Vertreter der Bauernschaft im Unterallgäu üben Kritik an einem Rechtsgutachten im Auftrag von Greenpeace, das ein sofortiges Verbot der Anbindehaltung von Rindern fordert. Ein solches Verbot wäre "total widersinnig", sagte der Unterallgäuer Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbands, kurz BBV, Martin Schorer, dem Bayerischen Rundfunk. Die allermeisten Rinderhalter hielten ihre Tiere ordnungsgemäß, ihnen gehe es "so gut wie im Laufstall". 95 Prozent dieser Betriebe seien außerdem klein, dort pflegten die Landwirte "ein persönliches Verhältnis" zu ihren Kühen.
Anbindehaltung bei Rindern ist nicht verboten - aber umstritten
Schorer wies darauf hin, dass die Anbindehaltung "gesetzlich nicht verboten" sei. Das Gutachten, das eine Hamburger Anwaltskanzlei im Auftrag der Umweltorganisation angefertigt hat und das BR Recherche exklusiv vorliegt, kritisiert entsprechend auch fehlende rechtliche Vorgaben zur artgerechten Haltung von Rindern, wobei die Anbindehaltung tierschutzrechtlich bedenklich sei.
Ein Drittel der Rinder im Unterallgäu lebt in Kombihaltung
Das Unterallgäu gilt als einer der rinderreichsten Landkreise Deutschlands, mit rund 140.000 Tieren leben hier in etwa so viele Rinder wie Menschen. Laut BBV-Kreisobmann Schorer hält etwa ein Drittel der Betriebe die Tiere in Anbindehaltung. Dabei handle es sich aber überwiegend um keine dauerhafte Anbindehaltung, sondern um eine "Kombihaltung", bei der die Rinder etwa im Sommer auf die Weide dürften.
Biobauer kritisiert Greenpeace: "Keine Ahnung von Landwirtschaft"
Siegfried Villing, bis im vergangenen Jahr Ortsobmann des BBV in Bad Grönenbach, das 2019 im Zuge des "Allgäuer Tierskandals" bundesweit für Schlagzeilen gesorgt hatte, kritisiert das Rechtsgutachten als "stark auftraggeberorientiert". "Solche Leute" hätten demnach "keine Ahnung von Landwirtschaft und wollen uns sagen, wie wir es machen sollen", sagte der Landwirt dem BR. Villing selbst hat seinen Hof vor wenigen Jahren von konventioneller Landwirtschaft mit Anbindehaltung auf Biolandwirtschaft und einen Laufstall umgestellt. Trotzdem sei die Anbindehaltung "nicht das Schlechteste der Welt, wenn der Betrieb gut geführt ist" und die Tiere im Sommer Auslauf auf die Weide bekämen.
Anbindehaltung als "auslaufendes Modell"
Dennoch sei diese Haltungsform "politisch ein auslaufendes Modell", glaubt Villing. Dazu trügen auch die Molkereien und der Lebensmittelhandel bei, die inzwischen immer mehr auch mit dem Tierwohl und der Tierhaltung der Tiere Werbung für ihre Produkte machten. Dem werden seiner Einschätzung nach zukünftig Betriebe zum Opfer fallen, zum Beispiel wenn diese die Investition in eine Umstellung auf einen Laufstall nicht stemmen könnten.
Mehr Tierschutz: "Allgäuer Tierskandal" hat für Umdenken gesorgt
Zu diesem Umdenken in der Wirtschaft und bei Verbrauchern hat Villings Ansicht nach auch der "Allgäuer Tierskandal" um zwei Milchviehbetriebe in Bad Grönenbach, die zu den größten in ganz Bayern gehören, seinen Teil beigetragen.
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