Am 23. und 24. Mai 2024 jähren sich die Verkündung und das Inkrafttreten des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland zum 75. Mal.
Bildrechte: picture alliance / photothek.de | Janine Schmitz

Das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland wird am 23. Mai 2024 75 Jahre alt.

Per Mail sharen
Artikel mit Audio-InhaltenAudiobeitrag

Bayerischer Landtag feiert 75 Jahre Grundgesetz

Seit 1949 ist das Grundgesetz Fundament der deutschen Demokratie. Dabei wollte es Bayern anfangs gar nicht haben. Heute, 75 Jahre später, wird die deutsche Verfassung auch im Freistaat mit einem Festakt geehrt – und aufs Schärfste verteidigt.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Der Senatssaal im Maximilianeum ist gut gefüllt. Rund 300 geladene Gäste sind gekommen, um, wie es Hausherrin und Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU) ausdrückt, "dem Grundgesetz die Ehre zu erweisen". Das sei heute wichtiger denn je.

"Wir alle haben in jüngster Zeit Bilder in der Berichterstattung sehen müssen, auf denen mit Plakaten das Kalifat gefordert wird, wir haben O-Töne hören müssen, in denen von einer Wertediktatur die Rede war", sagt Aigner in ihrer Eröffnungsrede. "Und wir erleben täglich Versuche, den Geist unserer Verfassung von innen auszuhöhlen."

Aigner: "Wir wollen keinen anderen Staat"

In einer Demokratie gebe es Unzufriedenheit und Protest, das "permanente Verächtlichmachen", das laut Aigner "jegliches Maß verloren hat", sei jedoch "brandgefährlich". "75 Jahre hat das Grundgesetz [externer Link] uns geschützt, jetzt müssen wir das Grundgesetz schützen", fordert die Landtagspräsidentin.

Dabei hatte der Bayerische Landtag 1949 als einziges westdeutsches Landesparlament dem Grundgesetz nicht zugestimmt. Zu wenig Föderalismus lautete die Kritik damals. Die Bayern fürchteten sich vor zu großer Einflussnahme durch den Bund.

Herrmann: "Demokraten sind Hüter der Verfassung"

Heute sei man sich aber auch im Freistaat einig, dass das Grundgesetz ein "Glücksfall" in der Geschichte sei, betont Innenminister Joachim Herrmann (CSU) in seinem Grußwort. Sichere es doch als Fundament für ein stabiles politisches System Wohlstand und Frieden. Doch die im Grundgesetz verankerten Werte und Freiheitsrechte seien keine Selbstverständlichkeit.

"Politische Ränder erstarken, Populismus und Hetze gegen andere nehmen zu", stellt Herrmann fest und schickt einen Appell hinterher: "Die eigentlichen Hüter unserer Verfassung müssen die Demokraten in unserem Land sein." Diese Aufgabe könne man nicht an die Gerichte delegieren. "Wir alle müssen unsere Verfassung schützen." Demokratie brauche Mut und Tatkraft, Bekenntnis und Einsatz, so Herrmann.

Voßkuhle: "Rückschritt beginnt an Wahlurne"

Der Ehrengast und Festredner des Abends Andreas Voßkuhle war zehn Jahre lang Präsident des Bundesverfassungsgerichts. In seiner "Tour d'Horizon", wie Voßkuhle seine Rede nennt, zeigt er Stärken und Schwächen des Grundgesetzes auf, und damit auch der Demokratie: "In den meisten Fällen beginnt der demokratische Rückschritt an der Wahlurne: Demokratie ist auf Demokraten angewiesen. Das war in Weimar so, das ist auch heute so", sagt der Jurist.

Jeder solle im täglichen Umfeld für Demokratie werben und erklären, was es bedeute in so einem Staat zu leben. "Wenn Sie in Russland oder in China leben, können Sie ein sehr wohlhabender Unternehmer sein, aber von einem Tag auf den anderen von der Bildfläche verschwinden."

Das könne in einem freiheitlich demokratischen Rechtsstaat wie der Bundesrepublik Deutschland nicht passieren, sagt Voßkuhle und bringt eine Anekdote des ehemaligen britischen Premiers Winston Churchill: "Wenn morgens um vier Uhr bei mir geklingelt wird und ich weiß, das ist der Milchmann, dann lebe ich in einer Demokratie. Wenn ich das nicht genau weiß, dann lebe ich nicht in einer Demokratie."

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!