Martin Hagen, FDP Landesvorsitzende und Spitzenkandidat der FDP zur bayerischen Landtagswahl 2023, spricht während des Landesparteitages der FDP Bayern zu den Delegierten.
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Landesparteitag der FDP Bayern

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Analyse: Wie die bayerische FDP Schwung kriegen will

Analyse: Wie die bayerische FDP Schwung kriegen will

Bayerns FDP steht vor entscheidenden Monaten. Spitzenkandidat Martin Hagen hat seine Partei in Ingolstadt auf den Landtagswahlkampf eingeschworen – in dem es um Bildungspolitik und die Bilanz der Staatsregierung gehen soll.

Über dieses Thema berichtet: BR24live am .

Das Stadttheater als Veranstaltungsort sei "ein gutes Omen für dieses Wahljahr" – mit diesen Worten eröffnet Bayerns FDP-Chef Martin Hagen am Samstag den Landesparteitag in Ingolstadt. Die Begründung des Spitzenkandidaten: Hier haben die Liberalen 2008 den Koalitionsvertrag mit der CSU beschlossen. Damals begann die bisher letzte Regierungsbeteiligung der FDP in Bayern – auch nach der Landtagswahl in diesem Herbst wollen die Liberalen am liebsten mitregieren.

2013 flog die FDP aus dem Landtag – und 2023?

Allerdings kann man Hagens "gutes Omen" auch umdrehen: Denn im Vergleich mit 2008 schlummert die Erkenntnis, dass es am Ende ganz anders ausgehen kann. Nach dem Bündnis mit der CSU flogen die Liberalen 2013 aus dem Landtag, erdrückt von Ministerpräsident Horst Seehofer, der damals als bisher letzter CSU-Regent die absolute Mehrheit erreichte. Auch diesmal wird es knapp. Ob die FDP den Wiedereinzug in den Landtag schafft, ist fraglich. Im Januar lag sie im BR24 BayernTrend bei vier Prozent.

Sich selbst verordnen die Liberalen beim Parteitag jede Menge Optimismus – das zeigt schon das Motto "Das Beste liegt vor uns". Autosuggestion oder Realismus? Mal wieder liegt die bayerische FDP vor einem ziemlich entscheidenden halben Jahr. Begreift man Politik als Mathematik, dann lautet die Gleichung für eine aus ihrer Sicht erfolgreiche Wahl: Bundespolitische Großwetterlage + Wahlkampf-Verlauf in Bayern + Legislatur-Bilanz = FDP-Ergebnis.

Bundespolitik: Hilft oder schadet die Ampel-Beteiligung?

Eine gemeinsame Bundesregierung mit SPD und Grünen – für dieses Experiment hat sich die FDP im Bund vor eineinhalb Jahren entschieden. Seither treibt die Liberalen auch in Bayern die Frage um, ob die Ampel-Beteiligung ihnen nutzt oder schadet. Beim Parteitag im November sprachen sich viele für mehr Selbstbewusstsein aus: Eigene Erfolge wie die geplante Cannabis-Legalisierung, die Aktienrente oder die Aufhebung des Werbeverbots für Schwangerschaftsabbrüche – das wollte man offensiver verkaufen. Bisher gelingt das so mittel, räumen manche Delegierte auf Nachfrage ein.

In der bayerischen FDP hoffen sie darauf, dass sich der Blick vieler potenzieller Wähler auf die Ampel bis zur Landtagswahl verbessert. Die Bundesregierung habe Deutschland gut durch die großen Krisen der vergangenen Monate gebracht – das sagt Landeschef Hagen immer wieder. "Es gab keine Blackouts, keine Insolvenz, niemand musste frieren." Daneben zahle sich aus, wenn die FDP wie in der Verbrenner-Debatte oder im Haushalts-Streit stärker ihre Position vertrete. Andererseits ist in Ingolstadt auch zu hören, dass man nicht dauerhaft als Nein-Sager auffallen dürfe.

Wahlrecht: Hagen will Steilvorlage für die CSU kassieren

Derzeit bietet die Ampel-Koalition der CSU mit der Wahlrechts-Reform eine Steilvorlage für den Wahlkampf. In der bayerischen FDP sind viele unglücklich mit der im Bundestag beschlossenen Regel, wonach die CSU bei deutschlandweit gerechnet unter fünf Prozent aus dem Bundestag fliegen würde – auch wenn die CSU-Direktkandidaten bei den Erststimmen wie zuletzt in über 40 Wahlkreisen die meisten Stimmen holen.

