"Wir werden den Bundestag zum größten Rathaus der Republik machen." Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger hat diesen Satz zu seinem persönlichen Wahlkampfklassiker gemacht. Er kommt in jeder Rede vor und beschreibt das, was die Partei ihre DNA nennt: bürgernah und kommunal verankert.
Die Freien Wähler (FW) stellen bundesweit vergleichsweise viele Bürgermeister und Landräte. Das betont Aiwanger auch bei der Vorstellung des Wahlprogramms in Landshut in Niederbayern. Sie seien eben keine Berufspolitiker, sondern Bürger, "die mit beiden Beinen im Beruf und im Leben stehen", heißt es im Programm. "Genau das macht uns anders als andere Parteien." Auch anders als die Union, wie Parteichef Aiwanger betont.
Wirtschaft und Mittelstand im Fokus
Inhaltlich setzen Union und Freie Wähler auf gleiche Themen: Wirtschaft und innere Sicherheit. Im Wahlprogramm mit dem Titel "Verantwortung für Deutschland" widmen sich die FW besonders dem Mittelstand. Sie fordern Steuererleichterungen für kleine und mittlere Unternehmen, Bürokratieabbau und die Abschaffung der Erbschaftssteuer. Auch landwirtschaftliche Betriebe sollen von niedrigeren Steuern profitieren, für "aufwendige Umweltleistungen" müssten sie besser entlohnt werden.
Mehr Netto vom Brutto
Arbeitnehmer sollen durch einen höheren Steuerfreibetrag von 2.000 Euro monatlich entlastet werden. Aktuell liegt der Freibetrag bei rund 1.000 Euro. "Leistung muss sich wieder lohnen", so die Partei. An der Schuldenbremse wollen die FW trotz geplanter Steuersenkungen festhalten. Stattdessen solle an "unkoordinierten Sozialausgaben im Bereich Bürgergeld und Migration" gespart werden, sagt Aiwanger in Landshut. Das Bürgergeld müsse dringend reformiert werden, um Arbeitsanreize zu erhöhen – konkrete Details fehlen jedoch im Wahlprogramm.
Im Video: Das Wahlprogramm der Freien Wähler
Freie Wähler
Starke Kommunen und mehr Bürgerbeteiligung
Als selbsternannte "Bürgermeisterpartei" setzen die Freien Wähler zudem auf "starke, eigenverantwortliche Kommunen mit einer guten Finanzausstattung". Der Bund dürfe die Gemeinden nicht mit neuen Aufgaben überhäufen, ohne für ausreichend Finanzmittel zu sorgen. "Wer anschafft, zahlt", müsse das Motto sein.
Die Kommunen sollen künftig auf Bundesebene enger in politische Entscheidungen einbezogen werden. Gleiches gelte für die Bürger. Die FW plädieren daher für Volksentscheide auch auf Bundesebene und wollen den Bundespräsidenten direkt vom Volk wählen lassen.
Harte Linie in der Migrationspolitik
In der Asylpolitik fordern die Freien Wähler einen strikten Kurs. Solange der Schutz der EU-Außengrenzen nicht funktioniere, müsse Deutschland illegale Migranten an der Grenze zurückweisen. "Eine verfehlte Zuwanderungspolitik darf nicht zum Sicherheitsrisiko für unsere freiheitliche Gesellschaft werden."
Viele Bürger fühlten sich hierzulande nicht mehr sicher. Durch eine erhöhte Polizeipräsenz und mehr Videoüberwachung wollen die FW das "Vertrauen der Bürger in den Rechtsstaat zurückgewinnen". Gefährder sowie "wiederholt straffällig gewordene Flüchtlinge" müssten abgeschoben oder inhaftiert werden.
Schwarz-Gelb-Orange als Favorit
Mit diesen Themen soll es für die Freien Wähler - nach drei erfolglosen Versuchen - diesmal nicht nur mit dem Einzug in den Bundestag klappen, sondern gleich mit einer Regierungsbeteiligung – am liebsten in einer Koalition mit der Union und der FDP, sagt Aiwanger. Aber auch einer Zusammenarbeit mit der SPD könne er gegebenenfalls "zähneknirschend" zustimmen. Eine Koalition mit den Grünen schließt Aiwanger genauso aus wie mit der AfD.
Mit ihrem strikten, "ideologischen" Klimaschutz zerstörten die "woken" Grünen die deutsche Wirtschaft, kritisieren die FW. "Wir brauchen mehr Economic und weniger Green Deal", heißt es im Wahlprogramm. Klimaschutz ist darin kein großes Thema. Nur der Ausbau der erneuerbaren Energien wird recht umfassend behandelt. Der solle dezentral stattfinden, also vor Ort in den Kommunen, und "unter Berücksichtigung regionaler Bedingungen". Große Hoffnung setzen die FW auf Wasserstoff als künftigen grünen Energieträger – auch im Bereich der Mobilität. Hier fordern sie einen "technologieoffenen Ansatz". Das EU-Verbrennerverbot müsse zurückgenommen werden, um die Autoindustrie nicht zu belasten.
Einzug über drei Direktmandate als Ziel
Den Sprung über die Fünfprozenthürde halten selbst viele Parteimitglieder für unwahrscheinlich. Die Freien Wähler wollen es daher über die Grundmandatsklausel und drei bayerische Direktmandate nach Berlin schaffen: Neben Hubert Aiwanger (Rottal-Inn) gelten Indra Bayer-Müller (Oberallgäu), Peter Dreier (Landshut-Kelheim) und Michael Wörle (Augsburg-Stadt) als aussichtsreichste Kandidaten.
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