Soldaten an der Ukrainischen Grenze (Symbolbild)
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Angst in der Ukraine: "Notfallkoffer sind gepackt"

Angst in der Ukraine: "Notfallkoffer sind gepackt"

Mehr Kampfflugzeuge, mehr Blutkonserven für die Truppen: Statt eines Truppenabzugs sehen die USA Anzeichen für eine russische Invasion. Ein Ukrainer, der in Augsburg lebt, schildert, unter welchem Druck seine Angehörigen in der Ukraine stehen.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Schwaben am .

Die Menschen in der Ukraine haben Angst vor einem russischen Einmarsch. Auf Entspannung stehen die Zeichen gerade nicht: US-Präsident Biden erklärte CNN, er glaube, dass Russland zu einer Invasion bereit sei. Der gleichen Meinung ist NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg.

"Sie haben genug Truppen und Möglichkeiten für eine groß angelegte Invasion der Ukraine mit sehr geringer beziehungsweise gar keiner Vorwarnzeit. " Jens Stoltenberg, NATO-Generalsekretär
  • "Leider plausibel": Eskalation im Ukraine-Konflikt befürchtet

Furcht vor russischer Invasion in die Ukraine

Da das russische Militär nach Ansicht der Nato jederzeit in der Lage ist, kurzfristig eine umfangreiche Offensive gegen die Ukraine zu starten, haben die Menschen dort Angst. Das berichtet uns Andrii Rymlianskyi vom Ukrainischen Verein Augsburg. Er telefoniert fast täglich mit seiner Familie in der Ukraine, die in verschiedenen Landesteilen lebt. So steht das Haus seiner Eltern in der Westukraine, weit weg vom Brennpunkt. Der andere Teil seiner Angehörigen aber lebt etwa 50 Kilometer von der Grenze zu Russland entfernt.

"Im Osten sind die Menschen sehr besorgt. Sie haben Angst." Andrii Rymlianskyi, Ukrainischer Verein Augsburg

Auf den Ernstfall vorbereitet

Rymlianskyi erzählt, dass seine Familie schon die Notfallkoffer gepackt hat. Auch Vorräte seien angelegt, Lebensmittel und Waren des täglichen Bedarfs. Trotzdem versuchten die Ukrainer die Selbstbeherrschung nicht zu verlieren, so normal wie nur möglich zu leben – trotz der permanenten Bedrohung.

"Wir stehen seit 2014 im Krieg mit Russland"

Seit der Besetzung der Krim seien die Ukraine und Russland im Krieg, so Andrii Rymlianskyi. Außerdem hätten die Ukrainer keine Illusionen, was die russische Politik angehe.

"Wir glauben nicht an Vereinbarungen mit Russland, weil die immer wieder gebrochen wurden." Andrii Rymlianskyi, ukrainischer Verein Augsburg

Er glaubt, dass Russland seine Truppen nicht abzieht, obwohl das Kreml-Sprecher Dmitri Peskow in Moskau bekräftigte. Russland habe mit einem Teilabzug seiner Truppen im Grenzgebiet begonnen, so Peskow. Dies brauche aber Zeit.

Erst der "Schwarze Peter", dann der Einmarsch?

Wie der ukrainische Außenminister Dmytro Iwanowytsch Kuleba denkt auch Rymlianskyi, dass Russland versuchen will, die Regierung in Kiew für eine – vielleicht auch fingierte – Eskalation der Lage verantwortlich zu machen und dann einzumarschieren. Als Beispiel nennt die ukrainische Regierung Berichte, wonach gerade ein Panzer aus dem von pro-russischen Separatisten kontrollierten Gebiet im Osten gefeuert habe. "An der Ostlinie wurde auch ein Kindergarten beschossen. Man schließt keine Inszenierungen aus, um einen Vorwand für einen russischen Angriff zu haben", so Rymlianskyi.

Unterdessen besteht die russische Regierung auf dem vollständigen Abzug der US-Truppen aus Mittel- und Osteuropa, so die russische Nachrichtenagentur RIA. Eine Deeskalation erfordere, dass die Ukraine sich an das Minsker Abkommen halte und keine weiteren Waffen mehr geliefert bekomme. Außerdem fordert Russland vom Westen Sicherheitsgarantien und unter anderem den Verzicht auf eine Aufnahme der Ukraine in die Nato. Das lehnen die USA und die EU ab. Von Deutschland würde sich der Wahl-Augsburger etwas mehr wünschen: Klare Signale, um die junge Demokratie zu schützen.

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Der "Ukrainische Verein Augsburg e.V." setzt sich für Frieden in der Ukraine ein

Waffen zur Verteidigung statt Gas

Der Ukrainische Verein hat einen offenen Brief an die Bundesregierung geschrieben. Darin fordert der Verein, dass Deutschland wirtschaftliche und politische Mittel einsetzt, um zur Deeskalation beizutragen, wie das Aussetzen der Inbetriebnahme von Nord Stream 2, aber auch die Lieferung von Defensivwaffen an die Ukraine. Ein wenig Hoffnung bleibt also noch. Und so engagiert sich Rymlianskyi weiter, pflegt Kontakte zu seinen Landsleuten, tauscht sich mit ihnen aus und gibt ihnen Tipps, wie es am besten funktioniert – mit der Integration in Deutschland.

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