Für kommenden Donnerstag hat der Innenausschuss des Bayerischen Landtags zu einer Expertenanhörung eingeladen - Thema: Bedrohung durch islamistischen Terrorismus in Bayern. Die Fraktionen benannten dazu Expertinnen und Experten, von denen sie Substanzielles zum Thema erwarten. Die AfD hat den umstrittenen Islamismus-Experten Irfan Peci eingeladen, der zusammen mit anderen Sachverständigen - unter anderem hochrangigen Kriminalisten und renommierten Uni-Gelehrten - seine Analyse darbieten soll. Seitdem schlagen die Wellen hoch.
Auftritte mit Identitärer Bewegung
Denn: Der aus der Oberpfalz stammende Peci hat eine Wandlung hinter sich vom Islamismus zum rechten Rand. Daher halten ihn CSU, Grüne, Freie Wähler und SPD für ungeeignet, eine Anhörung im Innenausschuss zu bestreiten: "Herr Peci ist zusammen aufgetreten mit Martin Sellner, Hauptakteur der Identitären Bewegung - und die ist geprägt von Muslimfeindlichkeit", kritisiert der stellvertretende Vorsitzende des Innenausschusses, Florian Siekmann (B90/Grüne). "Hier geht es also nicht um Sachverstand zur Bekämpfung von islamistischer Gesinnung, sondern am Ende um das Schüren von ausländerfeindlichem Hass." Und dafür sei im Landtag eindeutig kein Platz.
AfD sieht ihren Experten geläutert
Der Vize-Fraktionschef der AfD, Richard Graupner, sieht den von ihm benannten Experten ganz anders: "Ich glaube ihm auf jeden Fall den Wandel hin zu unserer freiheitlichen Gesellschaft." Und wer könne besser über dieses Thema reden als jemand, der das "nicht irgendwo vielleicht an der Universität gelernt hat, sondern der tatsächlich aus diesem Milieu kommt."
Das wäre möglicherweise für die übrigen Fraktionen noch hinnehmbar - wenn sich Peci nicht so stark am rechten Rand positionieren würde. Nach einem brutalen Überfall auf ein Geschäft - in der Zeit, als er sich verstärkt in islamistischen Kreisen aufhielt - wurde Peci zu einer Gefängnisstrafe verurteilt und hatte sich in der Haft als V-Mann des Verfassungsschutzes anwerben lassen. Nach seiner Enttarnung orientierte er sich offenbar zunehmend zum rechten Rand hin und entwickelte sich nach Einschätzung der SPD-nahen Initiative "Endstation Rechts" zum radikalen Islamkritiker.
SPD: verfassungsfeindliches Gesicht der AfD
Die innenpolitische Sprecherin der SPD-Fraktion, Christiane Feichtmeier, kritisiert unter anderem Pecis Nähe zu Michael Stürzenberger, den der bayerische Verfassungsschutz 2022 als Islamfeind bezeichnet hat, sowie die von ihm "veranstalteten Kundgebungen mit dem Ziel, die FPÖ in Österreich an die Regierung zu bringen, um die gewünschte 'De-Islamisierung' zu starten. Peci betreibt keine Deradikalisierung, sondern hetzt Menschen gegeneinander auf." Die AfD zeige "mal wieder ihr verfassungsfeindliches Gesicht". Auch die Freien Wähler lehnen Peci als Experten ab. Mit ihrem Vorschlag habe die AfD den Bock zum Gärtner gemacht, so Holger Dremel, innenpolitischer Sprecher der CSU-Fraktion.
Graupner: Vorwürfe "völlig irrelevant"
Für Graupner ist das jedoch kein Grund, Peci nicht als Sachverständigen für den Landtag zu benennen. Über Pecis Nähe zur Identitären Bewegung, die seit 2020 gerichtlich bestätigt als gesichert rechtsextrem eingestuft ist, sagt der AfD-Fraktionsvize dem BR: "Dazu kann ich jetzt nichts näher sagen. Ich meine, solche Vorwürfe sind vom politischen Gegner schnell erhoben. Das ist für mich jetzt völlig irrelevant."
Kritik an Peci kommt aber auch aus den eigenen Reihen: Der AfD-Abgeordnete Franz Bergmüller sagte dem BR: "Ich halte von dem nichts. Er hat mich als Islamismus-Experte nicht überzeugt."
Siekmann: Notfalls Wort entziehen
Ausschließen von der Anhörung will man den AfD-Experten laut Siekmann aber nicht. Auch wenn 2020 der Ausschluss eines AfD-Sachverständigen im Landtag Erfolg hatte: Die AfD-Fraktion hatte sich dagegen gewehrt, doch ihr Eilantrag auf Zulassung des Experten wurde vom Bayerischen Verfassungsgerichtshof unter anderem deshalb abgelehnt, weil der Experte "Vorsitzender des Vereins E. e.V. sei, welchen das Bundesamt für Verfassungsschutz seit Juni 2020 als Verdachtsfall im Bereich des Rechtsextremismus einstufe" (Zitat aus der Eilentscheidung).
Der Grüne Siekmann betont als Vize-Vorsitzender des Innenausschusses im BR: "Ich werde als Sitzungsleiter nicht zulassen, dass das Ganze missbraucht wird als Bühne für ausländerfeindliche Parolen." Notfalls werde er dem AfD-Experten das Wort entziehen.
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