Armut in Deutschland nimmt zu – das merkt die Präsidentin des Sozialverbands VdK, Verena Bentele, jeden Tag. Von den knapp 800.000 VdK-Mitgliedern in Bayern hätten inzwischen viele Existenzsorgen. "Insbesondere ältere Menschen, die zu niedrige Renten haben, die nicht zum Leben reichen. Menschen, die erwerbsgemindert sind und von ihrer Erwerbsminderungsrente nicht leben können, kommen zu uns."
Betroffen seien aber auch Kinder und Jugendliche. Bei ihnen komme erschwerend hinzu, dass sie sich nicht von alleine aus der Armut befreien könnten, so Bentele. Aber auch immer mehr Menschen aus der Mittelschicht seien von Armut betroffen, vor allem durch die steigenden Energiekosten.
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Bentele: Sozialbericht der Staatsregierung geschönt
Die Erfahrungen, die die VdK-Präsidentin tagtäglich macht, stehen im Gegensatz zum Sozialbericht der Bayerischen Staatsregierung, der im Juli dieses Jahres herauskam. Bentele hält ihn für geschönt. Von einer gravierenden Altersarmut in Bayern sei darin nicht die Rede. Vielleicht, weil die Alten selten in den Statistiken auftauchen: Zwei Drittel der Menschen, die Sozialleistungen bekommen könnten, nähmen sie nicht in Anspruch, so Bentele. Zum einen fehle ihnen das Wissen, zum anderen hätten sie nicht den Mut dazu oder fühlten sich stigmatisiert. Es brauche deshalb den Abbau von Barrieren und einen einfacheren Zugang, um den Menschen zu helfen, meint die VdK-Präsidentin.
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Nürnberg will Abrutschen in Armut verhindern
Die Sozialreferentin der Stadt Nürnberg, Elisabeth Ries (SPD), kennt diese Problematik und will deshalb frühzeitig helfen. Sie sei im Gespräch mit Energieversorgern, Wohnungsunternehmen und Schuldnerberatungen, um rechtzeitig zu erfahren, wenn Menschen in Schwierigkeiten steckten. So solle verhindert werden, dass sie in die Armut rutschen. Manche machten auch ihre Heizungen nicht an – aus Angst, die Kosten nicht stemmen zu können.
Die Kommunen versuchten dies so gut wie möglich finanziell abzufedern, sagt Ries, aber dafür brauche es auch Hilfen von Land und Bund. Armutsbekämpfung und Armutsprävention auf kommunaler Ebene bedeute auch, den Menschen Teilhabe am Leben zu ermöglichen, zum Beispiel durch Bildungs- oder Berufsqualifizierungsangebote, erläutert die Sozialreferentin.
Unterstützung für Familien durch Spenden
Solche Angebote gibt es zum Beispiel im Südstadtforum in Nürnberg. Eltern mit geringen finanziellen Mitteln bekommen hier etwa eine Erstausstattung für ihr Baby: Windeln, einen Wickeltisch oder einen Kinderwagen. Allerdings könne Vieles nur mit Hilfe von Spenden angeboten werden, so Ries. Deshalb sei die Stadt immer auf der Suche nach Unterstützern.
Mit Sprache raus aus der Armut
Aus Sicht der Leiterin des Südstadtforums, Pia Schrader, ist Sprache der Schlüssel zur Integration und der Weg raus aus der Armut. Sie ist besonders stolz auf einen Sprachkurs, der sich vor allem an Mütter mit Migrationshintergrund richtet. Das Besondere: Die Mütter können ihre Kinder während des Kurses in einer Betreuung im Südstadtforum abgeben und so in Ruhe Deutsch lernen. Eine seltene Kombination, die es seit rund vier Jahren gibt und die vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge und dem Bund gefördert wird. Der Sprachkurs sei wichtig, damit die Mütter in Deutschland Fuß fassen könnten, meint Schrader.
"Wir wollen ihnen (den Müttern) hier die Integration erleichtern. Ihnen ermöglichen, dass sie einen Job bekommen, vielleicht auch den, den sie in ihrer Heimat gelernt haben. Nur mit Deutschkenntnissen kann man der Armutsfalle entkommen." Pia Schrader, Leiterin Südstadtforum
Der Kurs, der jeden Tag mehrmals stattfindet, kommt bei den 15 Teilnehmerinnen an diesem Tag gut an. So auch bei Inna, die mit ihrem zweijährigen Sohn alleine vor rund einem halben Jahr aus der Ukraine nach Deutschland geflohen ist. Ohne die Kinderbetreuung wüsste sie nicht, wohin mit ihrem Kind. Dann könnte sie kein Deutsch lernen – um irgendwann einmal selbst für ihren Lebensunterhalt und den ihres Sohnes zu sorgen.
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