Der Bayerische Verfassungsgerichtshof sieht in der Mitgliedschaft des Landtags im "Bayerischen Bündnis für Toleranz" keinen Verfassungsverstoß. Diese Entscheidung hat das Gericht am Mittwoch bekannt gegeben. Der Landtag bleibt damit weiter Mitglied im Bündnis.
Richter: Bündnis tritt für Verfassungsprinzipien ein
Der Verfassungsgerichtshof erklärte den Antrag der AfD für unzulässig, auch weil zum Zeitpunkt des Beitritts die AfD noch gar nicht im Parlament vertreten war. Zur Begründung trug das Gericht außerdem vor, dass das Bündnis überparteilich sei und für Verfassungsprinzipien eintrete. Laut dem Verfassungsgerichtshof ist aus der Argumentation der Antragsteller nicht ersichtlich, weshalb die Mitgliedschaft in dem Bündnis das freie Mandat verletzt.
Die Bayerische Verfassung sei weder wertneutral noch wolle sie das sein, sondern sie sei von dem Willen getragen, dass die freiheitliche demokratische Grundordnung des Staates – unter Einsatz der Mittel der wehrhaften Demokratie – erhalten bleiben müsse. In einer Öffentlichkeitsarbeit des Landtags, die dieses Ziel fördern wolle, könne kein Verstoß gegen die staatliche Neutralitätspflicht liegen. Auch die Toleranz, für die das Bündnis eintrete und die Bestandteil seines Namens sei, stelle in Form des Toleranzgebots ein aus verschiedenen Artikeln der Bayerischen Verfassung abgeleitetes Verfassungsprinzip dar, wie es in der Urteilsbegründung heißt.
Weiter argumentiert das Gericht: Das Bündnis kämpfe schließlich für das Prinzip der Menschenwürde – und das sei das zentrale Element der freiheitlich demokratischen Grundordnung. Die Bayerische Verfassung sei in dem Punkt weder wertneutral noch wolle sie das sein. In einer Öffentlichkeitsarbeit des Landtags, die dieses Ziel fördern will, kann daher laut Verfassungsgerichtshof kein Verstoß gegen die staatliche Neutralitätspflicht liegen.
AfD sieht Neutralitätsgebot verletzt
Der Landtag ist seit 2009 Mitglied im "Bayerischen Bündnis für Toleranz" – aus Sicht der AfD-Fraktion werden dadurch das staatliche Neutralitätsgebot und die Abgeordnetenrechte verletzt. Die AfD-Forderung war: Landtagspräsidentin Ilse Aigner müsse die Mitgliedschaft für nichtig erklären oder kündigen. Die Vertreter des Landtags hatten dagegen gehalten: Der AfD-Antrag sei unzulässig und unbegründet. Die Mitgliedschaft im Bündnis für Toleranz diene der Verhinderung verfassungsfeindlicher Tendenzen, fördere also die Demokratie.
Ein Sprecher der AfD-Fraktion reagierte am Mittwochabend auf die Entscheidung des Gerichts und teilte schriftlich mit: "Grundsätzlich sind Entscheidungen von Verfassungsgerichten zu akzeptieren, die Fraktion muss aber die Meinung des bayerischen Verfassungsgerichtshofes nicht teilen." Bis zum Zugang der schriftlichen Urteilsbegründung, könne man das Urteil noch nicht in seinen Einzelheiten bewerten. Es scheine jedoch so, "dass das Gericht nicht berücksichtigt hat, dass mehrere Mitglieder des sogenannten 'Bündnis für Toleranz' aktiv gegen die AfD arbeiten".
Landtagspräsidentin zufrieden mit Entscheidung
Landtagspräsidentin Aigner betonte nach der Entscheidung: "Dass sich der Bayerische Landtag für Demokratie und Menschenwürde stark macht, kann eben kein Verstoß gegen die staatliche Neutralitätspflicht sein! Das ist ganz wichtig, dass das nun ein für alle Mal feststeht." Sie stellte klar, dass sich das Bündnis "für die unabänderlichen Grundwerte der Bayerischen Verfassung" einsetze.
Die Grünen zeigten sich ebenfalls zufrieden mit der Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs. "Der aktuelle Verfassungsschutzbericht zeigt, die Gefahr durch rechtsextremes und antisemitisches Gedankengut wächst in Bayern", sagte Fraktionschefin Katharina Schulze. Staatsregierung und Landtag als Verfassungsorgan müssten "jede Möglichkeit nutzen sich gegen diese Tendenzen zu stellen und sie aktiv zu bekämpfen".
Der FDP-Abgeordnete Wolfgang Heubisch twitterte: "Die Gefahr durch rechtsextremes und antisemitisches Gedankengut in Bayern wächst. Genau deswegen sei es so wichtig, dass wir diese Tendenzen aktiv bekämpfen und der Landtag als Verfassungsorgan im Bündnis für Toleranz bleibt." Der SPD-Abgeordnete Horst Arnold wertete via Twitter die Entscheidung als "starkes Signal für das Parlament, dass es sich an den Werten der Bayerischen Verfassung orientiert bürgernah und überparteilich einbringen kann." Der Versuch einer Minderheit, dieser parlamentarischen Freiheit abwegige Korsettstangen einzufügen, sei krachend gescheitert, teilte Arnold mit.
Bündnis gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus
Das "Bayerische Bündnis für Toleranz" wurde 2005 ins Leben gerufen – auf Initiative von katholischer und evangelischer Kirche. Das selbst gesteckte Ziel: allen rechtsextremistischen, rassistischen und antisemitischen Tendenzen entgegenzutreten. Neben dem Landtag hat das Bündnis knapp 80 weitere Mitglieder – wie Wohlfahrtsorganisationen, Ministerien, Bauernverband oder die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft. Auch der Bayerische Rundfunk ist Mitglied im Bündnis.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!