Manchmal ist es aufschlussreich, wenn etwas nicht gesagt wird. Nach der CSU-Präsidiumsschalte am Donnerstagmittag – kurzfristig angesetzt wegen des Ampel-Endes – war von Parteichef Markus Söder keine einzige Attacke auf die Grünen zu hören, keine Absage an Schwarz Grün.
Beides war monatelang fester Bestandteil von Reden und Interviews des CSU-Vorsitzenden. Immer wieder hatte Söder betont, am Nein zu Schwarz-Grün im Bund dürfe es keinerlei Zweifel geben, alles andere könne der Union schaden. Ausgerechnet an dem Tag, an dem die CSU offiziell in den "Wahlkampfmodus" überging, verzichtete Söder auf diese Klarstellung. Zufall?
Söder: "Wenn Habeck seinen Rücktritt erklären würde ..."
Wenige Stunden später war der CSU-Vorsitzende bei der ARD-Talksendung "Maischberger" zugeschaltet. Auf die Frage, ob er jede Zusammenarbeit mit den Grünen nach der Bundestagswahl ausschließe, kritisierte er zunächst den grünen Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck und sagte dann: "Wenn zum Beispiel Robert Habeck seinen sofortigen Rücktritt erklären würde, gar nicht mehr mitmachen würde – wer weiß, wie die Lage sich ergibt."
Nun zeichnen sich keine Rücktrittspläne Habecks ab, im Gegenteil: Der Wirtschaftsminister will Grünen-Kanzlerkandidat werden. Die Chancen für Schwarz-Grün dürfte dies nicht erhöhen. Und doch schlug Söder erstmals eine andere Tonlage an als in den vergangenen Monaten, als er die Tür zu Schwarz-Grün zubetonieren wollte.
"Mit mir geht Schwarz-Grün nicht"
Schon im bayerischen Landtagswahlkampf hatte der CSU-Chef sich an den Grünen abgearbeitet. Durch die Absage an Schwarz-Grün legte er sich gleichzeitig auf ein Bündnis mit den Freien Wählern fest. Nicht jeder in der Partei fand das klug, weil es die Verhandlungsposition der CSU schwächte.
Mit Blick auf die Bundestagswahl agierte Söder zuletzt ähnlich. Im ARD-Sommerinterview schloss er für die gesamte Union eine Koalition mit den Grünen aus. Auf den Einwurf, dass er dies doch ohne CDU-Chef Friedrich Merz gar nicht ausschließen könne, antwortet Söder: "Doch, das kann ich. Denn ohne uns geht nichts." Und er fügt hinzu: "Mit mir geht Schwarz-Grün nicht, da kann sich auch jeder darauf verlassen." Das glich einer Festlegung auf die SPD, eine Koalition mit der AfD oder dem Bündnis Sahra Wagenknecht kommt für die Union jedenfalls nicht infrage.
Merz: "Sollten die Grünen sich ändern ..."
Auch Merz würde einer Koalition mit den Grünen gern aus dem Weg gehen. Keine andere Partei im demokratischen Spektrum löse bei CDU-Wählern "eine solche Aversion" aus, sagte der CDU-Vorsitzende Mitte September. Aber: Sollten die Grünen sich ändern, "können wir schauen". So kategorisch wie bei Söder war die Absage also nicht.
Söder stellte umgehend klar, dass Schwarz-Grün ein "No-Go" sei, und freute sich, "dass Friedrich Merz auch auf dem Weg ist". Wenige Tage später erklärte der CSU-Chef dann vor laufenden Kameras "die Rechtslage": CDU und CSU könnten eine Koalition nur einvernehmlich besiegeln. "Die CSU kann die Grünen verhindern. Und wir werden es auch tun."
Söder schwenkt auf den Merz-Kurs ein
Wenn der CSU-Chef nun bei "Maischberger" erstmals eine Voraussetzung formulierte, unter der Schwarz-Grün doch möglich wäre, scheint er vom kategorischen Nein abzuweichen – und auf den Kurs von Merz einzuschwenken.
Mehr als einen Mini-Spalt öffnete Söder die Tür indes nicht: "Ich glaube nicht ernsthaft, dass das funktioniert." Nach allen Umfragen, die es gebe, lohne es sich "quasi gar nicht mehr, darüber nachzudenken". Allerdings: Laut dem neuen ARD-Deutschlandtrend hätte die Union rechnerisch auch mit den Grünen eine Mehrheit.
Keine erneute Veto-Drohung
Bei der Landesversammlung der bayerischen Jungen Union (JU) am Wochenende in Nürnberg teilte Söder einmal mehr gegen die Grünen aus: Habeck sei das "Gesicht der Krise". Und was bei den Grünen nachkomme, sei "immer linker, immer seltsamer und immer schlimmer", beklagte der Parteichef. Die CSU wolle die Grünen nicht in der Regierung. "Weil wir sie nicht für kompetent halten."
Unter Jubel im Saal rief Söder: "Kein Schwarz-Grün!" Aber: Das Versprechen, ein Bündnis der Union mit den Grünen gegebenenfalls mit einem Veto zu verhindern, wiederholte der CSU-Vorsitzende auch bei der JU nicht.
Dieser Artikel ist erstmals am 09.11.2024 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel aktualisiert und erneut publiziert.
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