Am 1. November konnte die NASA-Raumsonde Lucy einen Asteroiden namens Dinkinesh passieren und sich ihm dabei gegen 18 Uhr deutscher Zeit bis auf 425 Kilometer annähern. 2021 war die Raumsonde ins All gestartet. Da stand der Asteroid Dinkinesh noch gar nicht auf dem Plan. "Dinkinesh war zufällig auf der Route", sagt Stefano Mottola vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR). Eigentlich ist Lucy auf dem Weg zu den sogenannten Jupiter-Trojanern, einer großen Zahl von Asteroiden auf der Umlaufbahn des Jupiters um die Sonne.
Erst vor etwa einem Jahr hatten Wissenschaftler entdeckt, dass Lucy auf ihrem Flug schon viel früher an einem geeigneten Ziel vorbeifliegt: dem Asteroiden Dinkinesh, einem steinigen Himmelskörper, der die Sonne auf einer stark elliptischen Umlaufbahn im sogenannten Asteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter umkreist.
Für die NASA-Mission ist das ein Glücksfall: Das Zusammentreffen wollen die Wissenschaftler und Raumfahrttechniker als Generalprobe für Lucy und ihre Instrumente nutzen. So ist das jetzige Manöver vorrangig eine Übung für die Tracking-Systeme der Sonde: Diese sind dafür verantwortlich, dass Lucy während ihrer Asteroidenvorbeiflüge das jeweilige Ziel immer genau im Blick behält.
NASA-Raumsonde Lucy kann nicht bei Asteroiden anhalten
Auf der To-do-Liste für Lucy stehen mit Dinkinesh nun insgesamt zehn Asteroiden, welche sie genauer untersuchen soll. Allerdings: Dabei hält die Sonde niemals an, sie schwenkt auch nicht in eine Umlaufbahn um die Asteroiden ein, sondern fliegt einfach weiter. "Der ganze Vorbeiflug passiert wirklich sehr schnell, bei einer Geschwindigkeit von mehr als vier Kilometern pro Sekunde. Am Anfang werden die Objekte nur Punkte sein", sagt Stefano Mottola.
Deshalb ist Lucy mit einer Kamera ausgerüstet, die Aufnahmen vom Zielobjekt macht und die Instrumente anschließend automatisch auf das jeweilige Zielobjekt ausrichtet. Von der Erde aus lassen sich Lucys Instrumente nicht schnell genug steuern, da die Funksignale zu lange brauchen würden: Die Sonde wäre längst am Objekt vorbeigeflogen.
Mit den Instrumenten können Wissenschaftler die Temperatur analysieren. Mit einem Spektrometer messen sie die von der Oberfläche reflektierte Strahlung und können so die Gesteinszusammensetzung untersuchen. Stefano Mottola interessiert sich vor allem für die Bilder der optischen Kameras, die am ehesten dem ähneln, was wir auf der Erde als Videokamera kennen. Mottola und seine Kollegen können aus diesen Daten beispielsweise das Alter eines Asteroiden rekonstruieren oder auf seine innere Struktur schließen.
Asteroiden wie Dinkinesh und die Jupiter-Trojaner sind Überbleibsel aus dem jungen Sonnensystem
Für das Innere von Asteroiden interessiert sich auch Martin Pätzold, Planetenforscher an der Uni Köln. Sein Team wertet Funkwellen aus, die zwischen der Erde und der Sonde hin- und hergeschickt werden. Damit kann man die Bewegung der Sonde nachvollziehen, ähnlich wie bei einem Geschwindigkeitsradar der Polizei. Nähert sich Lucy einem Asteroiden, verändert sich durch die Anziehungskraft ganz leicht die Flugbahn der Sonde.
"Wir können damit also praktisch die Masse der Planeten darstellen. Aus der Masse und der mittleren Dichte können wir schließen, woraus der Körper aufgebaut ist oder ob er porös ist", sagt Martin Pätzold. Allerdings geht Pätzold nicht davon aus, dass er von dem Mini-Asteroiden Dinkinesh mit einem Durchmesser von rund 760 Metern, an dem die Sonde jetzt vorbeifliegt, sinnvolle Daten bekommt – dafür ist Dinkinesh zu klein, die Raumsonde Lucy doch zu weit entfernt.
Lucy soll 2027 beim ersten "Jupiter-Trojaner" ankommen
Nachdem Lucy am 1. November an Dinkinesh vorbeigeflogen ist, wird die Sonde im Dezember 2024 noch einmal an der Erde vorbeifliegen und dabei Schwung für den Weiterflug durchs Sonnensystem holen. 2025 ist ein Vorbeiflug an einem weiteren Asteroiden des Asteroidengürtels geplant, bevor Lucy dann im August 2027 ihr erstes eigentliches Ziel erreicht: den Asteroiden Eurybates. Dieser Asteroid gehört zu einem Schwarm von Objekten, die auch als "Trojaner" bezeichnet werden.
Das sind Himmelskörper, die sich eine Umlaufbahn mit dem Gasriesen Jupiter teilen und ihm entweder vor- oder hinterhereilen. Aufgrund ihrer großen Entfernung ist über sie viel weniger bekannt als über die Asteroiden im Hauptgürtel. Es wird angenommen, dass sie jenseits der Jupiterbahn im äußeren Sonnensystem entstanden sind und somit Aufschlüsse über die Entstehung der äußeren Gasplaneten liefern können. Die NASA-Raumsonde Lucy wird die erste Mission sein, die diese Asteroiden aus der Nähe untersuchen wird. Bis 2033 soll die Mission an insgesamt acht Jupiter-Trojanern vorbeifliegen.
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