Es sei "einigermaßen unglaublich", wie die Bahn sich aktuell verstecke, sagte Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) am Montag. Mit harschen Worten kritisierte er die Bahn, aber auch Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) wegen der 2. S-Bahn-Stammstrecke in München.
Kostenexplosion auf 7,2 Milliarden Euro?
Diese Nachricht hatte vergangene Woche nicht nur die bayerische Politik erschüttert: Die 2. S-Bahn-Stammstrecke in München könnte nicht nur fast doppelt so teuer werden, sie soll erst etwa zehn Jahre später als geplant fertig sein, so hatte das Bayerische Verkehrsministerium gemutmaßt. Jetzt haben sich der Münchner Oberbürgermeister und Bayerns SPD-Chef Florian von Brunn noch einmal ausführlich dazu geäußert. Sie fordern Aufklärung von der Bahn über den Baufortschritt und die Kosten.
"Es ist eine Unverschämtheit, wie man hier mit den Bürgerinnen und Bürgern umgeht." Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter
Reiter warf Bundesverkehrsminister Wissing vor, dass er einen Gesprächstermin in der vergangenen Woche habe platzen lassen, obwohl er in München gewesen sei. Wissing sei nun einmal zuständig, dann müsse er sich auch kümmern.
Bayerisches Ministerium beruft sich auf Schätzungen
Vergangene Woche war bekannt geworden, dass das bayerische Verkehrsministerium von einer Steigerung der Kosten von 3,85 Milliarden auf bis zu 7,2 Milliarden Euro ausgeht. Und: Die Inbetriebnahme der zweiten zentralen S-Bahn-Strecke durch die Münchner Innenstadt könnte sich demnach von 2028 auf 2037 verzögern. Allerdings beklagten auch die Projektbetreuer des Ministeriums, dass ihnen die aktuelle Kalkulation der Bahn nicht bekannt sei und dass es sich bei den Angaben deshalb um Schätzungen handele. Eine Sprecherin der Deutschen Bahn wiederum betonte: "Wir stehen im regelmäßigen Austausch mit unseren Projektpartnern. Dies umfasst auch die Zeit- und Kostenpläne des Projekts, die wir aktuell überprüfen."
Bahn soll zur Offenlegung der Fakten gezwungen werden
Reiter und von Brunn forderten Bund (60 Prozent) und Freistaat (40 Prozent) als Haupt-Geldgeber für die 2. Stammstrecke nun auf, den Bahnvorstand zu zwingen, seine Korrekturen an der bisherigen Bauplanung offenzulegen. Eine möglicherweise zehnjährige Verzögerung wolle man nicht einfach als gottgegeben hinnehmen, sagte von Brunn.
Zehn Jahre Verspätung wären Katastrophe
Reiter kommentierte eine solche Zeitspanne ebenfalls mehr als ungläubig: "Vielleicht hat man unterirdisch einen Vulkan gefunden", spottete der SPD-Politiker. Von Brunn warnte, eine zehnjährige Verzögerung wäre eine Katastrophe für die Menschen in München und im Umland, für die Klimapolitik und die gewünschte Verkehrswende. Reiter forderte den Freistaat auf, zur Stärkung des aktuellen S-Bahn-Netzes nun neue Züge zu beschaffen, für Taktverdichtungen auch ins Umland zu sorgen sowie Schwachstellen im Netz zu beseitigen, etwa beim anfälligen Stellwerk am Ostbahnhof.
OB Reiter lehnt Baustopp ab
Einen Baustopp, wie von der Münchner FDP-Stadtratsfraktion gefordert, lehnt Reiter ab:
Ich kann und will mir das nicht vorstellen. Wir haben diese 2. Stammstrecke ja nicht geplant, weil wir gerne buddeln. Wir brauchen die Strecke als Anbindung an die Region München. 400.000 Pendlerinnen und Pendler warten auf endlich stabile S-Bahnen und deswegen kann man einen Baustopp jetzt nicht machen. Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter
Unter Verwendung von dpa-Material
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