Eine Person hält Handschellen, im Hintergrund ist ein Streifenwagen der Polizei zu sehen (Symbolbild).
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In Regensburg flüchtete ein verurteilter Mörder. Seine Flucht ist nicht strafbar.

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Warum die Flucht Gefangener nicht strafbar ist

Ein verurteilter Mörder ist in Regensburg aus einem Gerichtsgebäude geflohen und hat dafür keine Strafe zu befürchten. Denn die Flucht ist straffrei. Warum das so ist und was in Zusammenhang mit einer Flucht dennoch unter Strafe steht.

Ein verurteilter Mörder springt in Regensburg aus dem Fenster eines Gerichtsgebäudes und flieht. Am fünften Tag wird Rachid C. wieder gefasst und hat für die Flucht keine Strafe zu erwarten. "Wenn jemand flieht, ist es tatsächlich nicht strafbar", sagte der Polizeivizepräsident des Polizeipräsidium Oberpfalz, Thomas Schöniger, in der Pressekonferenz von Dienstag.

Straffreie Flucht: Zugeständnis an den Freiheitsdrang des Menschen

Dass die Flucht eines Gefangenen straffrei ist, hat historische Wurzeln. 1880 hat das damalige Reichsgericht als Begründung angeführt, dem Freiheitsdrang des Menschen aus humanen Beweggründen Rechnung tragen zu wollen. Dies führt der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags in der Schrift "Zur Strafbarkeit der Gefangenenselbstbefreiung" aus.

Der Bundesgerichtshof sei dieser Interpretation gefolgt. Schon 1906 habe der Strafrechtler Max Ernst Mayer die Straflosigkeit als eine "Errungenschaft humaner Bestrebungen" genannt. Ein Gefangener könne nicht Täter einer seine eigene Befreiung betreffenden Tat sein, heißt es in den Ausführungen des Wissenschaftlichen Dienstes weiter.

Strafbar: Fluchthilfe und Gefangenenbefreiung

"Was allerdings strafbar ist, ist, wenn man jemandem hilft zu fliehen", ergänzte der Regensburger Polizeivizepräsident Schöniger bei der Pressekonferenz und verwies auf den Paragrafen 258 des Strafgesetzbuches zur "Strafvereitelung" - also, wenn jemand verhindert, dass ein Täter dem Recht entsprechend bestraft wird. Unter Umständen, was aber juristisch geprüft werden müsse, könne auch der Tatbestand der Gefangenenbefreiung eine Rolle spielen, ergänzte Schöniger.

Wer einen Gefangenen befreit, erhält bis zu drei Jahre Freiheitsstrafe oder eine Geldstrafe, wie es in Paragraph 120 des Strafgesetzbuches heißt. Die Selbstbefreiung fällt nicht hierunter.

Bei dem Regensburger Fall lägen Indizien vor, so Schöniger, dass der Rachid C. bei seiner Flucht einen oder mehrere Helfer gehabt haben könnte.

Straftaten im Rahmen der Flucht

Strafbar sind auch Taten, die im Rahmen der Flucht begangen werden. Dies könnten zum Beispiel Sachbeschädigungen sein. Im Falle des aus Regensburg Geflohenen wird dies noch geprüft.

Denkbar sind grundsätzlich auch schwerwiegendere Taten auf der Flucht wie Raub, Körperverletzungen oder Geiselnahmen.

Video: Polizei spricht über Details der Festnahme

Amtsgericht Regensburg
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Flucht aus Gericht: Mörder hatte womöglich Helfer

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