"Wir sind alle Kinder dieser Welt", singt der Ars Antiqua Kinderchor zu Beginn der Preisverleihung im Aschaffenburger Stadttheater. Viele Gäste sind gerührt. Auch die Laudatio des früheren Staatsministers Ludwig Spaenle (CSU), der sich im Auftrag des Freistaats gegen Antisemitismus und für Erinnerungsarbeit einsetzt, ist ergreifend.
"Das Nazi-Regime hatte Angst vor diesen Menschen, es hatte Angst vor dem Mut dieser Menschen", sagt er mit Blick auf eine Schwarz-Weiß-Fotografie von Hans und Sophie Scholl. Sie bekommen posthum für ihren Widerstand gegen das NS-Regime den zehnten Aschaffenburger Mutig-Preis verliehen.
Er ist mit 10.000 Euro dotiert. Ausgezeichnet werden auch zwei Lehrkräfte und vier Schüler und Schülerinnen aus Brandenburg, die sich gegen Extremismus und Ausgrenzung stark gemacht haben. Sie hätten in ihrer Schulgemeinschaft gesagt: "Da sind Dinge im Gange, die wollen wir so nicht dulden, so nicht hinnehmen", so Spaenle. Der frühere bayerische Kultusminister sieht dabei im Prinzip dieselben Mechanismen wie in der NS-Zeit, nämlich "Gruppendruck, Wegschauen".
Hitler-Gruß und Extremismus an Brandenburger Schule
Im Gespräch mit dem BR erzählt Lehrerin Laura Nickel, warum sie und ihr Kollege Max Teske nicht weggeschaut haben, als immer mehr Schüler an ihrer Schule in Brandenburg den Hitler-Gruß gezeigt und Mitschüler ausgegrenzt haben. "Wir müssen als Lehrkräfte alle Schüler schützen", so Laura Nickel. "Wir haben mit Extremismus an der Schule zu kämpfen gehabt und eben auch mit einer Schulleitung und Behörden, die uns nicht unterstützt haben. Und nachdem wir mit einem Brief diese Zustände angeprangert haben, waren wir auch mehreren Bedrohungen ausgesetzt, infolgedessen wir dann eben auch die Schule verlassen haben."
Zusammenhalt für Menschenrechte und gegen Ausgrenzung
Henrik Bachmann neben ihr nickt. Der Schüler spricht von massiver rhetorischer Aufrüstung an seiner Schule in Burg, an der er und viele andere Mitschüler ausgegrenzt wurden. "Wir haben uns zusammengeschlossen als Gruppe, haben uns entgegengestellt, haben uns vernetzt mit Organisationen, haben für die Demokratie und die Menschenrechte, gegen gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit gestritten. Ein Bündnis hat sich dann gegründet, das Bündnis 'Schule für mehr Demokratie'. Wir haben einen Meldezettel ins Leben gerufen, was sinnvoll war für die Polizei."
Mutig-Preis für Zivilcourage: Diskussion in Aschaffenburg
Dass sie für die Zivilcourage, die sie bewiesen haben, nun mit dem Aschaffenburger Mutig-Preis ausgezeichnet werden, rührt die Lehrer und Schüler sehr. Vor allem der Dialog mit den Schülerinnen und Schülern in Aschaffenburg habe großen Spaß gemacht.
"Die Besonderheit vom Aschaffenburger Mutig-Preis ist ja: Man muss zwei Tage in Aschaffenburg verbringen, mit Schülern diskutieren. Wir haben gestern genau das erlebt, was wir alle in der Gesellschaft uns wünschen. Schüler diskutieren mit Schülern: Was habt ihr in Burg denn da erlebt? Warum habt ihr euch entgegengestellt?", so Wolfgang Gärthe, Initiator des Mutig-Preises. Er betont, wie wichtig der unermüdliche Einsatz für unsere Demokratie war und ist – damals wie heute.
Mit einer Neuinterpretation des Lieds "Die Gedanken sind frei" geht die Auszeichnung im Stadttheater zu Ende. Viele sind nachdenklich.
Im Video: Auszeichnung für Zivilcourage
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