Igel halten gewöhnlich von November bis März ihren Winterschlaf. Um die nötigen Kraftreserven für die Wintermonate zu haben, gehen sie im Herbst auf Futtersuche. Doch immer seltener werden sie dabei fündig, denn es mangelt an Futterangeboten wie Insekten und am geeigneten Lebensraum. Unterschlupfmöglichkeiten wie Hecken, Feldgehölze, Brachen oder auch nur Geäst- und Laubhaufen im eigenen Garten - alles wird aufgeräumt, untergepflügt oder weggespritzt.
Doch nicht nur eine igelfeindliche Landschaft, auch der Klimawandel reduziert das Nahrungsangebot für die Tiere. Die Folge: Die Igel fressen, was sie kriegen. Das kann aber gefährlich werden - besonders bei Regenwürmern und Schnecken, die den Igel krank machen können. Der Verzehr dieser Tiere ist für Igel deshalb so gefährlich, weil sowohl Schnecken als auch Regenwürmer Zwischenwirte des Haarwurms, Saugwurms, Bandwurms und Rundwurms sind. Frisst ein Igel Regenwürmer oder Schnecken, breiten sich die Würmer in seinem Organismus aus und richten auf Dauer lebensgefährliche Schäden an allen inneren Organen des Igels an.
Wann soll man Igeln helfen?
Wer Igeln helfen will, muss einiges beachten. Weil Igel Wildtiere sind, darf ihnen nur in Ausnahmefällen geholfen werden - etwa, wenn sie verletzt oder krank sind. Danach müssen sie unverzüglich wieder freigelassen werden. Das regelt das Bundesnaturschutzgesetz, das Igel zu den besonders geschützten Tieren zählt, die nicht gefangen, verletzt oder getötet werden dürfen. Es drohen empfindliche Geldstrafen, wenn man dagegen verstößt.
Woran Sie erkennen, dass ein Igel Hilfe braucht
Ein Igel braucht Hilfe, wenn ...
- er erkennbar mager ist - Anzeichen dafür sind: die Einbuchtung hinter dem Kopf, der birnenförmige anstatt runde Körper, die eingefallenen anstatt kugelig hervorstechenden Augen,
- er röchelt oder hustet und als nachtaktives Tier tagsüber nach Futter sucht,
- er torkelt, er sich merkwürdig fortbewegt oder apathisch herumliegt,
- er sichtbar verletzt ist,
- er voller Zecken, Flöhe, Fliegeneier oder Maden steckt.
- er dünnflüssigen Kot hinterlässt.
Weitere Anzeichen, dass ein Igel Hilfe braucht
Um zu erkennen, ob ein Igel tatsächlich krank ist, nehmen Sie ihn mit Handschuhen oder einem Tuch vorsichtig auf und drehen ihn auf den Rücken: Wenn der Igel sich nicht zur Kugel zusammenrollt und sich der Igelbauch deutlich kälter anfühlt als Ihre Hand, ist der Igel wahrscheinlich krank und auf Hilfe angewiesen.
Außerdem brauchen Jungtiere dringend Hilfe, die sich tagsüber außerhalb des Nestes befinden und noch geschlossene Augen und Ohren haben.
Bei Igeln, die nach Wintereinbruch, bei Dauerfrost oder Schnee – vor allem tagsüber - herumlaufen, handelt es sich meist um alte, kranke Tiere. Sie brauchen ebenfalls Hilfe. Auch bei Jungtieren, die das Winterschlafgewicht von 500 – 600 Gramm noch nicht erreicht haben, ist eine Hilfe erlaubt.
Igel gefunden? Was Sie dann tun sollten
Der Landesbund für Vogelschutz in Bayern (LBV Bayern), der gemeinsam mit dem BR 2015 das Projekt "Igel in Bayern" gestartet hat, gibt beim Auffinden eines Igels folgende Ratschläge:
- Funddaten und Gewicht des Igels notieren
- Fliegeneier, Maden, Flöhe und Zecken entfernen
- Igel auf Verletzungen untersuchen
- Unterkühlte Igel wärmen: Unterkühlte Igel sind an der Bauchseite deutlich kälter als Ihre eigene Hand. Setzen Sie den Igel auf eine handwarme Wärmflasche und wickeln Sie beides in ein Handtuch ein.
- Füttern: Verfüttern Sie eine Mischung aus Katzenfutter, Igeltrockenfutter und ungewürztem Rührei. Igel sind Fleischfresser und essen kein Obst. Zum Trinken stellen Sie ein Schälchen mit Wasser bereit. Geben Sie dem Igel niemals Milch. Er bekommt davon Durchfall und kann daran sterben.
- Gehege mit Schlafhäuschen einrichten: Das Gehege muss mindestens 2 m² groß sein und ca. 50 cm hohe Seitenwände aus Holz- oder Hartfaserplatten aufweisen. Als Schlafhaus dient ein mit Papier ausgelegter Karton.
- Suchen Sie so bald wie möglich einen Tierarzt auf.
Streitfrage: Soll man Igel ganzjährig füttern?
Für emotionale Diskussionen sorgt die Streitfrage, ob man Igel ganzjährig füttern soll oder nicht. Schließlich finden Igel kaum noch Nahrungsangebote, können so schwach und krank werden. Auch wenn das in Einzelfällen stimmt, hält der Bund Naturschutz eine grundsätzliche Zufütterung für problematisch: "Denn ein bestimmter Lebensraum kann so oder so nur eine bestimmte Anzahl von Igeln erhalten. Eine Ganzjahresfütterung kann den Igelbestand an einem Ort zwar erhöhen, aber weder gesund noch artgerecht erhalten. Dass jedes Jahr 40 bis 80 Prozent der Jungigel den ersten Winter nicht überleben, mag traurig sein, es ist aber normal."
Zudem entspricht das Futter, das dem Igel zugefüttert wird, nicht seiner natürlichen Nahrung. Wird er damit dauerhaft versorgt, kann es ihn schwächen und krank machen. Darüber hinaus kommt es an den Futterstellen zu Rivalitäten, die den Igel stressen. Auch der LBV nimmt zur Ganzjahresfütterung eindeutig Stellung: "Wir befürworten das Zufüttern von Igeln nur als vorübergehende Maßnahme und nur sofern dies im Garten und ausschließlich in der nahrungsarmen Zeit stattfindet." Der Igel sei ein Wildtier und dürfe nicht als Haustier gehalten werden. Alles andere wäre falsch verstandene Tierliebe.
Was Igeln wirklich hilft!
Der Igel leidet an einem mangelnden (natürlichen) Nahrungsangebot und an fehlenden Lebensräumen. Hier gegenzusteuern, ist das Beste, um Igeln zu helfen. Insektenhotels, um für Nahrungsangebot zu sorgen, Laub- und Geästhaufen oder ein Igelhäuschen, um Unterschlupf zu bieten - das kann jeder Einzelne im Garten tun. Und nur, wenn ein Igel tatsächlich Hilfe braucht, kann man im Garten kurzfristig zufüttern.
Im Video: Igel unter uns
Aufgefundene Igel - weitere Tipps und Hilfen
Weitere Informationen rund um den Igel finden Sie unter anderem auf den Internetseiten von Bund Naturschutz e.V., Landesbund für Vogelschutz, und dem Verein für integrierten Naturschutz Deutschland e.V.
Dieser Artikel ist erstmals am 30. September 2020 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel aktualisiert und erneut publiziert.
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Dieser Artikel ist erstmals am 23.09.2020 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel aktualisiert und erneut publiziert.
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