Mit scharfer Kritik an der Staatsregierung und vielen Forderungen für eine andere Bildungspolitik in Bayern will die FDP bei der Landtagswahl am 8. Oktober punkten. CSU und Freie Wähler hätten beim Start ihrer Koalition 2018 eine positive Ausgangslage vorgefunden, sagte FDP-Spitzenkandidat Martin Hagen beim Parteitag der Liberalen in Ingolstadt. Die "bittere Wahrheit" sei aber, dass es Bayern heute in keinem Bereich besser gehe als damals.
Konkrete Beispiele dafür sind aus Hagens Sicht der Mangel an Lehrern, Kita-Plätzen, Wohnungen und Fachkräften. Auch bei der Energieversorgung gibt es laut dem Landes- und Fraktionschef massive Defizite im Freistaat – weil CSU und Freie Wähler jahrelang den Netzausbau verschleppt hätten. Zudem habe der FDP-Verkehrsexperte im Landtag, Sebastian Körber, "alle Hände voll zu tun", um das "Vertuschen und Versagen" bei der zweiten S-Bahn-Stammstrecke in München aufzudecken.
Schwerpunkt Bildungspolitik – Schulstart ab 9 Uhr
Auf ihrem Parteitag beraten und beschließen Bayerns Liberale ihr Wahlprogramm für die Landtagswahl. Der Schwerpunkt soll die Bildungspolitik sein: Gut ausgebildete Menschen seien die "wichtigste Ressource" in einer modernen Wissensgesellschaft, sagte Hagen. Auch an dieser Stelle attackierte er die Politik der Staatsregierung. Mit Blick auf Kultusminister Michael Piazolo von den Freien Wählern sagte Hagen, für die vergangenen fünf Jahre gelte das Motto "Pleiten, Pech und Piazolo".
Das übergeordnete Ziel der Liberalen ist laut Hagen die "radikale Entmachtung der Kultusbürokratie" in Bayern. "Weil unsere Kinder alle verschieden sind, brauchen wir auch vielfältige Bildungsangebote." Mehr Eigenverantwortung für die Schulen, mehr Wahlfreiheit bei der Schulwahl, fairer Wettbewerb zwischen öffentlichen und Privatschulen, flexiblere Lehrerausbildung mit leistungsabhängiger Bezahlung im Job, genereller Schulstart ab 9 Uhr – das sollen Kernpunkte im FDP-Wahlprogramm sein, um Bildung zu einem "Standortvorteil für Bayern" zu machen.
Auch Hagen gegen Verbrenner-Aus
Über den für die Liberalen unerfreulichen Bundestrend – mit zuletzt mehreren Landtagswahlen unter der 5-Prozent-Hürde – sprach Hagen in seiner Rede dagegen nicht. Bereits im Vorfeld hatte er einen klaren Bayern-Fokus angekündigt und erklärt, bei der Landtagswahl gehe es um Landespolitik. Nur bei einem aktuell umstrittenen Punkt machte er eine Ausnahme: Es sei gut, dass die Bundesregierung auf Druck der FDP jetzt das Verbrenner-Verbot in der EU verhindere. Zwar sei der FDP wichtig, dass der Straßenverkehr klimaneutral werde – "aber auf welchem Weg, das soll nicht die Politik entscheiden".
Am Morgen hatte Hagen in der "radiowelt" auf Bayern 2 die bisherige Bilanz der Ampel-Bundesregierung gelobt. "Es gab keine Blackouts, keine Insolvenz, niemand musste frieren", sagte der FDP-Landechef über die vergangenen Monate. "Und ich denke, insgesamt wurde das in Berlin auch dank der FDP ganz gut gemacht."
Ladenöffnungszeiten, Digitalisierung, Öffentlich-Rechtliche
Als weitere Schwerpunkte für den Landtagswahlkampf nannte Hagen in seiner Parteitagsrede ein flexibleres Landschlussgesetz in Bayern, eine endlich digitalere Verwaltung sowie einen "schlankeren und effizienteren" öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Zudem solle die Altersgrenze für Ministerpräsidenten im Freistaat fallen – aktuell muss man für dieses Amt mindestens 40 Jahre alt sein. Hagen bezeichnete die Regel als "auch so ein aus der Zeit gefallenes Ding".
Felix Meyer, Chef der Jungen Liberalen in Bayern, lobte den Fokus auf die Bildungspolitik. Auch er sieht Handlungsbedarf: Nie habe es in Bayern einen schlechteren Kultusminister als Piazolo gegeben, sagte er. Gleichzeitig räumte Meyer ein, dass die FDP derzeit auch kommunikative Defizite habe: Er wisse nicht, "ob wir immer so wahrgenommen werden, wie wir wahrgenommen werden möchten".
AKW-Ausstieg "zum jetzigen Zeitpunkt falsch"
Am Nachmittag stimmte der bayerische FDP-Parteitag dafür, dass alle verfügbaren Atomkraftwerke "schnellstmöglich" ans Netz müssten, "um eine weitere Verteuerung der elektrischen Energie für Bürger und Unternehmen wirkungsvoll zu verhindern". Um eine Wiederinbetriebnahme der bereits abgeschalteten Meiler zu ermöglichen, solle "solange notwendig auf einen Rückbau verzichtet werden". Auch sollen neue Brennelemente bestellt werden.
Diese Positionierung widerspricht der bisherigen AKW-Linie der Bundesregierung, die Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) im vergangenen Herbst vorgegeben hatte. Demnach werden die drei verbliebenen Atomkraftwerke in Deutschland im April abgeschaltet. Bayerns FDP betont dagegen in ihrem Parteitagsbeschluss: "Den Ausstieg aus der Kernkraft halten wir zum jetzigen Zeitpunkt für falsch."
Das ganze BR24live mit der Parteitagsrede von FDP-Spitzenkandidat Martin Hagen hier zum Nachschauen:
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!