Korallen sind viel mehr als nur bunt und wunderschön. Etwa ein Drittel aller Meereslebewesen wohnen in den Korallenriffen. Hunderte Millionen Menschen in den Küstenregionen leben von ihnen. Und: Korallen sind Wellenbrecher, schützen Küstenregionen vor den immer häufiger werdenden Unwettern und hohen Wellen.
Aber Korallen sind empfindlich und schon jetzt geht es ihnen überall auf der Welt schlecht. Wissenschaftler und Anwohner versuchen deshalb weltweit, kaputte Riffe wieder aufzubauen. Das ist eine schwierige Aufgabe. Ein Projekt in Indonesien gibt jetzt Hoffnung.
Forscherin: "Restaurierte Korallen wachsen so schnell wie gesunde"
Das Ziel der Forscher um Ines Lange, Meeresbiologin und Korallenriffökologin von der Exeter Universität in England, ist es, wieder aufgebaute Korallenriffe zu bewerten. Sie wollte wissen, wie schnell sich ein restauriertes Riff wieder erholt und wie schnell es selbstständig wachsen kann – so wie gesunde Riffe.
Im MARS Projekt (externer Link) im südlichen Sulawesi (Indonesien) werden zerstörte Riffe mit sogenannten Riffsternen wieder aufgebaut. Das sind sechsarmige Stahlkonstruktionen von der Größe eines Autoreifens, die mit Sand überzogen in den Meeresboden gesteckt werden oder modular zu größeren künstlichen Riffen zusammengesteckt werden. An diese Konstruktionen haben die Indonesier Korallenfragmente befestigt, damit sie dort anwachsen und ein neues Riff aufbauen können. "Wir haben festgestellt, dass die restaurierten Riffe schon vier Jahre nach Restauration genauso schnell wachsen wie gesunde Riffe in der Umgebung. Und das ist eine ziemlich erstaunliche Leistung", sagt die Forscherin über ihre Beobachtung.
Korallen-Restauration: Warum das Ergebnis erstaunlich ist
Nicht nur, weil Korallen sehr langsam, nur wenige Zentimeter im Jahr wachsen, ist das Ergebnis von Lange und ihrem Team erstaunlich. Auch das Reparieren von Korallen an sich ist sehr schwierig und sehr arbeitsintensiv, weiß Sebastian Ferse vom Leibniz Institut für marine Tropenforschung. "Man muss einzelne Korallenfragmente von Hand transplantieren, das kann man eben nicht auf großer Skala machen", sagt er.
Viel mehr als hundert Quadratmeter, etwa die Größe eines halben Tennisplatzes, sind meistens bei so einem Projekt nicht drin. Die Zerstörung der Korallenriffe findet aber in ganz anderen Dimensionen statt. Zum Vergleich: Das Great Barrier Reef ist ungefähr so groß wie Deutschland. Mit einer Riffrestauration in der Größe eines Tennisplatzes kommt man da nicht weit.
Die verschiedenen Methoden, Korallen zu retten
Forscher versuchen mittlerweile mit vielen unterschiedlichen Methoden, Korallen wiederzubeleben. "Es geht von künstlichen Riffen, die man ins Riff ausbringt, künstliche Strukturen, Transplantation von einzelnen Korallen, bis hin zu technischen Lösungen. Dabei versucht man, das Korallenwachstum durch Schwachstrom zu unterstützen bis hin zu sexueller Reproduktion, wo man die Spermien und Eier von Korallen einsammelt, diese versucht zu befruchten und die Larven ausbringt", erklärt der Wissenschaftler des Leibniz Instituts.
Korallen-Projekt: Das Geheimnis des Erfolgs
Den Erfolg des Projekts in Indonesien erklärt Ferse so: Zum einen sei die Bevölkerung gut eingebunden worden, das Projekt sei zeitlich unbegrenzt. Aber vor allem: Die Korallen in dieser Region würden noch gut wachsen, weil sie schwankende Temperaturen gewöhnt seien und weil dort keine große Verschmutzung stattfände.
Die Zerstörung der Riffe in Sulawesi liegt schon 20, 30 Jahre zurück. Bombenfischer haben die Riffe mit selbstgebastelten Bomben damals in Schutt verwandelt, um mehr Fische zu fangen. Aus dem losen Schutt sind in den letzten Jahrzehnten allerdings keine neuen Riffe gewachsen. Mit den Riffsternen als künstlicher Struktur scheint sich das jetzt zu ändern. "Das heißt: Man hat sofort eine Stabilisierung des losen Untergrunds, also die Korallenfragmente, die dort herumrollen, man hat eine dreidimensionale Struktur, wo Fische wieder einziehen können, und man hat ein bisschen Korallenbedeckung, wo Korallen wachsen können und sich erholen können und die Basis für ein neues Riff bilden", erklärt Wissenschaftlerin Lange.
Ergebnisse in Indonesien nicht auf andere Regionen übertragbar
Auf andere Regionen übertragbar sei das Ergebnis jedoch nicht. Ines Lange findet es trotzdem sinnvoll, Korallenriffe punktuell zu restaurieren, auch wenn es aufwändig ist.
"Also diese Riffe in Indonesien, die jetzt restauriert worden sind, die haben einen Riesennutzen für die Bevölkerung", betont die Wissenschaftlerin: "Die haben jetzt wieder einen Schutzwall für die Wellen und Sturmenergie, die haben wieder ein gesundes Habitat, wo Fische einziehen können und wo sie von der Fischerei leben. Also das macht einen großen Unterschied auf lokaler und regionaler Ebene."
Korallenriffe bei 2 Grad Erwärmung zu 99 Prozent zerstört
Auf globaler Ebene sehen jedoch einige Experten die aufwändige Restaurierung kritisch. Denn Korallen reagieren extrem empfindlich auf die wärmeren Wassertemperaturen. Laut Prognosen des Weltklimarates, der sich auf unterschiedliche Studien der ganzen Welt bezieht, werden bei einer Erwärmung um zwei Grad 99 Prozent aller Korallenriffe sterben. Also fast alle.
Ines Lange und Sebastian Ferse setzen trotzdem noch Hoffnung in die Restaurierung. Denn wenn wir die Erderwärmung endlich in den Griff bekommen haben und sich die Temperatur auf zwei Grad mehr stabilisiert, sind möglicherweise noch kleine Reste von Riffen da, wie eine Arche Noah. Und dann könnten Forscher diese Archen mit Hilfe der Restauration wieder erweitern.
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!