Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH) wird die bayerische Wolfsverordnung kippen. Das machte die Richterin deutlich.
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Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH) wird die bayerische Wolfsverordnung kippen. Das machte die Richterin deutlich.

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Bayerische Wolfsverordnung vor dem Aus

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (VGH) wird die bayerische Wolfsverordnung kippen. Das machte die Richterin deutlich. Die Begründung: formale Fehler. Das Urteil steht aber noch aus. Der Bund Naturschutz hatte gegen die Staatsregierung geklagt.

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Der Termin galt als die "juristische Feuertaufe" für die bayerische Wolfsverordnung. Das Urteil steht zwar noch aus. Doch die Richterin wird zum Abschluss der Verhandlung zwischen Bund Naturschutz (BN) und Staatsregierung deutlich. Sie stellt klar: Die bayerische Wolfsverordnung wird gekippt. Der Bund Naturschutz hatte geklagt, unter anderem weil die Naturschützer von der Staatsregierung nicht angehört worden waren. "Allein aus diesem Grund ist die Verordnung für unwirksam zu erklären", sagt die Richterin des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofes in München.

Urteil und Begründung mit Spannung erwartet

Das Urteil ergeht innerhalb der nächsten Tage, doch nach den Aussagen der Richterin steht es im Ergebnis bereits fest. Wie es der VGH begründen wird, ist jetzt die spannende Frage – geht es, wie von der Richterin bereits angekündigt, ausschließlich um formale Fehler oder fällt der VGH ein klares, wegweisendes Urteil für künftige mögliche Wolfsverordnungen? Oder gibt das Gericht zumindest Hinweise in der Begründung?

Bayerische Wolfsverordnung nie angewandt

Seit dem 1. Mai 2023 gilt in Bayern die neue Wolfsverordnung, die den Abschuss von Wölfen erleichtern soll. Sie wurde aber bisher nie angewandt. Der Wolf ist nach europäischem und deutschem Recht nach wie vor streng geschützt. In Bayern gibt es aktuell in zehn Regionen standorttreue Wölfe. Seit Mai gab es laut dem Landesamt für Umwelt drei Risse, die Wölfen zugeordnet wurden: Ende Juni zwei tote Ziegen im Landkreis Rhön-Grabfeld und Mitte Mai im selben Landkreis ein totes Schaf.

Die Rolle des Europäischen Gerichtshofes

Am Donnerstag (11. Juni) hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) grundsätzlich zum Thema Wolf entschieden. Das Urteil geht auf einen Fall in Österreich zurück. Das Bundesland Tirol erlaubte zwischen Juli und Oktober 2022 eine befristete Ausnahme vom Verbot der Wolfsjagd. Tirol gab einen Wolf zum Abschuss frei, der als 158MATK identifiziert wurde, um Verluste für die Nutztierhalter zu vermeiden, da das Tier etwa 20 Schafe getötet hatte.

Nationale NGOs fochten die Entscheidung der lokalen Behörden vor Gericht an. Das Tiroler Landesverwaltungsgericht forderte den Europäischen Gerichtshof auf, die Grenzen der Ausnahmeregelungen für das Jagdverbot zu klären.

Eine Ausnahmegenehmigung aus wirtschaftlichen Gründen kann laut EuGH nur erteilt werden, wenn sich die Wolfspopulation auf lokaler und nationaler Ebene in einem "günstigen Erhaltungszustand" befindet. Dies "ist in Österreich nicht der Fall", erklärte der Europäische Gerichtshof in seinem am 11. Juli veröffentlichten Urteil.

Streit über EuGH-Urteil

Beim VGH in München streiten BN und Staatsregierung, welche Rolle das Urteil des EuGH im Verfahren einnehmen soll. Zwischenzeitlich scheint die Richterin überzeugt, dass das Urteil so eindeutig sei, dass eine Abschussverordnung in Bayern erst gar nicht möglich sei, weil auch in Bayern kein günstiger Erhaltungszustand vorliege. Doch die Staatsregierung widerspricht deutlich. So "radikal" könne man das EuGH-Urteil nicht auslegen. Deshalb wird nun das Urteil (mit Begründung) mit Spannung erwartet. Bleibt es bei formalen Fehlern, so wäre eine neue Wolfsverordnung schnell umsetzbar. Folgt ein grundsätzliches Urteil zum Abschuss des Wolfs in Bayern, so könnte das künftig schwieriger werden.

Bauernverband und Bund Naturschutz wünschen sich klares Urteil

Im Nachgang an die klare Aussage der Richterin ist der Bund Naturschutz einigermaßen zufrieden, aber Jubel bricht auch nicht aus. Uwe Friedel, für Artenschutz zuständig, stellt gegenüber BR24 klar, dass die bayerische Wolfsverordnung zurecht vor dem Aus stehe. Die Verordnung "hilft den Wölfen nicht, hilft den Weidetierhaltern nicht. Und wir hoffen jetzt eben, dass zu einem faktenbasierten Wolfsmanagement zurückgekehrt wird“, sagt Friedel. Aber er wünsche sich auch ein klares Urteil. Ein Urteil, das sich allein auf formale Fehler stütze, sei zu wenig.

Ähnlich argumentiert der Bauernverband (BBV). Der BBV hätte sich das Bestehen der Verordnung zwar gewünscht. Allerdings heißt es auch dort, dass ein Urteil allein aufgrund formaler Fehler nicht weiterhelfe. Aus juristischen Gründen sei das nachvollziehbar, aber das sei "ein schlechter Tag für die betroffenen Nutztierhalter", sagt Carl von Butler, Generalsekretär des BBV gegenüber BR24. Er fordert eine neue Verordnung, "die den Umgang mit dem Wolf regelt".

Umweltminister: Neue Verordnung bereits in der Schublade

Zuständig bei der Staatsregierung ist Umweltminister Thorsten Glauber (FW). Im Interview mit BR24 kündigt er bereits eine neue Wolfsverordnung an. Durch die Weidetierhaltung habe Bayern einen besonderen Naturraum, sagt der Minister. "Diese Verantwortung will ich auch in Zukunft wahren und nicht ein Einzelindividuum wie den Wolf dafür schützen, damit am Ende die Weidewirtschaft verloren geht", sagt Glauber. Deshalb stehe er zu einer Wolfsverordnung, die auch den Abschuss beinhalte. Eine neue Wolfsverordnung liege bereits in der Schublade, sagt Glauber: "Die ist fertig." Außerdem bleibt er bei der Forderung, den Schutzstatus des Wolfes abzusenken.

Schutzstatus des Wolfs wird Politikum

Wie auch immer das Urteil begründet wird – schon jetzt ist klar, dass künftig noch heftiger gestritten wird über den Schutzstatus des Wolfs. Das ist dann eher eine politische Entscheidung (mit hohen Hürden) und weniger eine juristische.

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

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