Hagen will das Thema erkennbar zügig abgeräumt wissen – und drängt die Parteifreunde im Bund zu einer Anpassung der Reform. Es sei nicht das Ziel der FDP, dass die CSU aus dem Bundestag fliege. Deshalb habe er CSU-Chef Markus Söder persönlich zugesagt, dass sich die bayerische FDP für eine Lösung einsetzen werde. Das gebiete die Fairness, betont Hagen. Auch aus der FDP-Landesgruppe im Bundestag ist zu hören: Eine Korrektur der Reform werde kommen. Allerdings gibt es bisher keine Hinweise, dass die Ampel die umstrittene Streichung der Grundmandatsklausel rückgängig macht.

Wahlkampf in Bayern: Fokus auf Bildungspolitik

Aber Entscheidungen oder Pläne auf Bundesebene dürften die bayerische Landtagswahl nicht komplett entscheiden. Auch deshalb verzichtet FDP-Spitzenkandidat Hagen in seiner Parteitags-Rede ganz bewusst auf Bundespolitik – und konzentriert sich auf Bayern. Mit einer weitgehenden Reform des Bildungssystems will man im Wahlkampf punkten, dazu mit FDP-Evergreens wie einer digitaleren Verwaltung, einem schlankeren öffentlich-rechtlichen Rundfunk, besseren Bedingungen für Start-Ups, Wahlalter ab 16, der Entflechtung von Staat und Kirche.

Eine andere Wahlkampf-Frage aus FDP-Sicht: Wie kommt das eigene Spitzenpersonal an? Alles ist zugeschnitten auf Landes- und Fraktionschef Hagen, der öffentlich bekannteste Abgeordnete dürfte der 86-jährige Helmut Markwort sein. Hagen selbst muss laut BR24 BayernTrend noch an seiner Bekanntheit arbeiten: Im Januar gaben 68 Prozent der Befragten an, dass sie ihn nicht kennen oder keine Meinung zu ihm haben.

Und die andere Hälfte der Bevölkerung? Frauen sind in der FDP weiter deutlich in der Unterzahl – große Hoffnungen setzen die Liberalen in Kandidatin Susanne Seehofer, deren Namen künftig mit der FDP verbunden werden soll statt mit der CSU. Beim Parteitag sagen manche aber auch, dass der Frauenanteil vielleicht einer städtischen Wählerschaft wichtig sei, im ländlichen Bayern dafür weniger.

Legislatur-Bilanz: U-Ausschüsse, Corona, viel Fleißarbeit

Landtagswahlen können auch Zeugnistag sein – für die Arbeit der vergangenen Legislatur. Viele ihrer Konkurrenten attestieren der inzwischen zwölfköpfigen FDP im Landtag eine gute Arbeit, mit Abgeordneten, die sich sehr gut in ihren Themen auskennen. Anträge, Gesetzentwürfe, Untersuchungsausschüsse: Ob die Oppositions-Bilanz bei der Wahlentscheidung der Menschen eine Rolle spielt? Ob der liberale Corona-Kurs, schon lange vor Ministerpräsident Söders Wechsel ins "Team Freiheit", nachträglich von manchen belohnt wird? Das werden erst die Nachwahlbefragungen zeigen.

Das gilt auch für die Bilanz der Staatsregierung, die Oppositionspolitiker Hagen für sehr schlecht hält. In keinem Bereich gehe es Bayern heute besser als 2018, sagt er in Ingolstadt. Söder und Vize-Ministerpräsident Hubert Aiwanger (Freie Wähler) hätten sich zuletzt aber vor allem über Gendern und Insektenmehl geäußert. Bayerns Zukunft stehe auf dem Spiel – "und der Ministerpräsident und sein Vize vermitteln den Eindruck, unsere größten Probleme seien geschlechtersensible Sprache und alternative tierische Proteinquellen". Hagens Fazit: "Jetzt kümmern wir uns bitte um die wichtigen Themen."

Hinweis: In einer früheren Version dieses Artikels stand, dass FDP-Landeschef Martin Hagen CSU-Chef Markus Söder persönlich in einem Telefonat zugesagt habe, dass sich die bayerische FDP für eine Lösung im Streit um die Wahlrechtsreform einsetzen werde. Tatsächlich sagte Hagen beim Parteitag nichts von einem Telefonat – sondern nur, dass er Söder persönlich zugesagt habe, dass sich die bayerische FDP entsprechend einsetzen werde. Die Formulierung "in einem Telefonat" haben wir deshalb im Text gelöscht.

ARCHIV - 12.11.2022, Bayern, Amberg: Martin Hagen, Fraktionsvorsitzender der FDP im Bayerischen Landtag, steht beim Landesparteitag der FDP Bayern nach seiner Wahl zum Spitzenkandidaten zur Landtagswahl 2023 auf der Bühne. Am Wochenende will die FDP auf ihrem Parteitag in Ingolstadt ihr Wahlprogramm beschließen. Foto: Daniel Karmann/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
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