Die Fahrpläne: ausgedünnt. Die nächste Bushaltestelle: kilometerweit entfernt. Der örtliche Bahnhof: schon lange verwaist. Je ländlicher die Region, desto überschaubarer die Busverbindungen. Der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) ist vielerorts in Bayern ein Problem. Zwar gibt es im Freistaat rund 40.000 Bushaltestellen und 3.500 ÖPNV-Linien. Doch es sind zu wenig, um überall einen Umstieg von Auto auf Bus und Bahn zu ermöglichen.
BR24 hat nachgefragt und recherchiert, was bei Ihnen vor Ort die größten Probleme sind. Die ganze Woche über stellen wir konkrete Beispiele vor: Wo würden die Menschen gerne auf öffentliche Verkehrsmittel umsteigen, können es aber nicht, weil es zu wenig Angebote gibt? Wo sind die Verbindungen so schlecht, dass man mit dem Auto dreimal so schnell ist? Wir blicken aber auch dorthin, wo es gut läuft.
Sie fahren Zug, Bus, U-Bahn und Tram? Wo fährt nichts? Was läuft aus dem Takt? Wo funktioniert es gut? Posten Sie Ihre Erlebnisse unten in den Kommentaren - oder schreiben Sie uns eine Email unter community@br24.de
Abgeschnitten: Keine Bushaltestelle, keine direkte Zuganbindung
Da ist zum Beispiel die 65-jährige Marietta Koch, die sieben Jahre in der Klinik Höhenried am Starnberger See gearbeitet hat. Viele Mitarbeiter und Patienten würden gerne mit den öffentlichen Verkehrsmitteln anreisen, sagt sie, doch eine Bushaltestelle gibt es nicht. Der nächste S-Bahnhof ist sechs Kilometer entfernt.
"Einfach nix" gibt es auch im niederbayerischen Oberroning, berichtet Manja Köckritz. Ihre Tochter pendle jeden Tag zehn Kilometer zum Zug, mit dem sie dann nach Landshut in die Schule fahren kann. Ehemann Mario arbeitet im dreißig Kilometer entfernten Neustadt an der Donau. Eine ÖPNV-Verbindung gebe es nicht, mit dem Rad brauche er eineinhalb Stunden. Deshalb nimmt er das Auto.
Zwei Stunden Pendeln: 20-Jähriger macht genervt Führerschein
ÖPNV-Frust hat auch der 20-jährige Jannik aus Unterfranken, der genervt seinen Führerschein macht, weil er mit den Öffentlichen zwei Stunden in die Arbeit brauche. Denn um in die Arbeit nach Karlstadt zu kommen, müsse er erstmal von seinem Wohnort aus mit dem Bus in die entgegengesetzte Richtung nach Lohr fahren, um zum Zug zu kommen. Jannik, der aus dem unterfränkischen Steinfeld im Landkreis Main-Spessart kommt, hofft nun, dass ihm "mit dem Führerschein das ÖPNV-Schicksal auf Dauer erspart bleibt".
Im Landkreis Traunstein ist die Situation nicht viel anders: Max Klein wohnt dort in Taching am See. An den Wochenenden sei man hier "abgeschnitten von der Außenwelt". Der einzige Bus fahre Samstagfrüh um sieben Uhr. "Das war’s fürs Wochenende", so Klein. Man könne am Wochenende weder zum Einkaufen, noch Veranstaltungen besuchen, gar nichts.
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Mit dem ÖPNV-Ticket in die Münchner U-Bahn steigen
Doch es gibt in Bayern auch die Orte, wo öffentliche Verkehrsverbindungen gut funktionieren oder sich Gemeinden mit innovativen Ideen selbst helfen. In eineinhalb Stunden kommt man beispielsweise mit der Buslinie 602 von Mainburg in der Hallertau nach München. Der Clou: Mit dem Mainburger Ticket kann man auch Teile der Münchner Busse und U-Bahnen nutzen.
In Fürstenfeldbruck gibt es neben S-Bahn ein MVV-Ruftaxi: Das kommt auch dann, wenn Busse und Bahnen schon stillstehen. Zudem wurde das Buslinien-Angebot im gesamten Landkreis deutlich ausgebaut.
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Der "LandBus" in Hof: Bestellt und abgeholt
Ein ähnlich flexibles Angebot gibt es im Landkreis Hof: Dort fährt seit Februar der "LandBus" - ohne festen Fahrplan, dafür ganz flexibel. 280 Haltestellen fährt er an, je nach Bedarf. Per App kann man den Bus bestellen. Ist die Fahrt gebucht, kommt der Bus an die gewünschte Haltestelle. In der App kann man auch einsehen, wo sich der Bus gerade befindet und wann er anhält. Der "LandBus" fährt täglich zwischen 6 und 23 Uhr, die Fahrt kostet drei Euro.
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Per Seilbahn zum sieben Kilometer entfernten Bahnhof
In Kelheim will man den ÖPNV mit einer Seilbahn unterstützen. Weil Kelheim neben Tirschenreuth die einzige bayerische Kreisstadt ohne eigenen Bahnhof ist, fahren die Kelheimer meist mit dem Auto zum Bahnhof nach Saal an der Donau.
Das soll sich ändern. Für 28 Millionen Euro will man eine fünf Kilometer lange Seilbahn bauen – von Kelheim über die Donau zum Saaler Bahnhof. Vierzig Gondeln mit einer Geschwindigkeit von 25 Stundenkilometern, in die man alle dreißig Sekunden einsteigen kann, so die Vision des Projektbeauftragten Stefan Grüttner. Nach erfolgreicher Machbarkeitsstudie kann die Kreisstadt beim Bund einen Förderantrag stellen.
Tut die Politik genug?
Jährlich unterstützt der Freistaat die Kommunen mit rund 95 Millionen Euro, damit diese in den ÖPNV investieren. Bis zum Jahr 2030 will Bayern die Zahl der Fahrgäste im Öffentlichen Nahverkehr verdoppeln. Zu diesem gemeinsamen Ziel von Bund und Ländern hat sich auch die bayerische Staatsregierung bekannt. Doch bis dahin fehlt noch einiges.
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