Wie die CSU erfolgreich ins neue Jahr startet, weiß vielleicht am besten Max Straubinger. Der Niederbayer hat nämlich etwas, das ansonsten selten ist in der CSU: reichlich Oppositionserfahrung. Nicht nur im ersten Ampel-Jahr, sondern auch sieben Jahre lang unter SPD-Kanzler Gerhard Schröder.
"Wegweisend für einen Regierungswechsel"
Seit 1994 sitzt Straubinger im Bundestag. Das heißt auch, er hat bald dreißig Neujahrsklausuren der CSU-Landesgruppe miterlebt. Generell seien sie "ein wichtiger Bestandteil des Parteilebens". Welche war am besten? "2004 und 2005 waren sehr erfolgreich." Warum? "Sie waren mit wegweisend für einen Regierungswechsel in Deutschland." Konkret? Die Union habe damals die Hartz-Reformen von Gerhard Schröder "begleitet und unterstützt". Tatsache ist, dass die rot-grüne Koalition neun Monate nach der Neujahrsklausur abgewählt wurde.
Dobrindt: CSU soll "kritische und konstruktive Opposition" sein
So gesehen, hätten es die CSU-Abgeordneten heute leicht, wenn sie sich in Kloster Seeon versammeln. Die nächste Bundestagswahl ist lang hin, Regierungsfähigkeit momentan nur theoretisch gefragt. Aber damit kann sich Landesgruppenchef Alexander Dobrindt natürlich nicht zufriedengeben. Schon deshalb nicht, weil die Union für sich in Anspruch nimmt, eigentlich immer regierungsfähig zu sein.
Vor allem aber, weil eine Landtagswahl ansteht. Den Beitrag, den seine Landesgruppe dazu leisten will, beschreibt Dobrindt mit den "drei K's": "Kante, Kompromiss, Kurs". Die CSU werde "als kritische und konstruktive Opposition gegen das Ampel-Chaos" antreten.
"Pleitewelle" verhindern
Konkret heißt das vor allem: Entlastungen. Die Bundesregierung habe es bisher versäumt, die Bürger angemessen vor hohen Energiepreisen und Inflation zu schützen. Nun drohe eine "Pleitewelle bei Bürgern und Betrieben", warnt die CSU in einem Papier, das in Seeon beschlossen werden soll. Nötig ist demnach "eine Gas- und Strompreisbremse, die sofort wirkt und nicht erst in ein paar Monaten". Laut Ampel-Plänen soll die Bremse erst ab März greifen, wenn auch rückwirkend ab Januar.
Zudem sollen laut CSU die Preisbremsen für Betriebe auch auf Heizöl und Pellets ausgeweitet werden. Für alle Einkommen unter 60.000 Euro verlangen die christsozialen Bundestagsabgeordneten einen Sonderfreibetrag von tausend Euro "für die Inflationsjahre 2022 und 2023". Für mittelständische Betriebe fordert die CSU "Superabschreibungen" im Fall von Investitionen. Die Ampel strebt solche Abschreibungen zwar auch an, laut Finanzminister Christian Lindner sind die Pläne sogar schon fertig. Für das Jahr 2023 will die Bundesregierung sie aber wegen der Krisenlage noch nicht in Kraft setzen.
CSU fordert Geld für neue Heizungen
Zum Thema Entlastung gehört für die CSU auch mehr Geld für den Austausch veralteter Heizungen. Noch rund fünf Millionen Öl-Heizungen gebe es in Deutschland, rund jede zweite entspreche nicht mehr den neuesten Anforderungen. Wer seine Öl-Heizung durch eine klimafreundliche ersetzen lässt, soll laut Dobrindts Vorschlag "bis zu 80 Prozent" der Kosten erstattet bekommen, die bei mehreren zehntausend Euro liegen können.
Regionale Erbschaftssteuer?
Überdies wollen die CSU-Abgeordneten in Seeon fordern, die Erbschaftsteuer zu regionalisieren. Die Bundesregierung habe zum Jahreswechsel "eine massive Steuererhöhung für Erben" beschlossen, heißt es im Entwurf zur Begründung. Die Freibeträge reichten schon jetzt "in vielen Regionen Deutschlands" nicht mehr aus, wenn jemand ein Haus erbe. Von einem "Stück Ausverkauf" ist in der CSU die Rede, auch Parteichef Markus Söder hat sich schon entsprechend geäußert.
Deshalb will die CSU-Landesgruppe laut Beschlussvorlage die Freibeträge deutlich erhöhen, konkret: Für Ehegatten sollen sie auf 825.000 Euro steigen (bisher 500.000), für Kinder auf 660.000 (400.000), für Enkel auf 330.000 Euro (200.000). Zudem müsse es die Möglichkeit "zur Regionalisierung der Erbschaftsteuersätze nach Bundesländern" geben. Ausdrücklich stellen sich die CSU-Bundestagsabgeordneten hinter die Ankündigung der bayerischen Staatsregierung, vor dem Bundesverfassungsgericht gegen die Erbschaftsteuer zu klagen.
"Sicherstellungszuschlag" für Krankenhäuser?
Um Krankenhäuser auf dem Land zu stärken, verlangt die CSU-Landesgruppe einen "Sicherstellungszuschlag" von fünf Milliarden Euro. Die Versorgung von Patienten "darf keine Frage der Postleitzahl sein", heißt es zur Begründung in der Beschlussvorlage.
"Opposition ist immer harte Arbeit", sagt Klausur-Urgestein Straubinger. Er sei aber sicher, dass die Vorschläge von Seeon in Berlin Wirkung entfalten.
- Zum Artikel: Höhere Erbschaftssteuer: Warum Bayern besonders betroffen ist
Aufschlag von Söder?
Das wird auch von Markus Söder abhängen: Der CSU-Chef kommt zum Auftakt ins Kloster nördlich des Chiemsees. In der Vergangenheit hat Söder gern mal eigene Ideen mitgebracht: Anfang 2020 zeigte er sich offen für einen Austausch von Bundesministern auch der CSU. Damit entfachte Söder wilde Spekulationen. Die Papiere der Landesgruppe gerieten etwas ins Abseits. Laut Dobrindt ist dergleichen aber kein Problem: Die Klausuren dienten als gemeinsame Bühne – auch dem Parteichef.
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