Die Ampel-Koalition will geplante Kürzungen von Subventionen für Landwirte teilweise zurücknehmen. Demnach soll die Befreiung von der Kfz-Steuer für die Landwirtschaft doch nicht gestrichen werden, wie die Bundesregierung am Donnerstag mitteilte. Und die Abschaffung der Steuerbegünstigung beim Agrardiesel werde nicht in einem Schritt vollzogen. Darauf hätten sich Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) und Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) verständigt.
Der Bayerische Bauernverband (BBV) und auch der Deutsche Bauernverband (DBV) zeigten sich in einer ersten Reaktion nicht zufrieden mit dem Schritt. Die geplanten Proteste sollen deshalb weiterhin stattfinden.
Steuerbegünstigung auf Agrardiesel: Rückgang in Schritten
Auf die Abschaffung der Begünstigung bei der Kraftfahrzeugsteuer für Forst- und Landwirtschaft werde verzichtet, um den "zum Teil erheblichen bürokratischen Aufwand" für die betroffenen Unternehmen zu vermeiden, hieß es. Der Bund hatte durch die Maßnahme mit Mehreinnahmen von rund 480 Millionen Euro gerechnet.
Bei der Steuerbegünstigung beim Agrardiesel soll eine schrittweise Reduzierung erfolgen, um den betroffenen Unternehmen mehr Zeit zur Anpassung zu geben. Im Jahr 2024 erfolgt laut Bundesregierung eine Reduzierung des Entlastungssatzes um 40 Prozent. In den Jahren 2025 und 2026 werde jeweils eine weitere Reduzierung um 30 Prozent erfolgen, sodass für im Jahr 2026 verbrauchte Mengen keine Subvention mehr erfolge. Die Rück-Vergütung der im Jahr 2023 verbrauchten Mengen im Jahr 2024 bleibe unverändert.
Habeck: "Guter und fairer Weg"
Die nun gefundene Lösung sei "ein guter und fairer Weg", erklärte Wirtschaftsminister Habeck. Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (gleichfalls Grüne) betonte, eine überproportionale Belastung der Land- und Forstwirtschaft sei "damit vom Tisch". Finanzminister Lindner sagte der "Stuttgarter Zeitung" und den "Stuttgarter Nachrichten", die Koalition nehme Hinweise auf eine wirtschaftliche Überforderung der Betriebe ernst. Deshalb werde der Subventionsabbau nun "zeitlich gestreckt".
Bauernverband: "Kürzungspläne müssen komplett vom Tisch"
Der Bayerische Bauernverband (BBV) bleibt dennoch bei seiner kompromisslosen Haltung, wie BR24 erfuhr: "Beide Kürzungspläne müssen komplett vom Tisch. Deshalb werden die Proteste wie geplant stattfinden", sagte BBV-Sprecher Markus Drexler. Der Verband "Landwirtschaft verbindet Bayern" will geplante Demonstrationen ebenfalls nicht stoppen.
Bayerns Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber (CSU) nannte die geplanten Nachbesserungen "unmoralisch und inakzeptabel". "Landwirtinnen und Landwirte brauchen Planungssicherheit und verlässliche Rahmenbedingungen, um Lebensmittel produzieren zu können. Ihre Belastungsspirale ist jetzt absolut überschritten. Beide Kürzungsvorschläge müssen sofort vom Tisch", sagte Kaniber.
Auch der Deutsche Bauernverband (DBV) hält die teilweise Rücknahme für "unzureichend". "Dies kann nur ein erster Schritt sein", erklärte Bauern-Präsident Joachim Rukwied. An der Aktionswoche gegen die Streichung von Subventionen in der kommenden Woche halte der Bauernverband fest.
Kritik von der Union - Beifall von der Grünen-Fraktion in Bayern
Die Union bezeichnete den Schritt ebenfalls als nicht ausreichend. "Es ist Augenwischerei, wenn die Ampel jetzt eine radikale Kürzung abschwächt", sagte Albert Stegemann (CDU), agrarpolitischer Sprecher der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, dem Nachrichtenportal t-online. Die Sparpläne der Ampel-Regierung stellten "noch immer eine massive Belastung für die Unternehmen dar".
Beifall kam hingegen von den Landtags-Grünen in Bayern: "Es ist gut, dass jetzt ein Kompromiss gefunden wurde und damit für die Landwirtschaft mehr Planungssicherheit besteht", erklärte deren Vorsitzende Katharina Schulze.
Die Umweltschutzorganisation Greenpeace nannte die Position hingegen "völlig unverständlich". "Dem Verband scheint es weniger um die Sache zu gehen, sondern ums Prinzip", erklärte ihr Landwirtschaftsexperte Martin Hofstetter. Auch die Landwirtschaft müsse "einen Beitrag leisten, um die Klimaschutzziele in Deutschland zu erreichen".
Kürzungen für Bauern sollten Haushaltsloch stopfen
Scholz, Habeck und Lindner hatten sich Mitte Dezember auf ein Maßnahmenpaket verständigt, um nach einem Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts Milliardenlöcher im Bundeshaushalt zu stopfen. Dazu gehörte auch, dass der sogenannte Agrardiesel und die Kfz-Steuerbefreiung für Landwirte gestrichen werden sollten - etwa eine Milliarde Euro hatte sich die Bundesregierung dadurch versprochen.
Die Pläne hatten massive Proteste der Landwirte ausgelöst und waren auch innerhalb der Koalition aus SPD, Grünen und FDP umstritten. Der Deutsche Bauernverband hat ab Montag zu einer Aktionswoche gegen die geplanten Kürzungen aufgerufen. Am 15. Januar ist eine Großdemonstration in Berlin geplant.
Was sich konkret ändern sollte
Konkret geht es um die Regelung, dass sich Landwirtschaftsbetriebe die Energiesteuer für Diesel teilweise zurückerstatten lassen können - mit einer Vergütung von 21,48 Cent pro Liter. Daneben geht es darum, dass land- und forstwirtschaftliche Fahrzeuge von der Kfz-Steuer befreit sind.
Mit Informationen von AFP und dpa
Im Video: BR-Korrespondentin Eva Huber zum Teil-Rückzieher der Bundesregierung
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