Viele Orte und Städte im Speckgürtel um München sind sehr viel älter als die Großstadt selbst - das gilt auch für Herrsching am Ammersee. Zweifelsfrei nachgewiesen war eine dauerhafte Besiedlung seit der Römerzeit. Doch ein kürzlich gefundenes Grab beweist: Schon die Kelten siedelten dort, wo heute Herrsching liegt. Gräber aus dieser Zeit sind generell selten; in diesem lag außerdem gut erhaltener Schmuck.
Archäologen finden Grab einer Frau
Für Archäologe Stefan Mühlenmeier ist es nicht das erste Keltengrab, das er gefunden hat. Trotzdem sei jeder Fund eine Seltenheit und sehr besonders, sagt er - so auch dieser. Bei den Ausgrabungen neben der Nikolauskirche in Herrsching tauchte plötzlich eine keltische Gewandspange, genannt Fibel, auf, die in der Keltenzeit fester Bestandteil der Kleidung war. Als dann noch die ersten Knochen gefunden wurden, sei klar gewesen: Hier handelt es sich um ein Grab, erklärt Mühlenmeier.
Die Frau, die dort bestattet worden war, war zwischen 20 und 40 Jahre alt, grazile und 1,52 Meter groß. Das sei auch für die damalige Zeit eher kleiner gewesen, so der Archäologe. Der Frau fehlten einige Zähne und sie hatte Karies.
Besondere Schmuckstücke aus der Keltenzeit
Die Frau wurde mit ihrem Schmuck bestattet - ein Glück für die Archäologen. Sie fanden einen Halsring und zwei Armringe aus Bronze, mehrere Gewandspangen aus Eisen und Bronze und einen besonderen Fingerring. Dieser hat nur etwa zwei Zentimeter Durchmesser und wurde sehr kunstvoll aus Bronzedraht geflochten. Laut Archäologe Mühlemeier ist das Schmuckstück ein beeindruckender Beweis, was die Menschen damals leisten konnten. Vor allem aber macht der Schmuck eine Datierung des Grabes möglich: auf etwa das 4. Jahrhundert vor Christus.
Erster Nachweis für frühe Besiedelung
"Die Keltenzeit hatten wir nicht auf dem Schirm", so Stefan Mühlemeier. Die Befunde seien ein Beweis, dass der Ort, an dem sich heute Herrsching befindet, schon so früh besiedelt worden war.
Für Archäologen seien solche Gräberfunde wie in Herrsching sehr spannend, weil sie so selten seien, erklärte Mühlenmeier. Die Bestattungsrituale der Kelten seien noch lange nicht komplett erforscht. Einige solcher Gräber hat Mühlemeier vergangenes Jahr auf dem Militärflugplatz in Manching entdeckt.
Funde aus Römerzeit und Frühmittelalter
In Herrsching haben die Archäologen neben den Funden aus der Keltenzeit außerdem einiges aus der späten römischen Epoche aus dem 4. Jahrhundert n. Chr. und aus dem frühen Mittelalter ausgegraben. Es gebe Orte, an denen sich die Menschen wohl immer wieder treffen, so der Experte.
Auf das frühere Mittelalter weisen etwa Keramikscherben und sehr viele sogenannte Pfostengruben hin - also Befestigungen für Pfosten, mit denen zu dieser Zeit die meisten Häuser gebaut wurden. Aus der Römerzeit wurden etwa ein Mäuerchen aus Tuffstein und einige spätantike Münzen gefunden - flach und nur so groß wie ein Daumennagel. Mit den Kaisern, die auf den Münzen abgebildet waren, konnten Experten den Zeitraum genauer bestimmen.
Funde gehören dem Staat, wenn Herrsching sie nicht will
Die örtliche Kämmerin sei hocherfreut gewesen, als sie von Münzfunden gehört habe. Leider seien diese Münzen im Gegensatz zu einem Keltenschatz aber sehr viel weniger wert, musste Stefan Mühlemeier sie enttäuschen. Die Funde wurden dem Landesamt für Denkmalpflege übergeben und werden in der archäologischen Staatssammlung deponiert. Sie gehören dem Staat, außer die Gemeinde Herrsching erhebt einen Anspruch darauf.
Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!