Eigentlich sind die Vorgaben der Bundesregierung seit eineinhalb Wochen klar: An vielen Stellen gibt es in Deutschland deutlich lockerere Corona-Regeln als zuvor, auch in Sachen Maskenpflicht. Sie soll, besonders auf Drängen der auf Eigenverantwortung setzenden FDP, nur noch in vulnerablen Einrichtungen wie Krankenhäusern oder Pflegeheimen gelten sowie im öffentlichen Nah- und Fernverkehr.
Strengere Maßnahmen inklusive einer flächendeckenden Maskenpflicht auch in Geschäften oder Schulen kann es laut dem geänderten Bundesinfektionsschutzgesetz nur geben, wenn ein Landtag eine bestimmte Region oder das ganze Bundesland als Corona-Hotspot einstuft. Das gilt auch für Zugangsbeschränkungen wie 2G oder 3G. Im Gegensatz zu Mecklenburg-Vorpommern und Hamburg hat die bayerische Staatsregierung diesen Hotspot-Weg aber nicht gewählt - "jedenfalls auf absehbare Zeit nicht", wie Ministerpräsident Söder (CSU) Ende März sagte. Trotzdem gelten Maskenpflicht und 3G-Regel in Bayern weiter an deutlich mehr Orten, als es die Vorgaben von Bund und Land vorsehen.
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In einigen Rathäusern und Landratsämtern weiter 3G-Pflicht
Es sind dabei längst nicht nur private Veranstalter oder Betreiber, die an strengeren Corona-Regeln festhalten, sondern auch öffentliche Einrichtungen. In Aschaffenburg beispielsweise gilt "aufgrund der hohen Inzidenzzahlen" bis voraussichtlich Ende April im Rathaus sowie den Außenstellen der Stadtverwaltung weiter die 3G-Zugangsregel - Besucher müssen also geimpft oder genesen sein oder einen aktuellen negativen Corona-Test vorweisen. Zudem besteht eine FFP2-Maskenpflicht.
Im Landratsamt Main-Spessart bleibt es vorerst ebenfalls bei 3G und FFP2-Maskenpflicht. Ähnlich auch die Auskunft auf der Internetseite der Stadt Neufahrn bei Freising: "Für Besuche im Rathaus gilt weiterhin die 3G-Regelung." Bei einem Besuch des Münchner Kreisverwaltungsreferats ist nach wie vor eine FFP2-Maske Pflicht, in Nürnberger Rathaus reicht auch eine OP-Maske.
Andere Landkreise wie zum Beispiel Erding "bitten", bei Terminen im Landratsamt weiterhin eine Schutzmaske zu tragen. Im Landratsamt Augsburg wurden dagegen alle Infektionsschutzmaßnahmen aufgehoben. Landrat Martin Sailer (CSU) teilte mit: Angesichts der Lockerungen in Kinos, Restaurants und Freizeiteinrichtungen seien 3G und Maskenpflicht in seinem Haus nicht mehr vermittelbar, weshalb seine Behörde ebenfalls darauf verzichte.
Unterschiedliche Regeln in Bädern, Bibliotheken und Museen
Uneinheitlich sind auch die Regeln in kommunalen Bädern und Bibliotheken. Während etwa in Regensburg für den Bad- und Saunabesuch alle Corona-bedingten Einschränkungen entfallen sind, gilt in den Hallenbädern der Erlanger Stadtwerke weiter FFP2-Maskenpflicht in den Eingangs- und Umkleidebereichen. Für den Besuch der Münchner Stadtbibliothek wird ein Mund-Nasen-Schutz lediglich empfohlen, in der Stadtbücherei Forchheim bleibt es vorerst bei einer Maskenpflicht.
Die Stadt Erlangen hält an einer FFP2-Maskenpflicht nicht nur für das Rathaus fest, sondern auch für alle anderen "Dienstgebäude": Das betrifft unter anderem die Stadtbibliothek, das Kunstpalais, das Stadtmuseum, das Theater, die Städtische Sing- und Musikschule, die Volkshochschule und das Kunstmuseum.
Bayern: 3G in Jobcentern, Maskenpflicht in Hochschulen
Mit der Agentur für Arbeit hält sogar eine Bundesbehörde flächendeckend an Corona-Beschränkungen fest: Wer eine Arbeitsagentur, ein Jobcenter oder eine Familienkasse aufsuchen möchte, muss einen 3G-Nachweis haben, sowie eine medizinische oder eine FFP2-Maske tragen. Im Bayerischen Landtag sind weiterhin 3G und FFP2-Maske Pflicht, Besucherinnen und Besucher bayerischer Schulen müssen über einen Impf-, Genesenen- oder Testnachweis verfügen.
