Was die Versorgung mit Bussen und Bahnen anbelangt, war der Landkreis Dingolfing-Landau vor zwei Jahren bei einer Studie auf dem deutschlandweit letzten Platz gelandet. Das soll sich ab heute ändern: In dem niederbayerischen Landkreis nimmt das Rufbussystem namens "LanDi" den Betrieb auf. Ein ähnliches ÖPNV-System aus Oberbayern zeigt jedoch, dass solche Projekte auch Probleme mit sich bringen können.
"LanDi" per App oder Telefon buchen
Alles, was man für die Nutzung von "LanDi" braucht, ist eine Handy-App, in der man Start- und Zieladresse eingibt. Es gibt sie in den gängigen App-Stores unter "LanDi – Flexibel Unterwegs" zum Download. Menschen ohne Smartphone können das neue ÖPNV-Angebot auch telefonisch buchen. Zum Start sind alle Fahrten bis einschließlich 11. November kostenlos.
"LanDi" funktioniert wie ein Sammeltaxi, das Fahrgäste nach Bedarf abholt, wo und wann immer sie es benötigen. Man gibt einfach die Abhol- und Zieladresse an und "LanDi" bietet verschiedene Fahrtoptionen. Man wählt die bequemste Route aus und wird vom Fahrer an einem nahegelegenen Haltepunkt abgeholt.
Das neue Angebot ermöglicht Fahrten im gesamten Landkreis, Ausnahme sind die beiden Städte Dingolfing und Landau, die ein eigenes Stadtbussystem haben. Dort sind möglicherweise Umstiege in die jeweiligen Stadtbusse nötig.
Was kosten Fahrten mit dem neuen Rufbus?
Nach der kostenlosen Einführungsphase bis 11. November kostet der Grundpreis für Erwachsene 2,20 Euro, Kinder und Senioren zahlen die Hälfte. Für alle drei weiteren Kilometer werden 80 Cent für Erwachsene und 40 Cent für Kinder bis 14 Jahren fällig, Kinder unter sechs Jahren fahren kostenlos. Im "LanDi" gilt auch das Deutschlandticket.
Das neue Rufbustaxi ist von Montag bis Freitag von 6 bis 21 Uhr, samstags von 8 bis 18 Uhr sowie sonntags und an Feiertagen von 8 bis 18 Uhr verfügbar. "LanDi"-Fahrten können bis zu sieben Tage voraus gebucht werden.
Landkreis verspricht "Quantensprung" im ÖPNV
Der Landkreis verspricht mit dem neuen ÖPNV-Rufbussystem, das heute startet, einen "Quantensprung" im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV). Es sei eines der innovativsten ÖPNV-Konzepte in ganz Deutschland.
Landrat Werner Bumeder (CSU) sagt, mit dem neuen ÖPNV-System "LanDi" soll die Wende im ÖPNV eingeleitet werden: "LanDi markiert einen Meilenstein im Landkreis." Man könne nun den ganzen Landkreis mit einem perfekt auf die Bedürfnisse der Bürger zugeschnittenen öffentlichen Nahverkehr bedienen. Damit hätten alle eine flexible und kostengünstige Möglichkeit, auf das Auto zu verzichten.
Erfolgskonzept Rufbus ?
Aber: Funktioniert das Rufbus-System wirklich, wenn man Kosten und Nutzen abwägt? Ein Beispiel aus Oberbayern zeigt, dass hochgepriesene Projekte im Laufe der Zeit auch Probleme bekommen können. In Murnau im Landkreis Garmisch-Partenkirchen nämlich: Dort war vor drei Jahren "Omobi" gestartet – ein Rufbus-Angebot für die Bevölkerung auf dem Land. "Omobi" galt als Pionier-Projekt für die Mobilitätswende. Es erhielt Preise und war zunächst ein Erfolgsmodell.
Doch obwohl 120 Personen täglich damit fuhren, sollte "Omobi" eingestellt werden. Der Gemeinderat hatte sich Anfang dieses Jahres für das Aus des Rufbusses entschieden. Die Gründe: zu teuer und zu ineffektiv.
Viele Bürger jedoch wollten ihren Rufbus behalten. Per Unterschriftsammlung bewirkten sie, dass ein Ende des Vertrags mit "Omobi" noch einmal gründlich überdacht wurde. Denn die Flexibilität werde geschätzt, hieß es im Antrag. Gerade älteren Bürgern und Einwohnern im Randbereich schenke der Rufbus eine noch nie dagewesene Mobilität.
Die Gemeinderäte hörten sich zwar die Einwände der Bürger an, blieben aber dennoch bei ihrer Entscheidung, den Vertrag zu beenden. Der Rufbus in Murnau wurde trotzdem noch gerettet - in einem Bürgerentscheid sprach sich Ende Juli eine große Mehrheit der Murnauer für die Weiterführung des Omobi aus.
Transparenzhinweis: In einer früheren Version des Artikels stand, dass der Vertrag nicht verlängert werden sollte.
💡 Schlechtester ÖPNV in ganz Deutschland
Nirgendwo in Deutschland ist das Netz an Bahnen und Bussen aus Sicht der "Allianz pro Schiene" dünner als in Ostbayern. Wie aus einem 2021 veröffentlichten Ranking des Vereins hervorgeht, sind unter den bundesweit fünf am schlechtesten mit öffentlichem Nahverkehr ausgestatteten Landkreisen vier aus Niederbayern. Schlusslicht ist der Landkreis Dingolfing-Landau.
Der Verein beruft sich mit seiner Auswertung auf Daten des Bundesinstituts für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR). Dieses berechnete den Angaben nach den Anteil der Bevölkerung, der in 600 Metern Luftlinie bis zu einer Bushaltestelle oder 1.200 Metern zu einem Bahnhof lebt. Herangezogen wurden Stationen, die werktags mindestens zehn Fahrten pro Richtung anbieten.
Der Erhebung nach haben im Landkreis Dingolfing-Landau nur 29,1 Prozent der Menschen entsprechenden Zugang zum öffentlichen Nahverkehr. Ebenfalls schlecht abgeschnitten haben die Landkreise Straubing-Bogen (38,9 Prozent), Rottal-Inn (48,4 Prozent) und Landshut (51,3 Prozent).
Die Allianz pro Schiene ist ein Zusammenschluss von mehr als 180 Verkehrs- und Umweltverbänden sowie privaten Eisenbahnunternehmen.
(Studie der "Allianz pro Schiene" vom September 2021)
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