Wenn heute Abend um 18.00 Uhr die erste Wahlprognose erscheint, ist sich Harald Lesch sicher, dass die Bürger ihre Wahlentscheidung gut überlegt haben: "Ich glaube, dass die deutsche Bevölkerung sehr rational wählt", sagt der Astrophysiker und Moderator vorab im Gespräch mit BR24.
Über das Wahlergebnis und mögliche Koalitionsoptionen diskutiert heute Abend der BR-Sonntags-Stammtisch um 20.15 Uhr im BR Fernsehen. Neben Harald Lesch sind der frühere CSU-Vorsitzende Erwin Huber, die Politikwissenschaftlerin Ursula Münch und Ski-Legende Christian Neureuther zu Gast. Moderiert wird die Sendung von Hans Werner Kilz.
Kritik an vielen "Gladiatorenkämpfen in TV-Arenen"
Dass der Wahl-O-Mat der Bundeszentrale für politische Bildung kurz vor der Wahl die bislang höchsten Nutzerzahlen verzeichnet hat, sieht Lesch als Anzeichen für reflektierte Wahlentscheidungen. Gleichzeitig erkennt er darin aber auch ein Indiz dafür, dass viele offenbar nicht so genau wüssten, wen sie wählen sollen.
Was Lesch deutlich kritisiert, ist die Vielzahl an TV-Duellen: "Es waren zu viele Gladiatorenkämpfe in den TV-Arenen. Das hätte man einmal machen müssen – und dann wäre es gut gewesen." So habe es einen "Overshoot" an TV-Duellen gegeben, in denen letztlich nur ähnliche Stereotype aller Politiker reproduziert worden seien.
Lesch vermisst Klimapolitik im Wahlkampf
Inhaltlich hat Lesch im Wahlkampf oft den eigenen Standpunkt der Parteien vermisst: "Bei den Konservativen ist es mir zu viel Reaktion auf die AfD. Bei der SPD ist es der fehlende Realismus." Was er damit meint: "Wenn der Kanzler der Meinung ist, er hätte tatsächlich eine ernsthafte Chance, noch mal Kanzler zu werden – dann ist das für mich eine Form von Wirklichkeitsverdrängung, die ich nicht wirklich nachvollziehen kann."
Ein Thema, das Lesch im Wahlkampf vermisst hat, ist die Klimapolitik. "Die Sachkompetenz ist bei solchen Themen wichtiger als die politische Meinung", findet der Wissenschaftler. "Seit 40 Jahren sagt die Klimaforschung das Gleiche. Mir ist es völlig unverständlich, weshalb es politische Akteure gibt, die da nicht deutlich etwas dagegen tun." Ein schneller und effektiver Ausbau der erneuerbaren Energien würde nicht nur den wirtschaftlichen Erfolg sichern, sondern auch die gewaltigen Schäden des Klimawandels mindern, so Lesch.
Lesch rechnet mit Schwarz-Rot
Lesch geht davon aus, dass es nach der Wahl eine schwarz-rote Koalition geben wird – auch wegen der "Ausschließeritis" anderer Koalitionen vorab, insbesondere seitens der CSU, was Schwarz-Grün betrifft. Von der neuen Bundesregierung erhofft sich der Astrophysiker vor allem, dass sie angesichts der globalen Konflikte die Widerstandsfähigkeit der Bevölkerung stärkt. "Wir müssen die Menschen in Deutschland darauf vorbereiten, dass wirklich harte Zeiten kommen", so Lesch. Er geht dabei mindestens von zehn Jahren aus.
Trumps Schulterschluss mit Putin und seine Anschuldigungen gegen den ukrainischen Präsidenten Selenskyj bezeichnet Lesch als "politischen Kipppunkt": "Der politische Aggregatzustand hat sich seitdem verändert. Es ist so, als sei die Temperatur um 15 Grad gefallen. Man kommt aus dem Sommer heraus und plötzlich liegt draußen Schnee."
Auch deshalb hält Lesch eine stabile Bundesregierung für wichtig, die innerhalb der EU zur Einigkeit bei der Unterstützung der Ukraine beiträgt.
Video: Alles Wichtige vor der Bundestagswahl
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