Ötzi wurde vor 33 Jahren in den Ötztaler Alpen zufällig entdeckt.
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Ötzi, der 5.300 Jahre alte Mann aus dem Eis, wird im Südtiroler Archäologiemuseum konserviert.

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Eismumie "Ötzi": Neue Konservierungsmethode gesucht

Eismumie "Ötzi": Neue Konservierungsmethode gesucht

Es war ein Glücksfall für die Wissenschaft: 1991 entdeckt ein Nürnberger Ehepaar in den Ötztaler Alpen den "Mann aus dem Eis". Heute liegt "Ötzi" in einem Kühlraum des Südtiroler Archäologiemuseums. Doch die Konservierungstechnik ist nicht optimal.

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    Mehr als 5.300 Jahre lang lag "Ötzi" auf 3.210 Meter Höhe unter Schnee und Eis. Der Körper, die Kleidung und die Ausrüstung waren nahezu perfekt konserviert. "Das hat natürlich ganz neue Einblicke erlaubt", sagt der Münchner Anthropologe Albert Zink. Er leitet die Mumienforschung am Eurac Institut in Bozen.

Seit Ende der 1990er Jahre lagert Ötzi, "der Mann aus dem Eis", im Archäologiemuseum in Bozen. Aus dieser Zeit stammt auch die Konservierungsmethode. Mit viel Aufwand wird er feucht und kalt gehalten: bei minus 6 Grad Celsius und fast 100 Prozent Luftfeuchtigkeit - ähnliche Bedingungen wie an seiner Fundstelle im Eis.

Gesucht: Neue Konservierungsmethode für Ötzi

Dennoch verliert die Mumie kontinuierlich Wasser. Deshalb wird sie alle zwei Monate mit sterilem Wasser besprüht. Die Eisschicht, die sich dabei bildet, soll den Körper vor der Austrocknung schützen. Das Problem, so Albert Zink: "Man muss immer wieder mit der Mumie interagieren, und das ist immer ein gewisses Risiko."

Albert Zink und der Konservator Marco Samadelli von Eurac Research suchen deshalb nach einer besseren Konservierungsmethode. Die Idee: Statt die Mumie wie bisher permanent kalt und feucht zu halten, soll sie in einen trockenen Zustand überführt werden. Statt in einer Kühlkammer könnte sie dann in einer Vitrine gelagert werden und Besucher könnten sie genauer betrachten. Luftdruck, Temperatur und Luftfeuchtigkeit in der Vitrine blieben stabil, Eingriffe von außen wären nicht mehr nötig.

Eine 400 Jahre alte Gämse hilft den Forschern

Doch wie entwickelt man eine neue Methode, ohne sie an der wertvollen Mumie zu testen? Ein weiterer Zufall kommt den Wissenschaftlern zu Hilfe: 2019 findet ein Bergsteiger auf einem Gletscher den mumifizierten Kadaver einer Gämse. Das Tier war mehr als 400 Jahre lang im Eis konserviert und erst durch die Gletscherschmelze freigegeben worden. Ein ideales Forschungsobjekt.

Seit mehr als zwei Jahren trocknen Albert Zink und Marco Samadelli vorsichtig Proben der Gämse. Aus früheren Studien kennen die beiden Wissenschaftler die optimalen physischen und chemischen Bedingungen, um Mumienfunde zu konservieren. Diese Bedingungen stellen sie zunächst im Labor her, um dann zu untersuchen, wie sich verschiedene Konservierungsmethoden auf das Erbgut auswirken.

Ötzis DNA soll erhalten bleiben – für künftige Forschung

Es gilt, eine Methode zu entwickeln, bei der man die Mumie erhält und untersuchen kann, ohne Ötzis alte DNA zu zerstören. Denn, so Albert Zink: "Wer weiß, was wir in 30 Jahren alles herausfinden können, beispielsweise, wie sein Immunsystem funktioniert. Wir wissen, Organe, das Gehirn ist erhalten. Vielleicht ist irgendwann die Möglichkeit auch da, irgendetwas herauszulesen, was wir uns zurzeit noch überhaupt nicht vorstellen können."

Erst letztes Jahr lieferte eine neue Genanalyse (externer Link) überraschende Erkenntnisse über das Aussehen des Mannes aus der Kupfersteinzeit: Er hatte wohl eher dunkle Haut und eine Halbglatze. Seine Vorfahren waren hauptsächlich Bauern aus Anatolien. Weniger als zehn Prozent seines Erbguts stammt von europäischen Jägern und Sammlern. "Inzwischen wissen wir sehr, sehr viel über den Ötzi. Wie die Lebensumstände waren vor über 5.300 Jahren, seine genetische Herkunft, wie er ausgesehen hat. Und dass er eben auch viele Krankheiten hatte, die wir heute als Zivilisationskrankheiten ansehen würden, wie beispielsweise Gefäßverkalkungen."

Schmelzende Gletscher werden weitere Relikte freigeben

Das Projekt rund um eine neue Konservierungsmethode steht noch ganz am Anfang. Aber in zwei bis drei Jahren, so hoffen alle Beteiligten, gibt es belastbare Ergebnisse. Dann wollen die Wissenschaftler dem Museum in Bozen eine Empfehlung geben können.

Und es geht nicht nur um Ötzi, sondern auch darum, weitere Funde aus dem Eis für künftige Untersuchungen zu konservieren. Die Chancen für archäologische Funde steigen aufgrund der klimabedingten Eisschmelze. Dabei ist Eile geboten, denn wenn das Eis weggeschmolzen ist, könnten die empfindlichen Relikte schnell zerstört werden.

Video: Gletscherarchäologie · Spurensuche in eisigen Höhen

Forscherteam bei einer Expedition in den Schweizer Alpen
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