Auf einem Tisch eines Gymnasiums wird während eines Workshops von Schülerinnen und Schülern ein Plakat mit verschiedenen Begriffen wie "Barrierefreiheit" gestaltet zu ihren Vorstellungen für die Zukunft, und wie sie leben wollen.
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Symbolbild: Bayerische Grüne fordern mehr politische Bildung an Schulen

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Bayerische Grüne fordern mehr politische Bildung an Schulen

Die bayerischen Grünen fordern an allen Schulen im Freistaat mehr politische Bildung. Fraktionschefin Schulze sagte der dpa, dies müsse integraler Bestandteil des Lehrplans sein und solle ab der 5. Klasse zwei Stunden unterrichtet werden.

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Zur Stärkung der Demokratie fordern die Grünen in Bayern deutlich mehr politische Bildung an allen Schulen im Freistaat. An allen Schularten ab der 5. Klasse sollen zwei Stunden Politik und Gesellschaft unterrichtet werden. "Politische Bildung muss integraler Bestandteil des Lehrplans sein und sollte entsprechend mehr Zeit und Raum erhalten", sagte Fraktionschefin Katharina Schulze der Deutschen Presse-Agentur (dpa) in München. Zudem brauche es mehr qualifizierte Lehrkräfte für politische Bildung und Angebote der Mitbestimmungen für junge Menschen.

Bayern auf den letzten Plätzen im Vergleich zu anderen Bundesländern

Die Grünen begründen ihre Forderung unter anderem mit Studienergebnissen der Uni Bielefeld (Externer Link), wonach die Schüler in Bayern im bundesweiten Vergleich viel weniger Unterricht in politischer Bildung erhalten als in anderen Bundesländern. Demnach belegt Bayern seit Jahren die letzten Plätze des nationalen Rankings politischer Bildung am Gymnasium und an der nicht gymnasialen Sekundarstufe I. Ein Gymnasiast aus Nordrhein-Westfalen, Hessen oder Schleswig-Holstein habe etwa mehr als achtmal so viel Unterricht im Bereich politische Bildung wie Schüler und Schülerinnen in Bayern, so Schulze.

Schulze: "Feigenblatt-Idee des Verfassungs-Viertelstündchen"

Die bayerische Regierung liefere ein Paradebeispiel dafür, warum man bei der Demokratie-Bildung junger Menschen in Bayern noch nicht weiter sei, betonte Schulze. "Das zeigt die Feigenblatt-Idee des Verfassungs-Viertelstündchen pro Woche. So eine Druckbetankung in 15 Minuten kann nicht die einzige Antwort auf den Rechtsrutsch und den zunehmenden Populismus sein."

Das Kultusministerium will für die "Verfassungsviertelstunde" ein Konzept erarbeiten. Starten soll das Vorhaben dann im nächsten Schuljahr. Lehrerverbände sehen die Idee kritisch. Sie verwiesen auf den massiven Lehrermangel. Die Idee für eine "Verfassungsviertelstunde" kommt ursprünglich vom Bayerischen Landesverein für Heimatpflege.

Kritik an fachfremdem Unterricht

Problematisch sei aber nicht nur die Quantität der Bildungsangebote, auch bei der Qualität sehen die Landtags-Grünen Defizite, weil die Lehrer zu oft für das Fach "Politik und Gesellschaft" (PuG) nicht richtig ausgebildet seien, so Schulze. Aktuelle Zahlen dazu lägen nicht vor, da das Kultusministerium eine entsprechende Anfragen der Fraktion unbeantwortet ließ. Im Dezember 2022 teilte das Haus mit, dass im Schuljahr 2021/2022 an Realschulen rund 51 Prozent der Stunden fachfremd unterrichtet wurden. An Gymnasien waren es 10,2 Prozent.

Die fehlenden Fachkräfte sind laut den Grünen das Ergebnis fehlgeleiteter Studienangebote, weil das Unterrichtsfach PuG für Lehramt Gymnasium in Bayern nur in Kombination mit Deutsch oder Englisch studiert werden könne. Für Lehramt Realschule sei nur in Kombination mit dem Fach Wirtschaft möglich. Seit Jahren würden immer weniger Studierende das Fach anwählen. Es brauche daher dringend alternative Fächerkombinationen sowie ein verbindliches Modul "Politische Bildung" für alle Lehramtsstudierenden sowie eine entsprechende Ressourcenausstattung der Universitäten.

Mehr Klassenräte, Schulparlamente und Gedenkstätten-Besuche

Aus Sicht der bildungspolitischen Sprecherin der Fraktion, Gabriele Triebel, muss aber noch mehr geschehen, um die politische Bildung der Kinder und Jugendlichen zu verbessern: "Demokratie lernt man vor allem durch Mitmachen. Damit die Schulen keine 'demokratiefreien Zonen' bleiben, müssen Kinder und Jugendliche auch an Entscheidungsprozessen beteiligt werden", sagte sie. So brauche es eine feste Verankerung von Klassenräten und Schulparlamenten.

Ferner müssten mehr Schüler Gedenkstätten besuchen. "Gedenkstätten sind wichtige Lernorte, die den Jugendlichen die Bedeutung von Menschenwürde und demokratischen Grundrechten vermitteln", sagte Triebel. Aktuell würden aber nur ein Drittel der Mittelschüler, rund 40 Prozent der Realschüler und nur zehn Prozent der Förderschüler KZ-Gedenkstätten besuchen. Dem gegenüber stünden fast 70 Prozent der Gymnasiasten. Die Staatsregierung müsse daher allen Schülern unabhängig vom Geldbeutel der Eltern die Besuche ermöglichen.

In Bayern gilt für Gymnasiasten und Realschüler der 9. Jahrgangsstufe bereits eine Verpflichtung, ein ehemaliges Konzentrationslager zu besuchen. "Ausdrücklich empfohlen", aber nicht verbindlich vorgeschrieben sind KZ-Gedenkstättenbesuche derweil für Mittelschüler. Auf Anfrage des BR im April, warum für Mittelschulen keine Pflicht zum Besuch von KZ-Gedenkstätten besteht, hieß es damals vom Kultusministerium: "Ziele und Inhalte der Fachlehrpläne werden auf Basis des Profils der jeweiligen Schulart und der zur Verfügung stehenden Lernzeit entwickelt."

Mit Informationen von dpa

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