Seit Jahrzehnten entsteht über der Antarktis in jedem Winter, der am Südpol von März bis September dauert, ein Ozonloch: Die Konzentration an Ozon sinkt in den oberen Atmosphärenschichten - und damit auch der Schutz vor schädlicher UV-Strahlung der Sonne. Normalerweise fällt das Ozonloch mit dem beginnenden Sommer am Südpol im November wieder in sich zusammen. Doch in diesem Jahr hatte das Ozonloch selbst Anfang Dezember noch gigantische Ausmaße.
Anfang Dezember hatte das Ozonloch über dem Südpol noch eine Größe von etwa 18 Millionen Quadratkilometern – das ist eine Fläche größer als das Festland der Antarktis. Normalerweise sollte das Ozonloch um diese Jahreszeit schon verschwunden sein.
Stabiler Polarwirbel lässt das Ozonloch entstehen und bestehen
Im antarktischen Winter entsteht eine besondere Wetterlage am Südpol und seltener auch am Nordpol im dortigen Winter: ein Polarwirbel, den man sich wie ein gigantisches Tiefdruckgebiet vorstellen kann und der bis in 50 Kilometer Höhe hinaufreicht. Dort oben ist die Stratosphäre, die obere Atmosphärenschicht über der Erde. Ozon in dieser Höhe ist, im Gegenteil zu hohen Ozonwerten in Bodennähe, sehr gewünscht, denn das Gas wirkt in der oberen Atmosphäre wie ein Filter gegen die schädlichen UV-Strahlungen der Sonne.
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Gase wie beispielsweise Fluorchlorkohlenwasserstoffe (FCKW), die früher bei Kühlschränken oder Sprays zum Einsatz kamen, zerstören das Ozon. Der Polarwirbel trägt solche ozonschädigende Stoffe nicht nur in die Atmosphäre über dem Südpol sondern verhindert durch seine enorme Stabilität auch den Austausch der Luftmassen zwischen der Antarktis und mittleren Breiten. Den ganzen antarktischen Winter lang hält ein starker Westwind den Polarwirbel gewissermaßen fest.
Wenn dann im September der Sommer am Südpol beginnt, die Sonne immer länger und steiler auf die Antarktis scheint und die Luftmassen erwärmt, bricht normalerweise die Wetterlage um: Der Westwind wird von einem Ostwind abgelöst, die Luftmassen geraten in Bewegung und das Ozonloch bricht in sich zusammen. Im November ist es normalerweise nicht mehr messbar.
Polarwirbel war in diesem Jahr länger stabil als sonst
Doch in diesem Jahr kam erst Anfang Dezember Bewegung in die Luftmassen. Forscher des Deutschen Luft- und Raumfahrtzentrums (DLR) vermuten als Ursache eine besonders niedrige Oberflächen-Temperatur des Pazifiks an der Westküste Lateinamerikas. Sind dort die Meerestemperaturen besonders tief, treiben sie die sogenannten "planetaren Wellen" in der Stratosphäre nicht an, die für den Luftmassenaustausch zwischen den Polen und mittleren Breiten zuständig sind. Dadurch war der Polarwirbel diesmal stärker und länger stabil und hielt das winterliche Ozonloch länger fest. Erst ab dem 5. Dezember konnte eine gesteigerte Aktivität der planetaren Wellen beobachtet werden.
Ozonloch wurde jahrelang kleiner
Seit das Ozonloch über der Antarktis 1985 entdeckt wurde, versuchen Nationen weltweit, es wieder "zu schließen", also sein saisonales Entstehen zu verhindern. Dafür wurde 1987 das Montrealer Protokoll verabschiedet, in dem sich fast 200 Staaten dazu verpflichten, ozonschädliche Stoffe wie FCKW möglichst zu reduzieren. Zunächst mit Erfolg: 2016 stellte man fest, dass das Ozonloch seit dem Jahr 2000 in jedem Jahr etwas kleiner ausfiel als im Jahr davor. Auch im Jahr 2017 war das Ozonloch besonders klein.
Zu früh gefreut: Ozonloch 2018 und 2020 unter den Rekordhaltern
Doch der Trend scheint gestoppt: In den Jahren 2018 und 2020 wuchs das Ozonloch im antarktischen Winter wieder und erreichte Ausmaße, die zu den größten der vergangenen 15 Jahre gehören, berichteten Forscher von Europas Erdbeobachtungsprogramm Copernicus im Oktober. Das Jahr 2019, in dem das Ozonloch kleiner und vor allem kurzlebiger war, sei eher als Ausreißer zu betrachten. Eine besondere meteorologische Lage habe für ein kleineres Ozonloch gesorgt.
Offenbar sorgt inzwischen eine ungewöhnliche Stärke und Stabilität des Polarwirbels dafür, dass das Ozonloch wieder größer wird. Im antarktischen Winter sei die Ozon-Konzentration auf nur noch 100 Dobson-Units gefallen - ein Drittel der normalen Ozonkonzentration -, während sich normalerweise im Winter die Konzentration nur halbiert. Und das Ozonloch reichte auch besonders tief hinunter, bis auf zwanzig bis 25 Kilometer Höhe.
Im Frühjahr 2020 wurde auch erstmals über der Arktis ein Ozonloch festgestellt. Dort sind normalerweise die winterlichen Wetterverhältnisse nicht stabil genug, dass sich ein Ozonloch bilden kann. Doch im März 2020 rief ein ebenfalls sehr starker und stabiler Polarwirbel über dem Nordpol ein Ozonloch hervor.
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