Jäger und Hunde – das gehört doch eigentlich zusammen, oder? Nicht unbedingt. Tatsächlich sind vielen Jägern freilaufende Hunde ein Dorn im Auge. Denn nicht alle Hundehalter haben ihre Tiere unter Kontrolle. In Bad Kohlgrub im Landkreis Garmisch-Partenkirchen kam es seit Februar immer wieder zu Fällen, in denen freilaufende Hunde Rehe und Hirschkälber anfielen und sogar töteten. Der BR berichtete darüber erst kürzlich wieder in der Abendschau.
"Ich mache seit Jahren Appelle an die Hundebesitzer", sagt der Vorsitzende der Jagdgenossenschaft, Anton Degele, darin sichtlich erzürnt: "Nehmt sie an die Leine!" Und kündigt schließlich entnervt an, er werde seine Jäger künftig anweisen, freilaufende Hunde notfalls zu erschießen. "Ob sie’s dann tun…", Degele zuckt mit den Schultern.
"Zum Glück gibt es Gesetze, an die sich übrigens auch Jäger zu halten haben", kommentiert eine BR24-Nutzerin auf Facebook. Auf Youtube kommentiert ein anderer User das Video mit den Worten: "Erlegen von freilaufenden Hunden ist rechtens!" Stimmt das? Wann und unter welchen Umständen dürfen Jäger in Bayern freilaufende Hunde erschießen?
Leinenpflicht für Hunde in ausgewiesenen Gebieten
Im Video ist ein Schild zu sehen, das nur wenige Meter entfernt von der Stelle aufgestellt ist, wo das verendete Reh gefunden wurde: "Anleinpflicht für Hunde" steht darauf. Eigentlich hätte der wildernde Hund also ohnehin an der Leine laufen müssen. Allerdings gebe es in bayerischen Wäldern keine grundsätzliche Leinenpflicht für Hunde, erklärt Gertrude Helm vom Bayerischen Jagdverband. Selbst in Jagdrevieren müssen Hunde nicht zwingend an der Leine gehen.
Jedoch sollten Hundehalter, die gerne im Wald Gassi gehen, ihren Hund gut unter Kontrolle haben. Denn: Wer Hunde in einem Jagdrevier "unbeaufsichtigt" frei laufen lässt, begeht laut Bayerischem Jagdgesetz eine Ordnungswidrigkeit. Diese kann mit einem Bußgeld von bis zu 5.000 Euro belegt werden. Außerdem dürfen im Bestand gefährdete oder bedrohte Wildarten nicht "beunruhigt" werden – beispielsweise indem sie an Zuflucht-, Nist-, Brut- oder Wohnstätten gestört werden. Das teilt Martin Hecht, Pressesprecher des Bayerischen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten, auf Anfrage mit.
Jäger darf unter bestimmten Bedingungen schießen
Hundehalter haben also dafür zu sorgen, dass ihr Hund nicht wildert. Passiert das trotzdem, darf der Jäger den Hund erschießen. Das regelt der sogenannte "Jagschutzparagraph" im Bayerischen Jagdgesetz. Demzufolge ist der Jäger verpflichtet, das Wild in seinem Revier zu schützen. Wildernde Hunde darf der Revierinhaber deshalb unter bestimmten Bedingungen töten, erklärt Martin Hecht.
Er zählt auf, welche Bedingungen dafür erfüllt sein müssen: Der Hund muss ohne Aufsicht unterwegs sein. Er muss in der Lage sein, das Wildtier zu gefährden. Ein Jäger darf also keinen Dackel erschießen, der einem Hirsch nachstellt. Und der Hund muss dem Wild "erkennbar nachstellen". Ein bloßes unbeaufsichtigtes Streunen gehört nicht dazu. Der Hund muss das Wildtier allerdings noch nicht hetzen; er muss es auch noch nicht angefallen oder gerissen haben, damit der Jäger schießen darf. Es reicht, dass der Hund die Fährte eines konkreten Tieres aufgenommen hat und dieses "zielgerecht verfolgen" will, so Hecht.
Tötet ein freilaufender Hund ein Wildtier, kann der Revierjäger den Hundehalter gegebenenfalls auf Schadensersatz verklagen. Sollte der Hundehalter seinen Hund sogar bewusst zur illegalen Jagd eingesetzt haben, droht laut Strafgesetzbuch eine Geldstrafe oder sogar eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren .
Nur Revierinhaber und Jagdaufseher dürfen wildernde Hunde abschießen
Allerdings darf nicht jeder Jäger jeden wildernden Hund erschießen, erklärt Gertrude Helm vom Bayerischen Jagdverband. "Jagdschutzberechtigt" ist nur der Revierinhaber oder von ihm angestellte Jagdaufseher. Diese müssen volljährig und von der zuständigen Jagdbehörde überprüft worden sein.
Zudem dürften Jäger keine Jagd- oder Blindenhunde erschießen. Ohnehin sollte es für Jäger aber eigentlich immer die allerletzte Option sein, einen freilaufenden Hund zu erschießen, so Helm. "Der Hund kann schließlich nichts dafür. Schuld sind immer die Halter, die keine Verantwortung übernehmen." Selbst wenn der Jäger einen Hund nicht gleich erschießt, können die Konsequenzen für den Besitzer unangenehm werden. Es kann passieren, dass der Jäger den Hund bei der Polizei abliefert und Strafanzeige gegen den Halter wegen Wilderei stellt.
In Bad Kohlgrub und Oberammergau versuchen die Jäger und Waldbesitzer wildernden Hunden nun aber auch noch mit anderen Methoden beizukommen: Sie haben beim Landratsamt beantragt, dass rund um die Fütterungsstellen Bad Kohlgrub und Oberammergau ein Wildschutzgebiet errichtet werden soll. Haben die Anträge Erfolg, dürfen Spaziergänger diese Gebiete in der Zeit vom 15. November bis 15. April künftig gar nicht mehr betreten.
Fazit
Richtig ist, dass Jäger wildernde Hunde erschießen dürfen. Allerdings nur unter bestimmten Bedingungen: So muss der Hund ohne Halter unterwegs sein. Er muss bereits Fährte aufgenommen haben und tatsächlich in der Lage sein, das Wildtier zu verletzen.