Die bayerische Staatsregierung hat sich in der Kabinettssitzung am Donnerstag auf gelockerte Corona-Maßnahmen verständigt. Die nächtliche Ausgangssperre soll künftig nur in Regionen mit einer Inzidenz über 100 gelten und erst ab 22 Uhr. Zudem können Grundschulen und Kitas bereits ab dem 22. Februar wieder öffnen. Auch da gilt die Inzidenz von 100. Der Lockdown wird auch in Bayern bis zum 7. März verlängert.
Söder: "Lage für Bayern hat sich deutlich verbessert"
Söder begann mit einer guten Nachricht: "Die Lage für Bayern hat sich deutlich verbessert", die dunklen Stunden des Dezembers seien vorbei. Söder fuhr fort, die Menschen seien müde, gestresst und genervt. Eigentlich sei eine No-Covid-Strategie wie in Neuseeland oder Australien am besten, so Söder. Doch man müssen auch die Menschen im Blick haben.
Es gehe nun darum, bei den Öffnungen klug vorzugehen und aber auch Perspektiven aufzuzeigen. Dabei sei die 7-Tage-Inzidenz der entscheidende Punkt.
Ausgangssperre bei Inzidenz über 100 und erst ab 22 Uhr
Die nächtliche Ausgangssperre habe sich als extrem wirksam erwiesen. Aufgrund der positiven Entwicklung bei den Corona-Zahlen gelte die Ausgangssperre ab kommendem Montag aber nur noch in Corona-Hotspots mit einer 7-Tage-Inzidenz ab 100 – und dann auch nicht mehr ab 21 Uhr, sondern erst ab 22 Uhr bis 5 Uhr. Wo die Inzidenz seit sieben Tagen unter 100 liegt, gilt keine nächtliche Ausgangssperre mehr.
Die nächtliche Ausgangssperre in Bayern war zuletzt immer mehr ins Wanken geraten, nachdem in Baden-Württemberg der Verwaltungsgerichtshof die Verordnung gekippt hatte.
Grundschulen und weitere Abschlussklassen öffnen ab 22. Februar
Gestern noch hatte Ministerpräsident Markus Söder (CSU) beim Corona-Gipfel bekräftigt, bei der Öffnung von Schulen und Kindertagesstätten vorsichtiger als andere Bundesländer zu sein. Nun ist der Präsenzunterricht an bayerischen Schulen bereits ab dem 22. Februar wieder möglich.
Das gilt nun zusätzlich auch für Abschlussklassen an Realschule (10. Klasse) und Mittelschulen (9. und 10. Klasse), dort soll es dann Wechselunterricht geben, aber nur wo die 7-Tage-Inzidenz unter 100 liegt. Gleiches gelte für Grundschulen, dort könne ab dem 22. Februar wieder Wechselunterricht stattfinden. Für Abschlussklassen in Gymnasien und FOS/BOS gilt der Wechselunterricht bereits.
Wechselunterricht ab 22. Februar – Präsenzunterricht, wo möglich
An Schulen, wo der Abstand von 1,5 Metern möglich sei, werde der Unterricht im Präsenzunterricht stattfinden und nicht nur im Wechselunterricht, so Kultusminister Michael Piazolo (Freie Wähler) auf der Pressekonferenz.
Wenn eine Schülerin oder ein Schüler aber Angst habe vor Präsenzunterricht, dann werde man entsprechende "großzügige Regelungen" finden, so Piazolo. Lehrkräften würden zudem gemäß den Beschlüssen des Bundes medizinische Masken zur Verfügung gestellt.
Corona-Testkonzept für Schulen und Kita-Personal
Wesentlicher Bestandteil eines neuen Testkonzepts für Schulen und Kitas seien Selbsttests für das dortige Personal. Zweimal pro Woche sollen sich Lehrkräfte und Kita-Personal selbst auf das Virus testen lassen können. Schülerinnen und Schüler ab 15 Jahren erhalten dann einen freiwilligen Selbsttest pro Woche.
Schule sei kein "Versuchslabor", dennoch wolle man die Bildungsqualität halten, so Söder auf der Pressekonferenz am Donnerstag. Aber man müsse auch Schäden bei kleineren Kindern im Blick haben und sich um nicht so bildungsstarke Familien kümmern.
