Vor fast genau vier Wochen hat sich der bayerische Landesverband der Partei "Bündnis Sahra Wagenknecht" (BSW) gegründet – heute haben die Mitglieder des Verbands eine Landesliste für die kommende Bundestagswahl im Februar aufgestellt. Auf den ersten Landeslistenplatz wurde Klaus Ernst mit 77,9 Prozent der abgegebenen Stimmen gewählt. Der 70-Jährige ist gleichzeitig auch einer von zwei Vorsitzenden des bayerischen Landesverbands. Er war früher Bundesvorsitzender der Partei "Die Linke". Für die erste Bundestagswahl der jungen Partei erwartet er "ein gutes Ergebnis" – konkret nannte er im Gespräch mit dem Bayerischen Rundfunk eine Zahl von fünf Prozent der bayerischen Stimmen.
Themen: Renten, Krieg und Mieten
Inhaltlich nannte er vier Dinge, die der Partei wichtig wären: ein Rentensystem, bei dem alle einzahlen, das Ende des Kriegs in der Ukraine sowie eine Verringerung der Mieten – vor allem in Großstädten. Außerdem: "Wir merken, dass die Leute sagen: Wenn ich eine bestimmte Position äußere, dann werde ich inzwischen in die faschistische Ecke gestellt oder als Putin-Knecht bezeichnet. Diese Einengung des Meinungskorridors halten wir für fatal. Und wir wollen, dass die aufhört".
Listenplatz 2 geht an ehemalige Linken-Politikerin
Den zweiten Listenplatz holte sich die 36-jährige Simone Ketterl aus Utting am Ammersee. Auch sie gehörte bis Anfang des Jahres der Linken-Partei an und wechselte dann zum BSW. Sie wurde mit etwas mehr als 56 Prozent der Stimmen gewählt. "Wir müssen auf Abrüstung setzen statt auf endlose Rüstungsspiralen", sagte sie in ihrer Vorstellungsrede. Es brauche eine Politik, die Brücken baut, so Ketterl weiter.
Für denselben Listenplatz hatte auch die Wirtschaftswissenschaftlerin und politische Quereinsteigerin Sylvia Kreiß aus Würzburg kandidiert. Sie war zuvor auch vom Vorstand des Landesverbands vorgeschlagen worden, konnte aber nur etwa ein Drittel der Stimmen auf sich vereinen.
Generalsekretär: "Unsere große Geschlossenheit ist die Stärke"
Klaus Ernst und auch der Generalsekretär der Partei, Christian Leye, betonten in ihren Reden den Zusammenhalt in der Partei. "Unsere große Geschlossenheit ist die Stärke", sagte Leye auf der Bühne im Hinblick auf das, was das BSW bisher erreicht hat: den Sprung über die Fünf-Prozent-Marke bei ihrer allerersten Europawahl oder auch die Beteiligung in der Brombeer-Koalition in Brandenburg.
Geschlossenheit lässt sich aber auch anders verstehen: Die Partei lässt derzeit kaum neue Mitglieder zu. Der bayerische Landesverband zählt derzeit etwa 100 Mitglieder, der Verband in Hessen zählt beispielsweise nur rund 60 Mitglieder. Neue Mitglieder werden handverlesen. Das Ziel dieser Taktik ist es, Störenfriede in diesem empfindlichen Findungsprozess, in dem sich die Partei befindet, draußen zu halten. "Erst im weiteren Verlauf, wenn die Partei stärker ist, wenn sie sich etabliert hat, wenn sie Strukturen hat, die schon fest sind, dann kann man auch bestimmte Rollen von Vorständen an die Mitglieder selbst abgeben", skizzierte Klaus Ernst das weitere Vorgehen.
Nicht viel Zeit
Für die junge Partei und den noch jüngeren bayerischen Landesverband stehen nun herausfordernde Zeiten an: Zunächst braucht es noch ein Wahlprogramm, das auf einem Bundesparteitag verabschiedet werden muss – und zwar schnell. "Dann hoffen wir, dass wir den richtigen Ton treffen", so Ernst. Und dann folgt noch die ganze eigentliche Organisation des Wahlkampfes an sich.
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