Dramatische Appelle kurz vor Schluss der Weltklimakonferenz in Dubai: UN-Generalsekretär António Guterres rief die knapp 200 Staaten am Montag auf, sich zusammenzuraufen und den Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas im Abschlusstext festzuschreiben. "Jetzt ist es an der Zeit für maximalen Ehrgeiz und maximale Flexibilität", sagte er bei einem Auftritt vor der Weltpresse. Die Verhandlungsteams müssten willkürlich gezogene rote Linien und Blockadehaltungen hinter sich lassen.
Beim Ausstieg aus den fossilen Energien stehe es "Spitz auf Knopf", schrieb Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) auf Instagram. Die Verhandlungsteams hätten bis 6.00 Uhr morgens zusammengesessen.
Fossiler Ausstieg fehlt im Entwurf für Abschlusstext
Die zweiwöchigen Verhandlungen in den Vereinigten Arabischen Emiraten sollen am Dienstagvormittag enden, sind aber ins Stocken geraten. Strittigster Punkt ist, ob sich die Staatengemeinschaft einstimmig auf einen Ausstieg aus den klimaschädlichen Energieträgern Kohle, Öl und Gas einigen kann. Etliche Länder leisten Widerstand, darunter das ölreiche Saudi-Arabien, aber auch China, der Irak und Russland.
Ein neuer Entwurf für den Abschlusstext der Weltklimakonferenz sieht keinen Ausstieg aus Kohle, Öl und Gas mehr vor. In dem 21-Seiten-Papier, das am Montagabend veröffentlicht wurde, ist nur noch von einer Reduzierung beim Verbrauch und der Produktion fossiler Brennstoffe die Rede. In einer vorherigen Version war der Ausstieg noch als eine von mehreren Optionen erwähnt worden. Umweltorganisationen reagierten enttäuscht.
"So darf die COP28 nicht enden"
Jan Kowalzig, Experte der Organisation Oxfam, sprach von einer "sehr schwachen Formulierung" zur Abkehr von fossilen Energien. "So darf die COP28 nicht enden", warnte er. Das 2015 in Paris vereinbarte 1,5-Grad-Ziel werde mit diesem Entwurf "trotz gegenteiliger Beteuerungen an anderer Stelle im Text wohl aus dem Fenster geworfen".
Prof. Harald Kunstmann zum Kompromissvorschlag bei der Klimakonferenz in Dubai
Greenpeace-Vorstand: "Unverbindlichkeit ist Greenwashing"
Der geschäftsführende Vorstand von Greenpeace, Martin Kaiser, sagte: "Unverbindliche Optionen sind nichts anderes als Greenwashing, um die skrupellose Profitinteressen der Öl- und Gasindustrie zu kaschieren und die weiter eskalierende Erderhitzung hinzunehmen." Außenministerin Baerbock dürfe die vorgeschlagene Unverbindlichkeit nicht akzeptieren und müsse einen verbindlichen Ausstieg aus fossilen Energien "ohne Wenn und Aber hart verhandeln", so Kaiser
Baerbock bezeichnet Entwurf als "nicht akzeptabel"
Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) bewertete den Entwurf für das Abschlussdokument als enttäuschend. "Insgesamt ist er nicht ausreichend, wesentliche Elemente sind für uns als Europäische Union nicht akzeptabel", sagte Baerbock am Montagabend. Dem Text fehlten vor allen Dingen die konkreten Instrumente zur Umsetzung, um überhaupt noch auf den 1,5-Grad-Pfad zu kommen. Gemeint ist das 2015 in Paris vereinbarte Ziel, die Erderwärmung möglichst auf 1,5 Grad im Vergleich zur vorindustriellen Zeit zu begrenzen.
Weiter sagte die Außenministerin, dem Entwurf fehlten überdies konkrete Instrumente, die es für die nötige Energiewende gerade in Regionen Afrikas, Asiens und Lateinamerikas brauche - was diese Staaten in Dubai stark eingefordert hätten. Und die Passage zu fossilen Energien suggeriere fälschlicherweise, dass Kohle, Öl und Gas in unserer Zukunft weiterhin eine entscheidende Rolle spielen könnten. "Selbst die Kohle-Verstromung wäre damit weltweit akzeptabel und auch ein Neubau von Kohlekraftwerken - was dann auch im Gegensatz zu europäischer Energiepolitik stünde."
UN-Generalsekretär appelliert an Konferenzteilnehmer
UN-Generalsekretär Guterres sprach sich zuvor für ehrgeizige Formulierungen im Abschlusstext aus. "Bekennt euch zur 1,5-Grad-Grenze. Beendet das fossile Zeitalter. Liefert Klimagerechtigkeit." Das heiße nicht, dass alle Staaten beim Ausstieg aus den fossilen Energien gleich schnell vorgehen müssten, sagte der UN-Generalsekretär – und sprach damit einen weiteren wichtigen Streitpunkt an. Wichtig sei das Ziel, weltweit 2050 auf netto null bei den klimaschädlichen Treibhausgasemissionen zu kommen.
1,5-Grad-Ziel mit fossilem Weiter-so nicht haltbar
Eine Allianz progressiver Staaten – die sogenannte Beyond Oil and Gas Alliance – erklärte am Montag: "Wir können unsere Abkehr von Öl und Gas nicht länger hinauszögern." Derzeit halte der massive Ausbau von erneuerbaren Energien das 1,5-Grad-Ziel noch in Reichweite. "Ohne den geordneten Ausstieg aus der Produktion und Nutzung fossiler Brennstoffe wird sich diese Tür schließen." Neben Dänemark und Costa Rica – den Gründungsmitgliedern des Bündnisses – unterzeichneten auch Länder wie Frankreich und Spanien die Erklärung. Deutschland war nicht dabei.
Mit Informationen von dpa, AFP
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