Herz-Kreislauf-Erkrankungen waren laut Daten des Statistischen Bundesamts im Jahr 2022 in Deutschland die häufigste Todesursache: Dazu zählen auch akute Herzinfarkte, an denen 2022 rund 46.600 Menschen starben. Nun besagt eine neue Studie: Menschen auf dem Land haben häufiger einen tödlichen Herzinfarkt als Menschen in städtischen Regionen.
Die Studie ist auch dem Grund für dieses Stadt-Land-Gefälle nachgegangen und kommt zum Schluss: Es liegt nicht an der schlechteren notfallmedizinischen Versorgung in ländlichen Regionen, verglichen mit Städten in Deutschland.
Studie vergleicht Todesfälle durch akuten Herzinfarkt auf dem Land und in der Stadt
Für die Studie haben die Forscherinnen und Forscher Daten von Menschen über 65 Jahren für den Zeitraum von 2012 bis 2018 erhoben und die Todesfälle durch einen akuten Herzinfarkt auf dem Land und in der Stadt verglichen. Das Ergebnis: Auf dem Land sterben mehr Menschen an einem akuten Herzinfarkt als in städtischen Regionen. Laut Studie war in der Altersgruppe von 70 bis 89 Jahren die Wahrscheinlichkeit, an einem Herzinfarkt zu sterben, auf dem Land um zwanzig Prozent höher als in der Stadt.
Zunächst liegt die Vermutung nahe, dass dies an einer schlechteren notfallmedizinischen Versorgung in ländlichen Regionen liegen könnte. "Auf dem Land brauchen die Notärzte länger und sie werden immer häufiger gerufen", sagt Alexander Goedel vom Klinikum rechts der Isar der TU München. Er hat an der Studie mitgearbeitet.
Laut den Daten ist das aber nicht der Grund für die größere Anzahl an Todesfällen durch Herzinfarkte in ländlichen Regionen. Denn die Unterschiede zwischen Stadt und Land, was die Sterblichkeit bei einem Herzinfarkt betrifft, waren zu vernachlässigen. Das heißt: Die Hauptursache, dass auf dem Land mehr Menschen durch einen Herzinfarkt sterben, ist nicht, dass es dort länger dauert, bis ein Krankenwagen kommt.
Stattdessen fanden die Forscherinnen und Forscher heraus, dass Menschen in ländlichen Regionen allgemein mehr akute Herzinfarkte erleiden als Menschen in der Stadt – und dass deswegen mehr Menschen an einem solchen Herzinfarkt sterben als Menschen in städtischen Regionen.
Mehr Herzinfarkte in ländlichen Regionen aufgrund von weniger Präventivmaßnahmen
Aber wenn es nicht an der Notfallversorgung liegt, woran liegt es dann? Alexander Goedel sagt: "Wir glauben, dass die heißeste Spur tatsächlich die präventive Medizin ist." Das würde heißen, dass in ländlichen Regionen die Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen – beispielsweise Diabetes Mellitus oder Bluthochdruck, aber auch Rauchen, mangelnde Bewegung oder psychosozialer Stress – nicht adäquat behandelt werden. "Das würde bedeuten, dass es letztendlich schon eine Unterversorgung ist, aber diese Unterversorgung quasi auf dem Hausarzt-Level stattfindet", sagt Goedel.
Andere Kolleginnen und Kollegen überraschen die Ergebnisse dieser Studie, zum Beispiel Samir Murad, Chefarzt der Kardiologie am Klinikum Forchheim/Fränkische Schweiz am Standort in Ebermannstadt. Seine Patientinnen und Patienten kämen oft aus ländlichen Regionen.
Er sagt: "Die Ergebnisse haben uns selbst auch überrascht, weil wir nicht gedacht hätten, dass es so große Unterschiede gibt. Wir hatten eher das Gefühl, dass die Patienten, die auf dem Land leben, sich mehr bewegen, mehr für ihren Herzkreislauf tun, auch präventive Maßnahmen wie Sport oder ähnliches."
Professor Stephan Achenbach, Klinikdirektor der kardiologischen und angiologischen Abteilung am Uniklinikum Erlangen, sagt: "Ich würde aber die Auswirkungen der Studie nicht überbewerten. Es ist sicherlich gut, auch auf dem Land ein gutes Auge auf die Risikofaktoren der Bevölkerung zu haben, aber wir stehen hier nicht vor einer katastrophalen Situation."
Es braucht mehr Daten
Klar ist: Um mehr über die Unterschiede zwischen städtischen und ländlichen Regionen herauszufinden, braucht es mehr Daten. Allgemein gilt für die ganze Bevölkerung, egal wo man wohnt: Regelmäßige Besuche beim Hausarzt sind wichtig, um einem Herzinfarkt vorzubeugen. Darüber hinaus kündigt sich ein Herzinfarkt oft schon Tage vorher an – zum Beispiel durch ein heftiges Druckgefühl im Brustraum, bei Frauen auch durch anhaltende Übelkeit oder starke Nacken- und Schulterschmerzen. Bei diesen Symptomen sollten vor allem ältere Menschen präventiv einen Arzt aufsuchen.
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