Die Firmenzentrale der Karl Bau in Hengersberg.
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Bauschutt illegal entsorgt? Hinweise auf weitere Deponien

Bauschutt illegal entsorgt? Hinweise auf weitere Deponien

Die Firma Karl Bau aus Hengersberg im Kreis Deggendorf soll laut Staatsanwaltschaft Passau giftigen Bauschutt illegal in einer Kiesgrube vergraben haben. Unterdessen gibt es Hinweise auf weitere Deponien. Die Baufirma streitet die Vorwürfe ab.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Niederbayern und Oberpfalz am .

Weitet sich der Skandal um die Baufirma Karl mit Hauptsitz in Hengersberg im Landkreis Deggendorf aus? Seit Juli ist bekannt, dass dem Unternehmen das Betreiben einer illegalen Müll-Deponie im Landkreis Passau vorgeworfen wird. Nun haben die Ermittler laut eigener Aussage weitere Vergehen ausgemacht.

Erster Vorwurf: Giftiger Bauschutt in Kiesgrube

Ausgangspunkt der Ermittlungen war eine Kiesgrube in Jederschwing bei Eging am See. Hier soll die Firma Karl unter anderem pechhaltigen Straßenaufbruch von einer Baustelle bei Hagelstadt im Landkreis Regensburg vergraben haben.

Dass dort giftige Stoffe lagern, bestätigt auch das Landratsamt Passau, das hier bereits Proben genommen hat. Doch bei diesem Fall bleibt es nicht.

Mittlerweile: Elf Projekte im Visier

Die Ermittlungen weiten sich aus. Die Staatsanwaltschaft nimmt mittlerweile elf Bauprojekte in Bayern ab 2019 genauer unter die Lupe, bei denen Abfälle von mehreren 10.000 Tonnen unerlaubt deponiert worden sein sollen.

Oberstaatsanwalt Walter Feiler spricht im BR-Interview von den "vermutlich umfangreichsten Ermittlungen" der Staatsanwaltschaft Passau. Als Reaktion auf die Recherchen in der "Passauer Neuen Presse", die zuerst über den Fall berichtet hatte, haben sich laut Feiler Informanten bei den Ermittlern gemeldet und Hinweise auf weitere Deponien gegeben.

"Wenn sich die Ermittlungen möglicherweise auf das Bundesgebiet ausweiten, dann stoßen wir an unsere Grenzen", so Feiler. Je nach Entwicklung müsse die Staatsanwaltschaft Passau Unterstützung anfordern.

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Die Kiesgrube in Jederschwing bei Eging am See

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Fokus auf Landesgartenschau-Gelände in Freyung

Was die Ermittler besonders interessiert: der Abbruch der Gesa-Klinik auf dem Geyersberg in Freyung. Im kommenden Jahr wird auf diesem Gelände die Landesgartenschau gefeiert. Bäume wurden schon gepflanzt, Terrassen angelegt, am Wochenende wird ein Baustellenfest gefeiert. Damit der Geyersberg zur grünen Oase werden konnte, musste die leerstehende Gesa-Klinik - ein riesiger 70er-Jahre-Beton-Bau - abgerissen werden. Doch das gestaltete sich zunächst als Problem.

Günther Karl, der "Möglich-Macher"

Rückblick: Nachdem die Stadt Freyung 2017 den Zuschlag zur sogenannten Kleinen Landesgartenschau für 2023 bekommen hat, beauftragte sie einen Gutachter, um herauszufinden, wie viel der Abbruch der Gesa-Klinik kosten würde. Das Ergebnis: 8,2 Millionen Euro. Der Abriss sei deshalb so teuer, weil tonnenweise belastete Stoffe wie Asbest verbaut wurden.

Für die Stadt war das ein Schock. "Die Kosten wären für uns nicht zu schultern gewesen", erinnert sich Bürgermeister Olaf Heinrich (CSU). Da kam der heute 76 Jahre alte Bauunternehmer Günther Karl ins Spiel. Er machte der Stadt ein Angebot, das der Stadtrat kaum ablehnen konnte. Es sah so aus: Karl kauft der Stadt das Grundstück für einen Euro ab, reißt die Klinik nieder und gibt einer Tochterfirma der Stadt später den Grund für 3,5 Millionen zurück.

Karl galt als der "Möglich-Macher" der Landesgartenschau und liefert einen spektakulären Abriss. Sowohl Fernsehteams als auch Schaulustige kommen auf den Geyersberg, um zu sehen, wie ein Bagger am Kran baumelt und die Klinik aus der Luft abreißt.

Staatsanwaltschaft: "Vertragsgestaltung wirft Fragen auf"

Die Staatsanwaltschaft stellt sich jetzt aber mehrere Fragen: Wie kann Karl den Abbruch für einen Euro ermöglichen, wenn das Gutachten doch 8,2 Millionen veranschlagt hatte? Und: Wo ist das Material? Im Gutachten ist von deutlich mehr belastetem Material die Rede als Karl entsorgt hat, sagt die Staatsanwaltschaft dem BR.

Es fehlen demnach Entsorgungsnachweise über 200 Tonnen Bauschutt. Für die Ermittler gibt es nur zwei Möglichkeiten: Entweder habe Günther Karl die 200 Tonnen unerlaubt irgendwo vergraben lassen. Oder aber: das Gutachten stimme nicht.

Wurden die Zahlen hier zu hoch angesetzt, damit Karl zum "Retter der Landesgartenschau" wird? Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Günther Karl wegen Betrugs. Oberstaatsanwalt Feiler ergänzt: "Fakt ist, dass die Firma Karl Bau GmbH mit dem Gutachterbüro durchaus in geschäftlicher Verbindung stand."

