In sozialen und anderen Medien wird gerade der Nutzen von medizinischen und FFP2-Masken in Zweifel gezogen, obwohl es zahlreiche Erkenntnisse gibt, dass solche Masken ein Infektionsrisiko verringern können.
Die AfD in Nordrhein-Westfalen schreibt auf Twitter: "Metastudie der renommierten Cochrane Library beweist: Masken sind gegen #Corona wirkungslos!", auch viele weitere Beiträge auf Twitter behaupten "#Masken schützen nicht!"
Die Studie, auf die sich die Kritiker berufen, ist jedoch kein Beleg für derartige Schlussfolgerungen. Der #Faktenfuchs hat sich die Studie genauer angeschaut.
Cochrane schränkt Aussagekraft der eigenen Studie stark ein
Die Mitarbeiter von Cochrane erstellen Übersichtsarbeiten, sogenannte Reviews, in denen sie Forschungsergebnisse zu Gesundheitsthemen kritisch bewerten und zusammenfassen. Dazu zählt auch die am 30. Januar 2023 erschienene Arbeit "Physikalische Interventionen zur Unterbrechung oder Verringerung der Verbreitung von Atemwegsviren", in der es um den Nutzen von Maßnahmen wie Kontaktbeschränkungen, Masken und Händewaschen geht.
Diese Auswertung läuft schon seit vielen Jahren und die Ergebnisse sind nun zum vierten Mal in einer aktualisierten Ausgabe erschienen. Diese bestätigt im Wesentlichen die Ergebnisse der letzten Fassung vom November 2020, schreibt Cochrane Deutschland in einer Stellungnahme.
Im aktuellen Review kommen die Autoren nach der Auswertung der ausgewählten Studien zu dem Schluss: Das Tragen von Masken in der Bevölkerung hat wahrscheinlich keinen oder nur einen geringen Einfluss auf das Auftreten von Atemwegserkrankungen im Vergleich zum Nichttragen von Masken. Cochrane Deutschland weist allerdings darauf hin: "Die meisten Studien sind älteren Datums und beziehen sich auf die Übertragung von Influenza- und anderen Erkältungsviren, Studien aus der Corona-Pandemie bleiben in der Minderzahl."
Insgesamt enthält der Review nun 78 Studien, die unter anderem zur Zeit der Schweinegrippe und zum ersten SARS-Virus durchgeführt wurden. Darunter sind 12 Studien, die den Unterschied zwischen dem Tragen einer Gesichtsmaske und keiner Maske vergleichen. Drei Studien kamen seit der letzten Fassung des Reviews von 2020 hinzu, zwei behandeln den Einsatz von Masken gegen die Übertragung von SARS-CoV-2, untersucht in Dänemark und Bangladesch.
- Zum Artikel: #Faktenfuchs - Wann ist eine Studie aussagekräftig?
Untersuchte Studien zu unzuverlässig, um sichere Schlüsse zur Wirksamkeit abzuleiten
Die meisten im Cochrane-Review ausgewerteten Studien stammen aus der Zeit vor der Pandemie. Deren Zusammenfassung erlaubt also nur begrenzt Rückschlüsse auf die Wirkung von Masken gegen das Coronavirus. Die Autoren schränken die Aussagekraft ihrer Ergebnisse außerdem weiter ein: Einige Studien wurden zu Jahreszeiten durchgeführt, als nur wenige Viren in der Bevölkerung zirkulierten, etwa außerhalb der Grippesaison. Ein weiterer Unsicherheitsfaktor sei die Qualität der Masken. Möglich sei auch eine Infektion über Tröpfchen an der Außenseite der Maske beim falschen An- oder Ablegen gewesen.
Am schwersten wiegt aber: In den Studien war es sehr schwierig zu überprüfen, ob die Teilnehmenden ihre Masken tatsächlich regelmäßig und korrekt getragen haben. Die Cochrane-Autoren gehen von einer eher geringen Bereitschaft aus.
Aus den sehr unsicheren Daten folgern die Cochrane-Autoren: "Das hohe Risiko einer Verzerrung (Bias) in den Studien, Unterschiede bei Messung der Ergebnisse und die relativ geringe Befolgung der Maßnahmen während der Studien erschweren das Ziehen eindeutiger Schlussfolgerungen."
Vor dem Hintergrund dieser Einschränkungen ist ihre Kernaussage zu sehen: "Auf der Grundlage der von uns ausgewerteten Studien sind wir uns nicht sicher, ob das Tragen von Masken oder N95/FFP2-Atemschutzmasken dazu beiträgt, die Verbreitung von Atemwegsviren einzudämmen." Das bedeutet: Die Studien, die Cochrane untersucht hat, sind zu unzuverlässig, um sichere Schlüsse zur Wirksamkeit von Masken abzuleiten. Darauf weist etwa auch der Virologe Alexander Kekulé auf Twitter hin.
Viele Studien belegen Nutzen von Masken
Für die Cochrane-Überblicksarbeit wurden nur randomisiert-kontrollierte Studien ausgewertet. Das heißt, berücksichtigt wurden nur Studien mit einer Testgruppe (mit Maske) und einer Vergleichsgruppe (ohne Maske), denen die Teilnehmer zufällig zugeordnet wurden.
Studien, die diese Kriterien nicht erfüllten, oder Studien mit Masken im Labor wurden nicht berücksichtigt. Daher ist es kein Widerspruch, wenn andere Studien mit einem anderen Aufbau die Wirksamkeit von Masken belegen. Darauf weist auch Ulrike Protzer, Professorin für Virologie an der Technischen Universität München, im Gespräch mit BR24 hin:
"Die Maske nützt natürlich nur dann, wenn ich sie konsequent trage. Deswegen haben eigentlich alle Studien, die dazu gemacht worden sind, immer einen gewissen Bias, weil man ganz schwer kontrollieren kann: Hat denn wirklich jeder die Maske immer aufgehabt? Aber es gibt viele Studien, die gut kontrolliert in der Hinsicht sind und die zeigen, dass die Maske eindeutig einen Effekt hat." Ulrike Protzer, Professorin für Virologie an der TU München
Ein Beispiel dafür ist eine im Dezember 2022 in der Fachzeitschrift PLOS Medicine erschienene Studie. Sie zeigt, wie das Tragen von Masken während des Unterrichts das Infektionsrisiko in Schulen reduziert hat.
Fazit
Das Ergebnis des Cochrane-Reviews lässt sich etwa so zusammenfassen: Nach derzeitigem Wissensstand haben Masken, die wahrscheinlich nicht immer und oft nicht korrekt getragen werden, keinen oder nur geringen Einfluss auf die Ausbreitung von Atemwegserkrankungen in der Bevölkerung.
Masken sind also kein Wundermittel. Die Datenlage der von Cochrane untersuchten Studien ist aber viel zu schlecht, um eine sichere Aussage zu treffen, was das Tragen von Masken auf Bevölkerungsebene bewirkt.
Als Beweis, Masken wären generell wirkungslos, taugt der Cochrane-Review erst recht nicht. Masken können vor der Übertragung von Krankheitserregern über die Atemluft schützen. Ein Indiz dafür könnten auch, die ausgefallenen Grippewellen während der Pandemie und die vielen, "nachgeholten" Atemwegsinfektionen in den vergangenen Wochen sein.
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