Wozu noch im Sommer in den Süden fahren, wenn es doch auch hier schön ist, mögen sich dieses Jahr viele Urlauber gefragt haben. Und ganz falsch liegen sie damit nicht. Mit über 800 Stunden Sonnenschein hat der Sommer 2022 den bisherigen Rekordhalter 2003 mit 793 Stunden deutlich abgelöst, das geht aus der Statistik des Deutschen Wetterdienstes DWD hervor. Doch das ist noch nicht alles.
Dürre im Norden, extreme Niederschläge im Süden
"Noch nie habe ich einen Sommer mit so viel Rekorden erlebt", erklärt Andreas Friedrich in einem Interview mit dem Bayerischen Rundfunk. Für den Meteorologen, der seit 40 Jahren beim Deutschen Wetterdienst arbeitet, ist das "fast schon beängstigend". Zwar sei dieser Sommer deutschlandweit nicht der trockenste gewesen, "da stehen wir an sechster Stelle seit Beginn der Aufzeichnungen 1881." Doch regional seien extreme Unterschiede registriert worden.
So sind am Alpenrand 500 Liter pro Quadratmeter vom Himmel gekommen, während im nördlichen Franken nach wie vor Dürre herrscht. In Bad Kissingen wurden in den letzten drei Monaten gerade mal 28 Liter pro Quadratmeter registriert.
Dass es in Bayern bei Niederschlägen ein Nord-Süd-Gefälle gibt, sei normal, erklärt Friedrich. Denn am Alpenrand stauen sich die Wolken und regnen dann ab. Doch dieses Jahr sei der Unterschied schon "extrem".
Auswirkungen auf das nächste Erntejahr zeichnen sich ab
"Wir dürften damit in Zeiten des Klimawandels einen bald typischen Sommer erlebt haben", fasst DWD-Pressesprecher Uwe Kirsche zusammen. Doch das, was Kirsche als beinahe das neue Normal bezeichnet, hat schwerwiegende Folgen für die Natur: Niedrigwasser und ausgetrocknete Flussläufe, Blaualgenplagen, gestresste Bäume und Pflanzen.
Die Böden sind stark ausgetrocknet, das trifft auch die Landwirtschaft, besonders die Kartoffel-, Mais- und Zuckerrübenernte. Den Wetterexperten zufolge wird sich die Dürre auch auf die Ernte im nächsten Jahr auswirken, denn die Bedingungen zur Herbstaussaat seien zurzeit ungünstig.
Dürre führt zur erhöhten Waldbrandgefahr
Hohe Temperaturen und ausgetrocknete Böden haben dieses Jahr auch die Gefahr von Waldbränden steigen lassen. Laut DWD war die Anzahl der Tage mit hohem Waldbrandgefahrenindex ähnlich hoch wie im Dürrejahr 2018.
Häufung der Dürresommer eine Folge der Klimakrise
Mit einer Durchschnittstemperatur von 19,2 Grad, so die vorläufige Bilanz des DWD, nähert sich die Temperatur dem sogenannten "Jahrhundertsommer" 2003 mit 19,7 Grad. Wetterexperte Andreas Friedrich hat keinen Zweifel daran, dass die Häufung der Dürrejahre in den letzten zwei Jahrzehnten Folgen des Klimawandels sind.
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