Während eine Maskenpflicht für die bayerischen Schülerinnen und Schüler laut Staatsregierung nicht mehr möglich ist, muss man an mehreren Hochschulen im Freistaat nach wie vor einen Mund-Nasen-Schutz tragen. Ob Uni Würzburg, Uni Passau, Technische Hochschule Ingolstadt oder LMU München - für Studierende gilt in allen Hochschul-Gebäuden eine FFP2-Maskenpflicht. Abgenommen werden darf die Maske nur am festen Sitzplatz, sofern ein Mindestabstand von 1,5 Metern eingehalten wird.
Ministerium: Einzelfallprüfung durch jeweilige Behörde
In der aktuellen Corona-Verordnung des Freistaats steht allerdings nur, dass die Maskenpflicht in Krankenhäusern & Co sowie im öffentlichen Nahverkehr gilt. Das Wort "3G" sucht man in der Verordnung gleich ganz vergeblich. Warum gibt es also im Freistaat weiter Orte mit Maskenpflicht, 3G oder beidem - wie oben beispielhaft genannt?
Das bayerische Gesundheitsministerium verweist auf BR24-Nachfrage auf das Hausrecht des jeweiligen Betreibers oder Veranstalters. Strengere Zugangsvoraussetzungen stünden den Regeln der bayerischen Corona-Verordnung nicht entgegen, teilte eine Ministeriumssprecherin zuletzt mit. Welche Maßnahmen eine Behörde für Veranstaltungen oder Besucher vorgebe, müsse "für jeden Einzelfall durch die jeweils betroffene Behörde in eigener Zuständigkeit geprüft werden." Neben dem Infektionsschutz gehe es auch um "Gesichtspunkte des Arbeitsschutzes".
Strengere juristische Hürden gibt es laut der Sprecherin für öffentliche Gebäude. Besonders gelte das für Bereiche, "in denen die staatliche Monopolstellung zum Ausdruck kommt und die Betroffenen auf die staatlichen Leistungen angewiesen sind". Die Frage dort, zum Beispiel für Rathäuser: Was wiegt schwerer – das Hausrecht und die damit verbundenen Interessen oder das Recht des Einzelnen, öffentliche Leistungen oder Einrichtungen zu nutzen?
Fragen juristisch bisher nicht geklärt
Unter Juristen wird seit Tagen diskutiert, ob Behördenleiter durch das Anordnen von Maskenpflicht oder 3G die neuen Vorgaben des Bundesgesetzgebers durch eigenmächtige Maßnahmen konterkarieren. Allerdings weisen manche Beobachter darauf hin, dass die Leiter von Behörden ganz ohne Schutzmaßnahmen befürchten müssten, dass weite Teile ihrer Belegschaft gleichzeitig in Isolation oder Quarantäne sind - so lange die Regeln dafür noch nicht gelockert sind.
Bis mögliche Klagen gegen Maskenpflicht oder 3G-Regel in Büchereien, Hochschulen, Rathäusern oder Schwimmbädern in zweiter Instanz - und damit mit Signalwirkung über den Einzelfall hinaus - entschieden werden, dürfte es noch einige Zeit dauern. Ein Sprecher des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs teilt auf BR24-Anfrage mit, dass bisher keine entsprechenden Eilverfahren beim zuständigen Senat liegen.
Kommunalpolitiker Jung: "Fatales politisches Signal"
Der oberfränkische Kommunalpolitiker Frederik Jung (Bürgerbund), der im Gemeinderat von Eggolsheim sitzt, kritisiert in einer Mail an BR24 die Praxis in einigen Kommunen, unter Berufung auf das Hausrecht an Beschränkungen festzuhalten. Das Infektionsschutzgesetz des Bundes sehe keine Maskenpflicht vor.
"Wer sie trotzdem anordnet, handelt im Prinzip gegen dieses Gesetz", argumentiert Jung. "Zudem ist das Hausrecht im Gemeinderecht zum Ermahnen und Verweisen von Störern gedacht, jedoch nicht um Gesetze zu umgehen." Es sei ein "fatales politisches Signal", wenn gerade die öffentliche Hand ihr Hausrecht nutze, "um ein nicht genehmes Gesetz des Bundes per Anordnung und zeitlich unbegrenzt zu umgehen".
Hagen: "Meiner Meinung nach klar rechtswidrig"
Bayerns Grüne und Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) verlangten noch Ende März, die Hotspot-Regel anzuwenden - inklusive dann deutlich weitreichenderer Maskenpflicht.
Auf Bundesebene besonders auf die jüngsten Corona-Lockerungen gedrängt hatte dagegen die FDP. Martin Hagen, bayerischer Landesvorsitzender, stellt auf BR24-Anfrage klar, dass private Veranstalter oder Betreiber auch künftig Maskenpflicht oder andere Maßnahmen anordnen können. Für öffentliche Einrichtungen gelte das aber nicht, diese können sich laut Hagen nicht auf die Privatautonomie berufen. "Deswegen sind Maskenpflicht und 3G-Regel in Rathäusern oder Universitäten inakzeptabel und meiner Meinung nach auch klar rechtswidrig."
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