Ein Beutel mit der Droge Crystal Meth
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Crystal Meth: Ist Ostbayern immer noch Drogen-Hochburg?

Crystal Meth: Ist Ostbayern immer noch Drogen-Hochburg?

Seit Jahren kämpft Ostbayern mit den Folgen der Droge Crystal Meth, die meist über die tschechische Grenze in den Freistaat gelangt. Inzwischen sind die Zahlen rückläufig. Aber ob das nur ein Pandemie-Knick oder ein echter Rückgang ist, ist unklar.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Niederbayern und Oberpfalz am .

1999 schlugen Suchtberatungsstellen in Ostbayern erstmals Alarm. Dort tauchten immer mehr Konsumenten einer neuen Modedroge mit teils verheerenden Auswirkungen auf: Methamphetamin in kristalliner Form, meist "Crystal Meth" oder kurz "Crystal" genannt. Günstig in Tschechien hergestellt, breitete sich die Droge in den folgenden Jahren über die Grenze nach Deutschland aus.

Ostbayerisches Grenzgebiet Drogenhochburg

Das hatte Folgen: Der größte Teil des in Deutschland konsumierten Methamphetamins kam über die Grenze von Tschechien zu Bayern und Sachsen ins Land. Eine Datenanalyse des Bayerischen Rundfunks aus dem Jahr 2016 zeigte deutlich: Der Osten Bayerns wurde nicht nur Transitgebiet, dort wurde auch mehr Crystal konsumiert als im Landesinneren. Das Grenzgebiet war teilweise zur Drogenhochburg geworden.

Stärkerer Abwärtstrend in Oberfranken

Am stärksten betroffen war Oberfranken. In jüngster Zeit hat sich das aber spürbar relativiert, sagt Dominic Leicht, ein Sprecher der oberfränkischen Polizei: Das dortige Präsidium verzeichnete 2014 noch 943 Methamphetamin-Aufgriffe, 2023 waren es mit 481 nur noch halb so viele.

Zahlen, die mit Vorsicht zu genießen sind, betont Leicht. Drogendelikte sind sogenannte Kontrolldelikte, sprich: Je mehr die Polizei kontrolliert, desto höher die Fallzahlen. Die Intensität der Drogenkontrollen hat in dieser Zeit allerdings laut dem Präsidium nicht abgenommen – und der Trend zu allgemein sinkenden Methamphetamin-Fallzahlen ist in Oberfranken über die vergangenen zehn Jahre trotzdem fast durchgehend zu verzeichnen.

In Niederbayern und der Oberpfalz zeigen die polizeilichen Zahlen dagegen keinen eindeutigen Trend, dort wird allerdings erst seit 2017 statistisch zwischen Methamphetamin und sonstigen Amphetaminen unterschieden. In dieser Zeit schwankte die Zahl der Crystal-Aufgriffe in Niederbayern zwischen 100 und 200, in der Oberpfalz zwischen 400 und 600.

Suchtkliniken: Abwärtstrend in der Oberpfalz

"Diese Phase, wo man den Eindruck hatte, dass die Region da überschwemmt wird, das hat so ein kleines bisschen schon nachgelassen", sagt Dr. Markus Wittmann. Er ist seit vielen Jahren Chefarzt der psychiatrischen Abteilung des Bezirksklinikums Wöllershof im Landkreis Neustadt an der Waldnaab, die auch eine Suchtklinik betreibt. Auch dort ist die Zahl der behandelten Crystal-Suchtkranken in den vergangenen Jahren um rund ein Fünftel zurückgegangen. Zwar schränkt auch Wittmann ein, dass weniger Behandlung nicht automatisch gleichbedeutend mit weniger Konsum ist, eine gewisse Aussagekraft habe das aus seiner Sicht aber schon.

Die Grenznähe spielt dabei noch immer eine Rolle, sagt Wittmanns Kollegin Jule Höfner, die als Sozialpädagogin in der oberfränkischen Bezirksklinik in Rehau Suchtkranke betreut. Dort ist ihr zufolge in den vergangenen zehn Jahren kein klar sinkender Trend zu verzeichnen: "Wir haben schon Patienten, die berichten, dass sie nach Tschechien rüberfahren, dort konsumieren und dann wieder zurückkommen."

Crystal Meth kommt derzeit eher aus Westen nach Deutschland

Crystal Meth ist in Ostbayern noch immer eine hochproblematische Droge, darin sind sich Polizei und Suchtmedizin einig. Allerdings scheint sich der Status als besonders betroffene Region immer mehr zu relativieren. Das hat wohl auch mit der Corona-Pandemie zu tun: Die Grenze nach Tschechien war zum Infektionsschutz zeitweise geschlossen, was offenbar zu deutlichen Verschiebungen der europaweiten Schmuggelrouten geführt hat.

Der aktuelle Bericht der Drogenagentur der Europäischen Union stellt für die Jahre 2023/2024 fest: "In Deutschland wird kaum mehr Methamphetamin sichergestellt, welches nachweislich aus der Tschechischen Republik stammt. Allerdings bestehen in der Tschechischen Republik weiterhin große Produktionskapazitäten, teilweise auch im Tonnenbereich."

Die Polizei in Oberfranken bestätigt das: Der Großteil des Methamphetamins gelangt momentan eher aus Richtung Westen über die niederländische Grenze nach Deutschland.

Am Bezirksklinikum Wöllershof ist Markus Wittmann deshalb noch vorsichtig: Erst die nächsten Jahre werden aus seiner Sicht zeigen, ob der Crystal-Meth-Konsum wirklich nachhaltig zurückgeht, oder der momentane Rückgang nur ein Pandemie-Knick ist.

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