Karl will sich mit Abriss verewigen

Die Firma Karl dementiert die Vorwürfe auf BR-Anfrage. "Die Aussage, es sei mehr belastetes Material vorhanden gewesen als von uns entsorgt wurde, können wir nicht nachvollziehen. Das Gutachten zur Kostenschätzung, das im Auftrag der Stadt Freyung erstellt wurde, haben wir bei den Behörden angefordert. Sobald wir Gelegenheit hatten, das Gutachten zu analysieren, können wir dazu Aussagen treffen", heißt es schriftlich.

Auf die Frage, wie er den Abriss so günstig anbieten konnte, sagt Günther Karl im Gespräch mit dem BR: Ihm sei klar gewesen, dass 3,5 Millionen Euro nicht annähernd die Kosten für den Abriss decken. "Das war es mir aber wert." Er versteht den Abbruch als eine Spende an seinen Heimatlandkreis Freyung-Grafenau. Mit der Landesgartenschau wolle er sich - so wörtlich - "verewigen".

Hinweis kam von der Konkurrenz

Ins Rollen brachte die Ermittlungen ein Konkurrent der Karl Bau GmbH. Laut Staatsanwaltschaft eine Firma, die sich auch darum beworben hatte, das Abbruchmaterial an der B15 bei Hagelstadt fachgerecht zu entsorgen, die den Zuschlag aber nicht bekommen hatte, weil das Angebot der Firma Karl deutlich günstiger war. Offenbar so günstig, dass es dem Mitbewerber komisch vorkam. Er nahm die Verfolgung auf und schaute, wohin der Abfall transportiert wurde: nach Jederschwing bei Eging am See, in eine nicht genehmigte Deponie.

Firma Karl: "Mitarbeiter haben sich persönlich bereichert"

Dass hier zum Teil giftiges Material liegt, gibt die Karl Bau GmbH auf BR-Anfrage auch zu. Schuld daran sei ein "ehemaliger leitender Mitarbeiter sowie weitere ihm zugeordnete Mitarbeiter, die dem Unternehmen ebenfalls nicht mehr angehören".

"Wir gehen davon aus, dass einzelne Mitarbeiter sich durch rechtswidrige Handlungen zu Lasten der Karl Bau GmbH persönlich bereichert haben oder Drittfirmen Vorteile haben zukommen lassen", heißt es in einer Stellungnahme. Für dieses Fehlverhalten stehe die Firma ein, sagt Günther Karl. Er hält das Problem aber für kleiner als die Behörden.

Landratsamt: Es geht um 1,2 Millionen Tonnen

Das Landratsamt Passau nahm in den vergangenen Monaten Proben und errechnete, wie viele Tonnen Bauschutt unrechtmäßig entsorgt wurden und von der Firma Karl wieder ausgegraben werden müssen. Das Ergebnis: bis zu 1,2 Millionen Tonnen auf einer Fläche von 32.000 Quadratmetern. Das ist deutlich mehr Material, als zum Beispiel in der Gesa-Klinik verbaut war. Auswirkungen auf die Umwelt, etwa auf das Trinkwasser, prüft nun eine Fachbehörde.

Wie das Landratsamt auf 1,2 Millionen Tonnen kommt, kann sich die Firma Karl nicht erklären. Schriftlich heißt es: Der weitaus größte Teil des Materials bestehe aus natürlichen Rückständen aus der Kiesgewinnung. Und dieses Material sei mit Genehmigung nach Jederschwing gebracht worden.

Ermittlungen dauern vermutlich noch ein Jahr

Für Günther Karl, der sein Unternehmen 1966 als junger Mann gegründet hatte, geht es um viel. Im BR-Gespräch wirkt er aufgebracht und aufgewühlt. Die Vorwürfe wiegen schwer. Für Umweltdelikte und auch für Betrug sieht der Gesetzgeber bei einer Verurteilung eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder eine Geldstrafe vor. Die Staatsanwaltschaft schätzt, dass die Ermittlungen frühestens Mitte kommenden Jahres abgeschlossen werden. Bis zu einem Urteil gilt die Unschuldsvermutung.

💡 Die steile Karriere des Günther Karl

Günther Karl fing klein an: mit einem Bagger und einer Laderaupe. Heute beschäftigt seine Unternehmensgruppe 400 Mitarbeiter in 44 Firmen. Er besitzt nach eigenen Angaben Hunderte Immobilien, darunter ganze Gewerbegebiete, sieben Wasserkraftwerke, Fabriken und Werkshallen in ganz Deutschland.

Überregional machte sich Günther Karl in den 90er Jahren einen Namen, als er sich eine Methode einfallen ließ, mit der der "Schiefe Turm von Pisa" am Sinken gehindert werden konnte.

In Ostbayern ist Karl als der Mann bekannt, der mit dem Helikopter zur Baustelle fliegt. Seine Projekte sorgten immer wieder für Aufsehen. So zum Beispiel der Abriss einer Brücke in Deggendorf im Jahr 2000, die er nicht anhob, sondern entgegen der Absprachen nachts in die Donau stürzen ließ. Zuletzt machte der "Karl-Turm" in Deggendorf Schlagzeilen. Es ist das höchste Gebäude der Stadt, dessen Bau 2018 zeitweise gestoppt wurde, weil Baugrenzen überschritten worden waren.

Die Firma Karl Bau aus Hengersberg im Kreis Deggendorf soll giftigen Bauschutt illegal in einer Kiesgrube vergraben haben.
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