich schneller heranreifen als sonst.
  • In der Coronazeit haben viele Kinder an Gewicht zugelegt. Im Fettgewebe bildet sich vermehrt der Botenstoff Leptin, der die Pubertät vorantreibt.

Frühe Pubertät und Folgen für Körper und Psyche

Die frühe Pubertät bleibt nicht ohne Folgen. Da der Body-Maß-Index pubertätsbedingt steigt, verlängert sich aufs ganze Leben gesehen auch die Dauer einer möglichen Typ-2-Diabetes-Erkrankung. Aktuell treffe eine verfrühte Pubertät Kinder aus sozial schwächeren Familien anteilig häufiger, weil sie öfter übergewichtig seien, sagt der Münchner Endokrinologe Günter Stalla: "Gesundheit hängt von sozialem Status und Bildung ab, das zeigt sich auch hier."

Beginnt die Pubertät früh, wirkt das zunächst als eine Art Wachstumsbeschleuniger: Die Kinder schießen in die Höhe. "Die Sexualhormone, die das Wachstum anfangs beschleunigen, sorgen auch dafür, dass es verfrüht endet, indem die Wachstumsfugen geschlossen werden", so Günter Stalla. Im Mittel bleiben also früh Pubertierende kleiner als andere Jugendliche, bei denen die Entwicklung zum Erwachsenen erst später beginnt.

Frühe Pubertät erhöht Risiko für Krebs und Depressionen

Statistisch gesehen sind auch bestimmte Krebsarten erhöht, wenn die Pubertät besonders früh einsetzt. Je länger Brust oder Eierstock beziehungsweise Hoden und Prostata den Geschlechtshormonen ausgesetzt sind, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit für Tumore in diesen Organen.

Hinzu kommen psychische Faktoren. Setzt die körperliche Reife früh ein, überfordert das viele Heranwachsende. Die Diskrepanz zwischen körperlicher und geistiger Reife ist umso größer, je früher die Pubertät beginnt. Frühreife Jugendliche neigen eher zu Depression als ihre später entwickelten Altersgenossen. Der einzige Lichtblick an der Entwicklung, so der Hamburger Endokrinologe Stephan Petersenn: "Man reift früher zu erwachsenem Denken heran."

Im Video: Pubertierende Tiere unterscheiden sich oft nicht von Menschen

Hund mit zerbissenen Schuh. Ausprobieren und Grenzen testen, in den der Pubertät unterscheiden sich Tiere und Menschen nicht so sehr in ihrem Verhalten.
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Pubertät bei Tieren und Menschen

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