Die Zugewinne der AfD bei den Landtagswahlen seien ein Schlag ins Gesicht, findet der jüdische Student Ron Dekel.
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Die Zugewinne der AfD bei den Landtagswahlen seien ein Schlag ins Gesicht, findet der jüdische Student Ron Dekel.

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AfD-Wahlerfolg: Wie es bayerischen Juden und Muslimen damit geht

AfD-Wahlerfolg: Wie es bayerischen Juden und Muslimen damit geht

Bei den Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen verzeichnete die AfD deutliche Zugewinne. Das macht jüdischen und muslimischen Menschen auch in Bayern Sorgen.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

"Das ist ein weiterer Schlag ins Gesicht", sagt Ron Dekel. Er gehört zum Vorstand des Verbands jüdischer Studenten in Bayern (VJSB). Bei den Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen hat die AfD am Sonntag jeweils mehr als 30 Prozent der Stimmen gewonnen. Das Ergebnis beschäftigt viele Menschen. Besondere Sorgen machen sich aber jene, gegen die die Politik der AfD sich immer wieder explizit richtet: muslimische, jüdische, migrantische oder auch queere Menschen.

Christliche und jüdische Vertreter besorgt

Dass sich für sie die Lage in Deutschland verschlechtern könnte, das macht auch Vertretern der Religionsgemeinschaften nach dem Wahlausgang Sorgen. Thüringens katholische Bischöfe etwa warnten vor Auswirkungen auf das gesellschaftliche Klima. Es sei nicht hinnehmbar, dass Menschen mit Migrationshintergrund sich um ihre Sicherheit sorgten, schreiben sie in einer Stellungnahme.

Für Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) München und Oberbayern, sind die Zugewinne der AfD ein Einschnitt in der deutschen Geschichte. Sie befürchtet, dass Deutschland wieder ein anderes Land werde. Eines, das "instabiler, kälter und ärmer, weniger sicher, weniger lebenswert" ist, teilte sie in einer Stellungnahme mit.

Angst vor wachsendem Antisemitismus

Auch den jüdischen Studenten Ron Dekel hat der Wahlsonntag mitgenommen. "Ich glaube, was so krass ist, sind die vielen Gleichzeitigkeiten", sagt er. Am vergangenen Wochenende hatte das israelische Militär mitgeteilt, dass sechs weitere Geiseln der islamistischen Hamas im Gazastreifen tot aufgefunden wurden. Diese Meldung und der Wahlerfolg der AfD in den beiden ostdeutschen Bundesländern seien für ihn weitere schlechte Nachrichten in einer sowieso schon schwierigen Zeit.

Seit dem Beginn des Krieges in Gaza sehe er sich mit wachsendem Antisemitismus aus verschiedenen Richtungen konfrontiert. Antisemitische Tendenzen in der Politik gebe es nicht nur in Thüringen und Sachsen, meint Dekel. So hinterließ etwa auch die Flugblatt-Affäre rund um Hubert Aiwanger bei ihm ein ungutes Gefühl.

Muslime fühlen sich ausgegrenzt

Imam Benjamin Idriz, Vorsitzender des "Münchner Forum für Islam", macht sich nach dem Wahlsonntag ebenfalls Sorgen. Das starke Abschneiden der AfD läutet für ihn "eine Wende zurück in dunklere Zeiten ein", schreibt er in einem Statement auf Anfrage des BR. "Besonders betroffen sind Minderheiten wie die jüdischen und muslimischen Gemeinschaften, aber auch alle Bürgerinnen und Bürger, die sich für Vielfalt und Freiheit einsetzen", so Idriz.

Er wünscht sich, dass die Gesamtgesellschaft und insbesondere jüdische sowie christliche Gemeinden Muslime als gleichberechtigte Partner im Kampf gegen Rechtsextremismus wahrnehmen. "Es liegt an der Politik, diese Chance zu erkennen und die Hand zur Kooperation mit Muslimen auszustrecken, anstatt uns permanent zu stigmatisieren", schreibt der Imam. Viele Muslime fühlten sich ausgegrenzt, meint Benjam Idriz.

"Meine Identität wird infrage gestellt"

Angst vor einer zunehmenden Intoleranz in Deutschland hat auch Cecilia Kühnel. Die gebürtige Bayerin ist lesbisch und Muslimin. "Der Aufstieg der AfD gibt mir das Gefühl, dass meine Identität und meine Rechte zunehmend infrage gestellt werden, das löst Unsicherheit und Angst in mir aus", sagt die Arabisch-Dolmetscherin. Sie fürchtet, dass die deutsche Gesellschaft weniger inklusiv und tolerant wird. "Das betrifft sowohl mich persönlich als auch mein Vertrauen in die Zukunft dieses Landes."

Gedanken, die auch dem jüdischen Studenten Ron Dekel nicht fremd sind. Unter jüdischen Menschen erzähle man sich häufig, dass man jederzeit bereit sei, aufzubrechen, sagt er. "Wenn man sich aktuell umhört, erzählen einem immer mehr, dass dieser metaphorische Koffer gepackt wird", sagt Ron Dekel nach den Wahlergebnissen am vergangenen Wochenende.

Im Video: Die Wahlen in Thüringen und Sachsen

BR-Korrespntenen zur Landtagswahl in Sachsen und Thüringen
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BR-Korrespondenten zur Landtagswahl in Sachsen und Thüringen

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