"Ich habe ein Seepferdchen", sagt der sechsjährige Moritz. Und sein acht Jahre alter Bruder Franz erzählt stolz: "Ich habe das Seepferdchen, Pirat, Bronze und Silber“. Das goldene Schwimmabzeichen möchte er auch bald angehen. Die Brüder ziehen sich gerade um für den Schwimmunterricht im Spickelbad in Augsburg. Hier in einem Kurs bei der DLRG Augsburg, der Deutschen-Lebens-Rettungs-Gesellschaft, haben Moritz und Franz das Schwimmen und Tauchen gelernt. Mutter Anita freut sich über die Schwimmerfolge ihrer Söhne: "Dass man beruhigt auch mal selber am See liegen kann, weil man weiß, sie können alleine schwimmen. Man muss im Schwimmbad nicht immer dabei sein und es ist einfach sicher."
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Wartelisten: Große Nachfrage nach Schwimmkursen
Dabei war es gar nicht so einfach, für Franz und Moritz einen Schwimmkurs zu bekommen. Mehr als ein Jahr hätten sie auf vielen Wartelisten gestanden, berichtet Anita. Und das ist fast überall in Bayern so. Mehr als 60 Kinder sind gerade im Spickelbad, und das nur in den ersten Kursen. Den ganzen Abend kommen andere Kinder und später auch Erwachsene. Viele davon trainieren für ein Schwimmabzeichen, und zwar so viele, wie seit Langem nicht mehr.
Deutlich mehr Schwimmabzeichen in Bayern
Letztes Jahr waren es in ganz Bayern 12.800 Schwimmabzeichen. Das sind 1.200 mehr als im Jahr 2018. Damit verteilte die DLRG so viele Abzeichen wie seit fünf Jahren nicht mehr. Im Regierungsbezirk Schwaben sind es sogar insgesamt ein Drittel mehr Abzeichen als noch vor fünf Jahren. Also alles gut bei der Schwimmausbildung? Nicht unbedingt. "Es können nicht mehr Kinder als vor Corona schwimmen, aber die durch Corona verursachten Nichtschwimmer werden allmählich wieder weniger", fasst Michael Förster die Lage zusammen. Er ist Pressesprecher bei der DLRG Bayern. Trotzdem sei es schön, dass sich die Bemühungen vieler Ehrenamtlicher auch in den Zahlen zeigen, sagt Förster.
Viele Schwimmzeichen sind ein Corona-Nachholeffekt
Eine dieser Ehrenamtlichen ist Astrid Gaßner, sie ist Trainerin bei der DLRG Augsburg. Auch sie freut sich, dass so viele Schwimmabzeichen gemacht werden. Aber auch sie beobachtet, dass die hohe Zahl der Abzeichen ein Nachholeffekt von Corona ist: "Wir haben immer noch einen wahnsinnigen Rückstau und sehr, sehr lange Wartelisten, begrenzte Trainingskapazitäten. Wir können bei Weitem nicht alle Kinder aufnehmen, die schwimmen lernen oder besser lernen wollen."
Zu wenige Hallenbäder, kaum Kapazitäten
Trotzdem nehmen die Trainer und Betreuer so viele Kinder auf wie irgendwie möglich. Für mehr Schwimmkurse fehlt es aber vor allem an den Schwimmzeiten, also an freien Bahnen in den Bädern zur richtigen Uhrzeit, sagt Astrid Gaßner. "Die Kinder sind ja vormittags mit Schule und Hausaufgaben gebunden. Spät am Abend funktioniert es auch nicht, weil sie einfach zu müde sind. Das heißt: Das geeignete Zeitfenster ist relativ klein. Und da haben wir einen großen Kampf. Einfach, wer kann die Bäder nutzen?"
Auch die DLRG betont, dass es an Hallenbädern vor Ort fehle, deshalb müsse mehr saniert oder auch neu gebaut werden. Und der Schwimmunterricht an den Schulen fällt zu oft aus, so der Verband weiter.
Schwimmen lernen in der Schule oft nicht möglich
Das beobachtet auch Bernd Zitzelsberger seit Längerem. Er ist Leiter der Schwimmabteilung des Post SV Augsburg und zudem Vorsitzender des CSU-Ortsverbands Pfersee. Er sagt, dass die meisten Schwimmstunden eigentlich in der Schule stattfinden sollten. Doch oft fehlen die Schwimmbäder für den Unterricht. "Die Bevölkerung in Bayern wächst und wächst, wir brauchen nicht nur die Sanierung von Bädern, sondern auch den Neubau von Bädern. Und wir brauchen auch mehr Schwimmtrainer", fordert Zitzelsberger.
DLRG bildet Angehörige zu Schwimmtrainern aus
Und genau diese Schwimmtrainer fehlen wiederum, weil während Corona kaum Jugendliche ihre Trainerausbildung gemacht haben. Die DLRG versucht daher, noch mehr Angehörige der Kinder von einem Traineramt zu überzeugen. So kam übrigens auch Astrid Gaßner dazu. Beim Schwimmkurs ihrer Kinder half sie als Betreuerin, 2019 beendete sie dann ihre Trainerausbildung. Seitdem gibt ihr die Aufgabe viel zurück. "Man sieht sehr schnell kleine Erfolge und wie die Kinder zum Teil auch sehr kämpfen um bestimmte Sachen, und es dann irgendwann schaffen und mit Freude dabei sind." Astrid Gaßner ist wie übrigens alle bei der DLRG ehrenamtlich tätig. Mit vollem Einsatz kämpfen sie und ihre Kollegen weiter gegen die Folgen von Corona.
Schwimmabzeichen-Tage im Juni
Neue Abzeichen für ihre Schüler könnte es übrigens wieder im Sommer geben. Vom 9. bis 16. Juni finden zum dritten Mal in ganz Deutschland die Schwimmabzeichen-Tage statt. Dann stehen in vielen Hallen- und Freibädern Prüfer bereit, um das Seepferchen sowie Schwimmabzeichen in Bronze, Silber und Gold abzunehmen. Vielleicht sind dann auch wieder die Brüder Moritz und Franz dabei, denn vor allem Moritz hat ein großes Ziel. "Wenn wir danach selber schwimmen können, können wir alleine wo hingehen und können im Schwimmbad ins tiefe Becken. Und ich freue mich dann, wenn ich ein nächstes Abzeichen kriege."
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