In Bayern gibt es immer mehr politisch motivierte Straftaten aus dem rechtsextremen Lager. Laut Bayerischem Innenministerium gingen im letzten Jahr 3.612 von insgesamt 7.680 Straftaten mit politischem Hintergrund auf das Konto von Rechtsextremisten. Dies entspricht einem Anteil von 47 Prozent und ist der höchste Wert seit 2019. Das geht aus einer Auswertung des Innenministeriums auf Anfrage der Grünen im Landtag hervor, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegt.
Statistik: Zahl rechtsextremer Taten gestiegen
Zum Vergleich: 2023 standen 3.055 rechtsextreme Straftaten einer Gesamtzahl von 8.041 gegenüber. 2019 gab es insgesamt 4.560 politisch motivierte Straftaten in Bayern, davon 2.503 Fälle der Kategorie "rechts". Auf die Kritik, dass antisemitische Straftaten lange pauschal in die Kategorie "rechts" gezählt wurden, wurde mittlerweile reagiert. Antisemitische Straftaten, bei denen kein Anhaltspunkt für eine linke, rechte, ausländische oder religiöse Ideologie als Tatmotivation vorliegen, würden nun im Phänomenbereich der Politisch Motivierten Kriminalität (PMK)-‚sonstige Zuordnung‘ erfasst, so das Bayerische Innenministerium auf BR-Anfrage.
Grünen-Politiker Bozoğlu: Dringend Maßnahmen nötig
"Dass die politisch motivierten Straftaten aus dem rechten Spektrum zum zweiten Jahr in Folge ein Höchstniveau erreicht, ist ein nicht zu überhörendes Alarmsignal", sagt Cemal Bozoğlu, Sprecher für Strategien gegen Rechtsextremismus der Landtags-Grünen. Das aufgeheizte politische Klima befeuere Straftäter mit rechter Gesinnung. "Das darf nicht verharmlost werden." Die Staatsregierung müsse die Gefahren richtig einordnen und "dringend restriktive wie präventive Maßnahmen" einleiten.
Aus dem Bayerischen Innenministerium heißt es auf BR-Anfrage, seitens der Bayerischen Staatsregierung würden bereits zahlreiche Anstrengungen unternommen und Maßnahmen getroffen, um Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus zu bekämpfen. Zudem habe man das Bayerische Landeskriminalamt beauftragt, die Entwicklungen zu analysieren und zu prüfen, welche Maßnahmen als unmittelbare Reaktion hierauf getroffen werden könnten. "Jede politisch motivierte Straftat ist eine zu viel", so das Ministerium.
Mord und Totschlag offenbar kein Tabu
Wie brutal politisch motivierte Straftäter vorgehen und dass sie auch vor Mord und Totschlag nicht zurückschrecken, zeigte eine andere Antwort des Innenministeriums auf eine Anfrage der Landtags-SPD. Demnach gab es zwischen 2016 und Ende 2024 insgesamt 27 entsprechende Vorfälle: Die Bandbreite reicht von einem am Ende glimpflich ausgegangenen Schubsers auf die U-Bahn-Gleise in Nürnberg samt antisemitischer Beschimpfungen bis zum sogenannten Polizistenmord in Georgensgmünd, wo ein Beamter des Spezialeinsatzkommandos Nordbayern von einem "Reichsbürger" erschossen wurde.
In Summe gehen die meisten der Fälle auch auf das Konto rechter Täter (12), gefolgt von ausländischer Kriminalität (7), religiöser Kriminalität (5), ausländischer Ideologie (2) und aus dem linken Spektrum (1). "Wir müssen entschlossen und hart gegen diese Täter vorgehen, denn die Zahlen sind erschreckend. Gerade auch die Gewalttaten durch Nazis und Rechtsextremisten", sagt Florian von Brunn (SPD).
Auch mehr Straftaten mit Bezügen zum Ausland
Generell nimmt die Kriminalität mit sogenannter "auslandsbezogener Ideologie" stark zu. 2021 lag die Zahl noch bei 69 Fällen, 2024 sind es bereits 548. Hierunter fallen Straftaten im Zusammenhang mit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine oder palästinensischem Extremismus. Ein Erklär-Ansatz dafür ist der Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 und der sich anschließenden Gegenreaktion des israelischen Militärs im Gazastreifen.
Rückgänge in manchen Bereichen
Dagegen sank von 2023 auf 2024 die Zahl der Straftaten im Bereich "sonstige Zuordnung", wo etwa Delikte von sogenannten Reichsbürgern und Coronaleugnern erfasst werden - von 3.444 Straftaten auf 2.607 Straftaten. Auch bei Straftaten von Tätern, die dem linken Milieu zugeordnet werden, ist der Trend rückläufig: 727 im vergangenen Jahr stehen etwa 868 im Jahr 2023 und 1.328 im Jahr 2019 gegenüber.
Ruf nach mehr Prävention und Ermittlern
"Die aktuellen Zahlen belegen: Islamistischer Terror schürt gezielt Angst bei den Menschen – und diese Angst wird von rechtsextremen und rechtspopulistischen Kräften für ihre Zwecke missbraucht", sagte Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze. Die gefährliche Dynamik sich gegenseitig befeuernder Straftaten müsse durchbrochen werden – mit Prävention und einer modernen, gut ausgestatteten Sicherheitsinfrastruktur. "Polizei und Verfassungsschutz brauchen dringend mehr digitale Ermittler, um auch in sozialen Netzwerken effektiv gegen Extremismus vorzugehen."
In Bayern gibt es immer mehr Straftaten aus dem rechten Lager.
Mit Informationen von dpa
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