Absichtserklärungen ja, aber Fakten, um dem Klimawandel wirklich etwas entgegenzusetzen, nein? Wie sehr sich einzelne Länder tatsächlich für den Klimaschutz engagieren, das analysieren jährlich die Organisationen Germanwatch, NewClimate Institute und Climate Action Network im "Klimaschutz-Index". Die Experten bewerten darin die Klimaschutz-Bemühungen von 57 Staaten sowie der Europäischen Union (EU) und erstellen ein Ranking der weltweiten Top- und Flop-Klimaschützer.
Klimaschutz-Index bewertet vier Kategorien
Die einzelnen Staaten und die EU werden hinsichtlich vier Kategorien beurteilt: Treibhausgas-Emissionen, erneuerbare Energien, Energieverbrauch und Klimapolitik. Kein einziges Land schneidet in allen vier Feldern gut genug ab, um eine "sehr gute" Bewertung im Gesamtranking zu erhalten. Die ersten drei Plätze bleiben deshalb frei. Noch immer sei kein Land auf dem Weg zu den Pariser Klimazielen, teilen die Umweltorganisationen mit.
Vorreiter im Klimaschutz: Schweden
An der Spitze der Rangliste steht Schweden, dieses Jahr bereits zum vierten Mal in Folge. Das Land setze Maßstäbe in den Bereichen CO2-Emissionen, erneuerbare Energien und Klimapolitik. Nur der sehr hohe Energieverbrauch pro Einwohner verhindere eine noch bessere Bewertung mit "sehr gut" statt "gut", heißt es im Klimaschutz-Index 2021. Nach Schweden folgen Großbritannien und Dänemark.
Deutschland beim Klimaschutz im oberen Mittelfeld
Deutschland klettert im Vergleich zum Vorjahr um vier Plätze nach oben - von Rang 23 auf 19. Damit liegt es im oberen Mittelfeld. Die Autoren des Klimaschutz-Index 2021 zeigen Deutschlands Problemfelder auf: zu schwache Ausbauziele für erneuerbare Energien, zu wenig Fortschritt im Verkehrsbereich, ein hoher Energieverbrauch sowie hohe Emissionen klimaschädlicher Treibhausgase pro Einwohner. In fast allen Kategorien - bis auf Klimapolitik - habe es nur für die Bewertung "mittelmäßig" gereicht, erklärt Jan Burck von Germanwatch, einer der Hauptautoren.
"Zum leicht verbesserten Abschneiden Deutschlands tragen auch gute Noten für die internationale Klimapolitik bei - zum Beispiel im Rahmen der EU-Ratspräsidentschaft bisher. Trotz nur mittelmäßiger Noten für die nationale Klimapolitik schafft es Deutschland deshalb in der Kategorie Klimapolitik in den Bereich 'gut'". Jan Burck, Germanwatch
Europäische Union landet im Klimaschutz-Index auf Platz 16
Die EU kann sich in der Gesamtwertung um sechs Plätze verbessern und landet auf Rang 16 - allerdings fast ausschließlich ebenfalls dank einer besser bewerteten Klimapolitik. "In der Platzierung stecken also ein paar Vorschuss-Lorbeeren", meint Jan Burck.
Die Aufsteiger im Klimaschutz-Index 2021
Zu den Aufsteigern gehören Portugal (von Platz 25 auf 17) und Neuseeland (von 37 auf 28). Positiv fallen die Schwellenländer Marokko, Chile und Indien im Klimaschutz-Index auf: Sie landen in den Top Ten der Rangliste. Das würde zeigen, dass Klimaschutz nicht nur den Industriestaaten vorbehalten sei, schreiben die Autoren des Klimaschutz-Index 2021. Sie betonen die vergleichsweise ehrgeizigen Klimaschutzziele dieser Länder, ihren ambitionierten Ausbau der erneuerbaren Energien und das niedrigere Emissionsniveau.
