„Ich glaube, dass das RUN wirklich die Universität Regensburg und die ganze Region an die Weltspitze katapultiert, was ultraschnelle Nanoskopie anbelangt“ – Prof. Dr. Rupert Huber sagt das stolz. Er ist Direktor des brandneuen Regensburger Zentrums für ultraschnelle Nanoskopie (RUN), wo die Bewegung von Kleinstteilchen in Zeitlupenvideos festgehalten werden soll. Chemische Reaktionen live sichtbar machen. Das ist aus vielerlei Gründen wissenschaftliche Hochleistung …
Ultraklein und ultraschnell
Elementarteilchen, wie etwa Atome, Moleküle oder Elektronen, sind extrem klein und mit dem bloßen Auge nicht zu erkennen. Außerdem stehen sie nie still, sondern bewegen sich ständig unvorhersehbar. Und das unvorstellbar schnell. Die elementaren Prozesse entwickeln sich oft auf Zeitskalen, die nur Attosekunden betragen – also Milliardstel-Milliardstel-Sekunden. Videoaufnahmen unter diesen Bedingungen zu machen, gilt in der Wissenschaft deshalb als äußerst kompliziert. Am RUN auf dem Gelände der Universität Regensburg will man sich dieser Herausforderung stellen – mit den weltweit schnellsten atomar-auflösenden Mikroskopen.
Verwackler unerwünscht
Auch baulich war und ist das Vorhaben herausfordernd: Die Spezialmikroskope am RUN nehmen nicht nur viel Platz ein – um die erwünschten Zeitlupenfilme zu liefern, ist höchste Präzision nötig. Denn: Die Messsysteme sind sensibel. Bei der kleinsten Erschütterung, etwa durch vorbeifahrende LKW oder Schallwellen, wäre jede Zeitlupenaufnahme unbrauchbar. Die Mikroskope lagern deshalb in einem unterirdischen Gebäudeteil, der vom oberirdischen Büro- und Labortrakt baulich getrennt und damit schall- und schwingungsisoliert ist. Kostenpunkt für den Bau liegt nicht umsonst bei 58 Millionen Euro. Und die Erwartungen sind hoch.
Eine neue Art der Naturwissenschaften
Neben den speziellen Mikroskopen unterstützt das RUN die Zusammenarbeit der wissenschaftlichen Disziplinen. Forschende aus Biologie, Chemie und Physik sollen gemeinsam neue Methoden und weitere Mikroskope entwickeln. Hintergrund sind die kürzesten Längen und Zeitskalen, an denen geforscht wird. Wenn man sich nur noch einzelne Moleküle bewegen, verschwinden die Schnittstellen zwischen den Fachbereichen. Direktor Prof. Huber verspricht sich von der Forschung am RUN, „dass die Disziplingrenzen völlig verschwimmen und eine neue Generation von Wissenschaftlern entsteht, die eine universelle neue Art von Naturwissenschaften verfolgen“.
Wie die Welt im Innersten tickt
Die Motivation, diese neue Art von Naturwissenschaft zu betreiben, rührt vor allem daher, dass noch so vieles unklar ist. Ein großer Teil der bisherigen wissenschaftlichen Erkenntnisse von Prozessen kleinster Teilchen und Elemente beruht auf Theorien und Modellen. Das soll sich künftig ändern. So können die schnellen Bewegungen und Aufenthaltsorte von Teilchen bis dato lediglich mittels Wahrscheinlichkeiten bestimmt werden. Durch Zeitlupenaufnahmen dieser Bewegungen, so erhoffen es sich die Forschenden in Regensburg, könnten genauere Vorhersagen gemacht werden.
Innovationen vorantreiben
So könnte man Stück für Stück besser verstehen, wie die Welt im Innersten tickt – und dieses Wissen für die Entwicklung neuer Technologien nutzen. Denkbar wäre etwa der Bau effizienterer Solaranlagen, sobald Forschende die Molekülbewegungen in den Blättern von Pflanzen bei der Photosynthese nachvollziehen können. Oder die Bewegung von Elektronen tracken – und den Grundstein legen für die Herstellung schnellster Quantencomputer. Den Forschenden am RUN ist jedenfalls eine visionäre Perspektive gemein. Und vielleicht können sie damit neue Erkenntnisse für den Alltag gewinnen.