Auch Kitas dürfen ab dem 22. Februar wieder öffnen, wo die Inzidenz es möglich mache. Eltern, die aus freien Stücken ihre Kinder nicht in die Betreuungseinrichtungen bringen, sollen die Gebühren vorläufig weiter erstattet werden, so Söder. Dem Personal in Kinderbetreuungseinrichtungen wird empfohlen medizinische Masken zu verwenden.
"Mutationsgebiete": Söder will Grenzkontrollen zu Tschechien und Tirol
Die stärker ansteckende Coronavirus-Variante aus Großbritannien hat nach Angaben von Söder in einigen ostbayerischen Regionen bereits die Oberhand gewonnen. In den nordostbayerischen Regionen Hof, Wunsiedel und Tirschenreuth an der Grenze zu Tschechien betrage der Anteil der Mutation an den positiven Fällen der aus Tschechien eingereisten Personen bereits 40 bis 70 Prozent.
Söder sagte, man wolle mit Sachsen und dem Bund zusammen beraten, um Tschechien und Österreich zu Mutationsgebieten erklären zu können. Dann wäre eine Einreise nur noch mit negativem Test möglich. Söder sprach in diesem Zusammenhang von "stationären Grenzkontrollen". "Dies kann unsere Sicherheit deutlich verbessern", sagte Söder.
Wenige Stunden später hat das Bundesinnenministeriums Tschechien und Tirol dann als sogenannte Virusmutationsgebiete eingestuft und Grenzkontrollen ab Sonntag angekündigt.
Söder und Aiwanger: Vorerst keine Öffnungen im Handel
Zu möglichen Öffnungen im Handel gaben sich Ministerpräsident Söder und Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger wortkarg. Dass die Friseure ab 1. März öffnen dürften - dieses "großartige und sinnvolle Handwerk", das ja auch etwas mit Hygiene und Würde zu tun habe – bedeutet für Söder keinen Öffnungsautomatismus für den Handel. Denn: ohne Mutationen schaue es zwar "gut aus". Aber: erst ab 3. März wollten sich die Ministerpräsidenten zusammen mit der Bundesregierung überlegen wie es mit dem Handel weitergehe, so Söder.
Wirtschaftsminister Aiwanger klagte, den Unternehmen und Mitarbeitern gehe zunehmend die Geduld aus. Und: er hätte sich von den Berliner Beschlüsse mehr erwartet. So hätte Aiwanger die Friseure gerne zum 15.2., und die Geschäfte "zeitnah" geöffnet. Also nicht erst irgendwann im März. Aber Aiwanger sagt auch, er glaube, "dass wir im Rahmen dessen was wir in Bayern entscheiden können einen sehr tragbaren und vernünftigen Kompromiss gefunden haben".
Bayerische Impfkommission kommt
Durch die Mutationen habe das Coronavirus einen "Raketenantrieb" bekommen, so Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU). Man werde in Pilotprojekte einsteigen, was das Pooling bei Corona-Tests angehe. Außerdem werde in Kürze eine neue Bayerische Impfkommission am Klinikum der Universität München (LMU) angesiedelt. Die Kommission soll "sachgerechte und medizinisch fundierte Einzelfallentscheidungen zur Impf-Priorisierung treffen".
Bürgerinnen und Bürger, die der Ansicht sind, ihre Erkrankung sei in der Verordnung nicht angemessen abgebildet, können hierzu dann einen Antrag stellen.
Söder mit Regierungserklärung am Freitag
Am Vormittag hatte sich Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) im Bundestag erklärt. Vor den Abgeordneten des Bundestages verteidigte sie die Verlängerung des Lockdown bis zum 7. März. Die weiteren Kontaktbeschränkungen seien geeignet, erforderlich und verhältnismäßig, betonte Merkel, und zwar deshalb, weil es eine neue Gefahr gebe: die Virus-Mutationen. Immer wieder wurde die Regierungserklärung durch Zwischenrufe der Opposition gestört.
Am Freitag wird sich erneut der Bayerische Landtag im Rahmen einer Sondersitzung mit den Corona-Beschlüssen befassen. Ministerpräsident Söder hält dazu eine Regierungserklärung, im Anschluss folgt die Landtagsdebatte. BR24 überträgt im Livestream.
Hier gibt's die Pressekonferenz des bayerischen Kabinetts nochmal zum Nachschauen:
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