Zu wenige Lehrkräfte, das ist derzeit eher die Regel als die Ausnahme an Bayerns Schulen. Für die Schüler bedeutet dieser Mangel oft Unterrichtsausfall und damit zu wenig Zeit für wichtige Unterrichtsinhalte. Für die Lehrerinnen und Lehrer heißt das nicht selten ständige Arbeitsüberlastung, weil sie den Personalmangel oft mit Überstunden ausgleichen müssen.
Botschafter sollen Interesse für den Lehrberuf wecken
Der Trend zu weniger Lehrkräften scheint sich fortzusetzen: Die Zahl der Studienanfänger für das Lehramt an Mittelschulen ist zwischen 2013 und 2022 um 50 Prozent gesunken. Das ging kürzlich aus einer Antwort des bayerischen Kultusministeriums auf Anfrage der SPD [externer Link] hervor.
Das bayerische Kultusministerium will deshalb gegensteuern und mehr Nachwuchs für den Lehrerberuf gewinnen. Mit der Initiative "VOR ORT Zukunft prägen. Lehrer/-in werden!" [externer Link] sollen rund 500 sogenannte Lehramtsbotschafterinnen und -botschafter bei ihrem Besuch an bayerischen Gymnasien sowie an Fachoberschulen (FOS) und Berufsschulen (BOS) Schülerinnen und Schüler für den Lehrberuf begeistern.
Lehramtsstudium für junge Erwachsene nicht mehr attraktiv
Für Michael Hopp, selbst Lehrer an einer bayerischen Mittelschule und sogenannter Lehramtsbotschafter, ist vor allem das fehlende gesellschaftliche Ansehen ein Grund, warum sich in Bayern immer weniger junge Menschen für den Lehrerberuf entscheiden. Der Beruf des Lehrers oder der Lehrerin sei hierzulande "nicht mehr so angesehen wie er es einmal war", sagt er. In skandinavischen Ländern sei das anders. Dort seien Lehrer "hoch angesehen", deshalb gebe es dort auch genug Nachwuchs.
Statistik: Immer weniger wollen Lehrer werden
Die Zahlen geben dem Mittelschullehrer recht. Neben dem - laut SPD-Anfrage - Minus von 50 Prozent beim Studium für das Lehramt an Mittelschulen entschieden sich im Jahr 2022 knapp 15 Prozent weniger junge Menschen für ein Lehramtsstudium, um später an einem Gymnasium zu unterrichten als noch im Jahr 2013. Beim Lehramt für die Realschulen lag das Minus im selben Zeitraum bei rund neun Prozent.
Bei anderen Schularten schrieben sich hingegen sogar mehr Abiturientinnen und Abiturienten für ein Lehramtsstudium ein. So gab es 2022 deutlich mehr Studienanfänger für das Lehramt an Grundschulen (plus 33,5 Prozent), für Berufsschulen lag das Plus bei über 32 Prozent und für die Sonderpädagogik schrieben sich über 24 Prozent mehr Studentinnen und Studenten an bayerischen Unis ein als noch 2013.
Insgesamt ist der Anteil der jungen Menschen, die sich unmittelbar nach dem Abitur für ein Lehramtsstudium in Bayern entschieden haben, nach Angaben des bayerischen Kultusministeriums von knapp 15 Prozent im Jahr 2013 auf rund sieben Prozent im Jahr 2022 gesunken. Auch die Zahl der ausländischen Abiturienten, die sich 2022 für ein Lehramtsstudium in Bayern entschieden haben, ist laut SPD-Anfrage gegenüber 2013 um etwa die Hälfte zurückgegangen.
Was Lehramtsbotschafter vermitteln wollen
Die Lehramtsbotschafterinnen und -botschafter sollen den Schülern an Gymnasien, an Fachoberschulen (FOS) und Berufsoberschulen (BOS) vor allem eines vermitteln: Der Lehrberuf kann richtig Spaß machen. Schließlich lassen sich als Lehrerin oder Lehrer nicht selten Hobbys zum Beruf machen. Auch, dass die Rahmenbedingungen für Lehrerinnen und Lehrer gar nicht so schlecht sind, wollen die Lehramtsbotschafter bei ihren Vorträgen an den Schulen herausstellen. "Ich habe eine Planstelle. Planstelle heißt, ich bin Beamter und faktisch unkündbar", erklärt zum Beispiel ein Gymnasiallehrer einer Schulklasse.
Kritik einer Lehrerin: Ausbildung bereitet zu wenig auf Schulalltag vor
Carina Schmidt-Bock, stellvertretende Vorsitzende des "Jungen BLLV" im Bayerischer Lehrer- und Lehrerinnenverband, übt aber auch Kritik an der Lehrerausbildung. Dass "diese ganzen Sachen, die in der Schule vorkommen", den Lehramtsanwärtern im Studium nicht beigebracht würden und dies erst später durch "Learning by doing" geschehe, "das darf es eigentlich nicht sein", sagt sie.
Die junge Lehrerin meint damit die Vorbereitung auf bestimmte Situationen im Schulalltag, angefangen von der richtigen Strukturierung des Unterrichtsstoffs bis hin zum Umgang mit Schülerinnen und Schülern, die kein Deutsch können oder solche, die Verhaltensauffälligkeiten aufweisen. In der Ausbildung bekomme man das nicht beigebracht, sagt sie. Nach dem Studium werde man "ins kalte Wasser geschmissen", beklagt die Pädagogin. Auch das sollen die Schülerinnen und Schüler von den Lehramtsbotschaftern erfahren.
Lehramtsbotschafterinnen und -botschafter: Feedback der Schüler
Bei den möglichen Lehrern von morgen kommt die Arbeit der Lehramtsbotschafterinnen und -botschafter gut an, wie sich in einer Feedback-Runde herausstellt. Der Vortrag habe gezeigt, wie "cool es einfach sein kann", sagt Karla, eine Schülerin, nachdem sie einem der Lehramtsbotschafter an ihrer Schule zugehört hat. Ihr hat vor allem gefallen, wie sehr die meisten Lehrkräfte Spaß an ihrem Beruf hätten, sagt sie.
Aber auch die "Gehaltsklassen" und die "Sicherheit" findet Karla ein Argument dafür, sich später für den Lehrerberuf zu entscheiden. Lena, eine andere Schülerin der Schule, ist nach dem Vortrag einfach nur froh, dass sie jetzt weiß, dass sie keinen "Einserschnitt" in Mathe haben muss, um Mathelehrerin werden zu können.
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