Mit einer Gesamtfläche von knapp 50 Hektar (Stand Ende 2018) entsprechen die deutschen - oder eher bayerischen - Gletscher gerade mal der Größe des Oktoberfests. Das war vor 200 Jahren noch anders: Da waren es 400 Hektar. Selbst 2010 waren es noch 70 Hektar. Die Schnee- und Eismassen nehmen durch steigende Temperaturen im Sommer rapide ab, im Winter kommt nicht genug Masse hinzu. In den Alpen steigt die Temperatur durch den Klimawandel doppelt so schnell wie im weltweiten Durchschnitt. Wird es bis ins Jahr 2100 drei bis sechs Grad wärmer, könnte gerade mal ein Gletscher überleben.
Größte Überlebensschancen nur für zwei Gletscher
Die fünf Gletscher sind der Nördliche und Südliche Schneeferner auf der Zugspitze, der Höllentalferner im Wettersteingebirge und der Watzmanngletscher und der Blaueisgletscher in den Berchtesgadener Alpen. Die zwei größten mit je 16 Hektar Fläche bilden der Nördliche Schneeferner und der Höllentalferner. Die beiden haben auch die besten Überlebenschancen. Wesentlich kleiner ist der Watzmanngletscher mit fünf Hektar, der zwar seit 1959 92 Prozent seiner Masse halten konnte, aber unter Experten bereits umstritten ist, weil er kaum noch existent ist mit seiner “Größe”. Auch die Definition eines Gletschers wird hier auf die Probe gestellt: Denn die besagt, dass sich ein Gletscher wie ein langsamer Fluss bewegt, einen fließenden Eisstrom darstellt.
“Allerdings liegt der Rest-Watzmanngletscher in einer Mulde und hat daher fast keine Bewegung mehr. Andererseits können schneereiche Winter durch die Lawinenfracht diesen Gletscher noch lange "am Leben" erhalten, auch wenn es sich dann nur um einen kleinen Eisrest handelt.” Geowissenschaftler Christoph Mayer, Bayerische Akademie der Wissenschaften
Wann ist ein Gletscher tot?
Der Blaueisgletscher ist ebenfalls fünf Hektar groß und der Südliche Schneeferner sogar nur noch 1,8 Hektar. Auch sie könnte es in einigen Jahren nicht mehr geben. Wann es so weit ist, lässt sich schwer einschätzen, meint Geowissenschaftler und Glaziologe Dr. Wilfried Hagg von der Hochschule München. Bisher haben sie keinen Gletscher für tot erklärt, aber wann erklärt man einen Gletscher für tot? Wenn wirklich gar kein Eis mehr da ist? Drei der fünf deutschen Gletscher haben bereits jetzt eine Größe, die Experten aus anderen Ländern schon gar nicht mehr als Gletscher bezeichnen würden, so Hagg.
Nur noch ein Drittel aller Alpengletscher bis 2100
Rund 5.000 Gletscher gibt es in den Alpen insgesamt. Doch in zwei Jahrzehnten dürfte sich ihre Anzahl halbiert haben. Bis 2100 sagen Forscher der Universität Zürich in einer Studie vom April 2019 sogar einen noch stärkeren Rückgang voraus: Zwei Drittel aller Alpengletscher sollen dann geschmolzen sein. Das träfe aber nur zu, wenn wir das 1,5-Grad-Ziel einhalten. Erwärmt sich das Klima stärker, dann verschwinden neunzig Prozent der Gletscher in den Alpen.
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