Das Gesetz zur Teil-Legalisierung von Cannabis gilt seit dem 1. April. Besitz und kontrollierter Anbau zum privaten Gebrauch sind damit künftig erlaubt, allerdings mit zahlreichen Einschränkungen. Im öffentlichen Raum bleibt der Besitz von 25 Gramm getrocknetem Cannabis straffrei. Anbau und Abgabe soll vorerst über Anbauvereine ermöglicht werden. Im Eigenanbau zu Hause sind bis zu 50 Gramm sowie drei Pflanzen erlaubt.
Empfehlung der Expertenkommission kam spät
Welche Regelungen künftig für Cannabis-Konsumenten im Straßenverkehr gelten sollen, ist aber noch nicht definiert: Erst am 28. März, sechs Tage nachdem der Bundesrat dem neuen Cannabis-Gesetz zugestimmt hatte, legte eine von Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) beauftragte Expertenkommission ihre Vorschläge für eine entsprechende Regelung vor.
Darin sprachen sich die Fachleute dafür aus, als Grenzwert eine maximale THC-Konzentration von 3,5 Nanogramm je Milliliter Blutserum festzulegen. Bei Erreichen dieses Wertes sei "nach aktuellem Stand der Wissenschaft eine verkehrssicherheitsrelevante Wirkung beim Führen eines Kraftfahrzeuges nicht fernliegend".
Bayerns Innenminister fordert kritische Überprüfung
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) kündigte nun jedoch Widerstand gegen eine Neuregelung an, die dem Rat der Expertenkommission folgen würde. Die Empfehlung der von Wissing eingesetzten Fachleute müsse kritisch überprüft werden, forderte Herrmann. "Statements renommierter Wissenschaftler, die sich klar gegen eine Änderung des THC-Grenzwertes aussprachen", seien nicht berücksichtigt worden. Die noch zulässigen Grenzen bei Cannabis ließen sich überhaupt nicht so einfach wie bei Alkohol bestimmen, weil der Abbau im Körper unregelmäßig verlaufe.
"Wir werden uns dafür einsetzen, dass die bisherige Regelungslage zum THC-Grenzwert nicht durch eine Gesetzesänderung aufgeweicht wird", sagte Herrmann der "Augsburger Allgemeinen". Eine Änderung des Straßenverkehrsgesetzes von solcher Tragweite müsse erneut dem Bundesrat zur Zustimmung vorgelegt werden.
Umgesetzt werden solle nur, was tatsächlich der Verkehrssicherheit diene, so Herrmann: "Hierzu zählt insbesondere, für Cannabis-Konsumenten ein absolutes Alkoholverbot am Steuer vorzusehen." Ein "Mischkonsum mit Alkohol" mache die Folgen unberechenbar, auch für Konsumenten, warnte Herrmann.
- Hintergrund: Ab wann Cannabis die Fahrtüchtigkeit einschränkt
Vorerst gilt alte Rechtslage weiter
Das bisherige absolute Verbot, unter Einfluss von Cannabis Auto zu fahren, gilt vorerst weiter. Ein konkreter Grenzwert wie jetzt vorgeschlagen oder wie 0,5 Promille bei Alkohol steht bisher nicht im Gesetz. Allerdings hat sich in der Rechtsprechung ein Richtwert durchgesetzt, nämlich 1,0 Nanogramm THC im Blut. Ab diesem Wert drohen Sanktionen: bis zu 3.000 Euro Geldbuße, bis zu drei Monate Fahrverbot, zwei Punkte in Flensburg. Ausgenommen ist Cannabis als Arzneimittel, das vom Arzt verschrieben wurde.
Polizisten beklagen mangelnde Rechtssicherheit
Zudem sei Cannabis-Konsum im Vergleich zu Alkohol schwieriger zu messen: Der THC-Gehalt sei noch nachweisbar, wenn die berauschende Wirkung längst nachgelassen habe, so Mediziner. Der neue Polizeibeauftragte des Bundes, Uli Grötsch (SPD), sieht daher die Innenminister der Länder in der Pflicht, schnell Klarheit bei den Cannabis-Kontrollen im Verkehr zu schaffen: Ein Atemalkoholtest sei einfach, beim Cannabis sei das komplizierter, sagte Grötsch der "Rheinischen Post".
Auch die Gewerkschaft der Polizei beklagte mangelnde Rechtssicherheit - und fehlende Ausstattung für Cannabis-Kontrollen. Es bestehe "mangelnde Handlungssicherheit auf allen Seiten", sagte der GdP-Vizevorsitzende Alexander Poitz der "Rheinischen Post". Es fehlten zudem "Feinwaagen zur Kontrolle der mitgeführten Menge und moderne Analyseinstrumente, um den THC-Gehalt zu bestimmen".
Mit Informationen von dpa und AFP
Im Video: Streit um Cannabis im Straßenverkehr
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