Vor fünf Jahren machte die Lehmgrube "Hammerschmiede" bei Pforzen im Ostallgäu weltweit Schlagzeilen: Wissenschaftler der Uni Tübingen fanden dort Überreste von Udo – einem 11,6 Millionen Jahre alten Menschenaffen. Seine Art, der Danuvius guggenmosi, so der wissenschaftliche Name, sollen die ersten Fußgänger, die ersten aufrecht gehenden Menschenaffen gewesen sein. Eine Sensation, für die sich jetzt auch Kinder begeistern. Gemeinsam mit den Wissenschaftlern durften die Nachwuchs-Paläontologen auf die Suche nach Fossilien gehen.
Archäologe: Mit Fingerspitzengefühl durch den Dreck
Für die Arbeit in der 11,5 Millionen Jahre alten Lehmschicht ist Vorsicht erforderlich: Corbinian kniet vor der Grabungsstelle und kratzt mit einem Messer in der Lehmschicht, wo sich der Umriss eines Fossils abzeichnet. "Ich hab ein sehr großes Stück Muschel gefunden", schildert er, "ich find's wichtig, dass man vorsichtig ist, dass nicht alles zerbricht."
Wo an diesem Ferientag im August 2024 Kinder graben, verlief vor über elf Millionen Jahren ein Bachbett, das Klima war deutlich wärmer – versteinerte Muscheln gibt es deshalb buchstäblich wie Sand am Meer. Aber die Forschenden haben in der Hammerschmiede auch Überreste von 150 Wirbeltierarten gefunden. Hier graben zu dürfen, sei spannend, sagt Corbinians Schwester Cordelia: "Wenn man was findet, fragt man sich sofort: Was ist das? Ist das irgendwie Holz, ist das eine Wurzel oder ein Knochen? Und das macht halt einfach Spaß."
Was bei prähistorischen Grabungen alles zum Vorschein kommt
Über 40.000 Fossilien, darunter die Überreste von Schildkröten, Antilopen, Bibern, Elefanten, Nashörnern, Hirschferkeln und natürlich vom Menschenaffen Udo haben die Wissenschaftler der Uni Tübingen seit 2011 bei Pforzen ausgegraben, erzählt die stellvertretende Grabungsleiterin Janina Francke. Den Kindern zeigt sie den aktuellsten Fund von heute: einen vier bis fünf Zentimeter großen, versteinerten Knochen. "Ein kleiner Wirbel, von der Größe könnte es gut unser Hirschferkel sein. Und der kriegt jetzt ein Zettelchen, seine Fundnummer und wird in eine Box gepackt", erklärt die Forscherin.
Auch Kinder können Sensationsfunde machen
So einen richtigen Knochen zu finden, das fänden natürlich alle großartig, schildert die 10-jährige Sophia: "Man braucht schon ein bisschen Geduld, aber sonst macht’s viel Spaß. Vor allem die Aufregung, wenn du so denkst, dass du was findest." In der Woche davor hatte die Gruppe Glück, sagt Hubert Göppel vom Förderverein, der die Kindergrabungen organisiert: "Wir waren letztes Mal nur drei oder vier Meter von der heutigen Grabung entfernt und da kam ein Teil Antilopenschädel raus." Ein solcher Fund komme nur etwa alle zwei Jahre vor.
Nach zwei Stunden Grabung geht es für die Kinder zur "Rosi", wie das Rotationssieb der Ausgrabungsstelle liebevoll genannt wird. Das große, sich drehende und tonnenförmige Sieb wäscht den restlichen Lehm von den Funden ab. Zum Vorschein kommen kleine Knochenteilchen, versteinerte Schnecken und Muscheln. Obwohl der ganz große Fund ausblieb, hat es den Kindern gefallen: "Es hat einfach Spaß gemacht, man konnte nie wissen, was man bekommt", schildert Corbinian und fügt hinzu: "Und ich freue mich auch über eine Muschel!"
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