Die Schlusslichter im Klimaschutz-Index 2021
Innerhalb der EU gibt es laut Klimaschutz-Index 2021 mit Tschechien (Platz 47), Polen (Platz 48), Zypern (Platz 49), Ungarn (Platz 50) und Slowenien (Platz 51) Ausreißer nach unten. Die absoluten Schlusslichter sind jedoch der Iran, Saudi-Arabien - und die USA. "Desaströs" nennen die Autoren das Abschneiden der USA: Zum Ende der Amtszeit von Donald Trump liegen sie zum zweiten Mal in Folge ganz am Ende der Liste von 57 Staaten und der EU. Als einziges Land neben Australien und Algerien erhalten die USA sowohl bei der nationalen als auch der internationalen Politik die schlechteste Bewertung "sehr schwach".
Die Top 20 im Klimaschutz-Index 2021:
- Platz 1: nicht vergeben
- Platz 2: nicht vergeben
- Platz 3: nicht vergeben
- Platz 4: Schweden
- Platz 5: Großbritannien
- Platz 6: Dänemark
- Platz 7: Marokko
- Platz 8: Norwegen
- Platz 9: Chile
- Platz 10: Indien
- Platz 11: Finnland
- Platz 12: Malta
- Platz 13: Lettland
- Platz 14: Schweiz
- Platz 15: Litauen
- Platz 16: Europäische Union (EU)
- Platz 17: Portugal
- Platz 18: Kroatien
- Platz 19: Deutschland
- Platz 20: Ukraine
Wendepunkt beim Klimaschutz zum Greifen nah
Insgesamt mutmaßen die Autoren des Klimaschutz-Index 2021, dass der Höhepunkt bei den weltweiten Emissionen von Kohlendioxid und anderen klimaschädlichen Gasen erreicht sein könnte. Ein Wendepunkt scheine zum Greifen nah, schreiben die Autoren. Die Emissionen aller untersuchten Staaten und der EU waren nämlich nur noch ganz leicht angestiegen, in mehr als der Hälfte der betrachteten Staaten sanken sie (32). In zwei Dritteln der Länder (38) werden nun mehr als zehn Prozent der insgesamt benötigten Energie aus erneuerbaren Energien gewonnen - in zwölf davon sogar mehr als 20 Prozent. Laut der Autoren hat die Mehrheit der Länder Maßnahmen angekündigt, um den Wechsel zu treibhausgasarmen Technologien zu unterstützen.
In der EU wird über das Klimaziel 2030 debattiert
Am Donnerstag und Freitag dieser Woche, am 10. und 11. Dezember, entscheiden die EU-Staats- und Regierungschefs über das Klimaziel 2030. Sie würden an einem Scheideweg stehen, mahnen Germanwatch, NewClimate Institute und Climate Action Network:
"Die EU kann mit einem grün ausgerichteten Wiederaufbau nach der Corona-Krise, einem ehrgeizigeren neuen Klimaziel für 2030 und einer guten Umsetzung und Weiterentwicklung ihres Green Deal zum Zugpferd beim Klimaschutz werden." Germanwatch, NewClimate Institute und Climate Action Network im Klimaschutz-Index 2021
Ausstoß von Treibhausgasen um mindestens 55 Prozent senken
Bei leeren Versprechungen drohe Europa allerdings "schwer ins Straucheln" zu geraten. Noch unterstützen nicht alle 27 Staaten den Vorschlag der EU-Kommission, den Ausstoß von Treibhausgasen bis 2030 um mindestens 55 Prozent unter den Wert von 1990 zu senken. Deutschland steht dahinter - Vorbehalte haben jedoch Staaten, die stark auf Kohle angewiesen sind.
Der globale Klimaschutz-Index
Der globale Klimaschutz-Index erscheint seit 2005 jährlich. Er vergleicht den Klimaschutz in den 57 emissionsstärksten Ländern und der EU, die zusammen für insgesamt 90 Prozent der weltweiten Emissionen verantwortlich sind. Laut der Studienautoren betrachtet der Klimaschutz-Index 2021 noch den Stand der einzelnen Länder vor Beginn der Corona-Pandemie. Änderungen in Teilbereichen seien noch nicht mit einberechnet worden. Hier gibt es den Klimaschutz-Index 2021 in voller Länge nachzulesen.
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