Die Ampel-Regierung ist Geschichte, nicht aber das Thema, über das die Koalition so lange gestritten hatte: die Schuldenbremse. Weiterhin wird in der Politik über die Regelung debattiert, etwa beim Wirtschaftsgipfel der "Süddeutschen Zeitung" in dieser Woche. Dabei deutete der CDU-Vorsitzende Friedrich Merz an, eine Reform grundsätzlich nicht mehr auszuschließen.
Anders äußerte sich nun sein Unions-Kollege Alexander Dobrindt in der Sendung "Sonntags-Stammtisch" im BR Fernsehen. Der Vorsitzende der CSU-Landesgruppe im Bundestag machte deutlich, dass er an der Schuldenbremse festhalten will.
Er betonte, dass eine Reform nicht so einfach möglich sei: "Was die Schuldenbremse anbelangt, das ist natürlich erstmal weniger Kompromiss, sondern mehr Grundgesetz. Da steht's nämlich drinnen." Um das Grundgesetz zu ändern, bräuchte man eine Zwei-Drittel-Mehrheit im Bundestag.
Dobrindt: Richtige Prioritäten statt neuer Schulden
Anstatt mehr und flexibler Schulden machen zu können, möchte Dobrindt die Ausgaben anders priorisieren. Er will etwa das Heizungsgesetz und das Bürgergeld reformieren. Beide Maßnahmen bezeichnete er als falsch: "Ist es richtig, die Leute in die Sozialhilfe zu zementieren, oder wollen wir sie in Arbeit bringen?"
Dobrindt zeigte sich zuversichtlich, im neuen Haushalt ohne eine flexiblere Schuldenbremse, alleine durch Umstrukturierungen, die nötigen Summen etwa in Infrastruktur oder Verteidigung investieren zu können. "Lasst es uns probieren", forderte er.
Dem widersprach Wirtschaftsjournalistin Anja Kohl und merkte an: "So viel Zeit haben wir nicht." Sie zweifelte an, dass der bestehende Investitionsstau alleine mit einer veränderten Prioritätensetzung zu lösen wäre. Um die Folgen dieser Politik aufzuzeigen, nannte sie ein Beispiel aus Bayern. Dort hatte die Staatsregierung zuletzt an Sozialleistungen für Familien gespart, um das Geld stattdessen in die Infrastruktur fließen lassen zu können. An Dobrindt gerichtet sagte Kohl: "Wenn Sie das Familiengeld kürzen und das Krippengeld streichen, heißt das, Sie nehmen es den jetzigen Eltern weg, um es in die Zukunft zu investieren."
Auch Monika Schnitzer, Vorsitzende der "Wirtschaftsweisen", widersprach Dobrindts Ansicht, man könne notwendige Investitionen tätigen, indem man einfach anders priorisiere. Sie betonte zwar das Positive der Schuldenbremse: "Wir wollen die Ausgaben begrenzen, wir wollen nicht zulasten der nächsten Generation uns übermäßig verschulden. Das ist gut und richtig." Allerdings hätten auch schon die Vorgänger der Ampel-Regierung falsch investiert: "Wir haben das Problem, dass das Geld, das wir hatten, auch in guten Zeiten nicht richtig ausgegeben worden ist. Da ist die ein oder andere Mütterrente oder Rente mit 63 mit finanziert worden, aber eben nicht die Brücken, nicht die Bildung – nicht das, was wir wirklich brauchen."
Schnitzer: "Es ist nicht verständlich, dass man sich hier kaputtspart"
Durch der Wiederwahl von Donald Trump zum US-Präsidenten werden weitere Herausforderungen auf die deutsche Wirtschaft zukommen. Trump hatte im Wahlkampf versprochen, Importzölle einzuführen. Schnitzer erklärte: "Die USA sind unser wichtigstes Exportland. Wenn wir dahin unseren Porsche nicht mehr exportieren können - der wird ja hier produziert und nicht in den USA - dann wird uns das massiv treffen." Erste Schätzungen gehen davon aus, dass die Wirtschaft durch die Zölle um ein bis zwei Prozent weniger wachsen könnte. Schnitzer betonte mit Blick auf die Schuldenbremse: "Es ist nicht verständlich, dass man sich hier kaputtspart."
Um gegen die Wirtschaftsmächte USA und China zu bestehen, sprach sich die Wirtschaftsweise auch für eine Führungsrolle Deutschlands auf EU-Ebene aus. Zu einer Forderung eines Kollegen wollte sich die Professorin dann aber nicht äußern: Mario Draghi, promovierter Wirtschaftswissenschaftler und ehemals Präsident der Europäischen Zentralbank, hatte im September gefordert, dass jährlich bis zu 800 Milliarden Euro zusätzliche Investitionen notwendig wären. Um das stemmen zu können, solle die EU Gemeinschaftsschulden aufnehmen.
Dobrindt wurde angesichts dieser Summen deutlich: "Man sieht, welchen Irrsinn, welche Blütenträume da entstehen. Mal einfach zu sagen, wir brauchen jedes Jahr 800 Milliarden neue Schulden in Europa. Entschuldigung, aber das ist vollkommener Irrsinn. Niemand wird das jemals bezahlen können."
Geteilte Sorge um Trump-Präsidentschaft
Während Schnitzer Deutschland durch Investitionen wieder zur europäischen Führungsmacht machen möchte, sieht Dobrindt Deutschlands Rolle als Vorreiter in Sachen fiskalischer Stabilität: "Die anderen sind darauf angewiesen, dass wir solide Haushalte haben." Nicht nur in diesem Punkt war der CSU-Politiker anderer Meinung als die Wirtschaftsprofessorin. Zum Ende der Sendung sagte er: "Nachdem ich Frau Schnitzer genau zugehört habe, würde ich sagen, in der Mehrzahl der Antworten lag sie falsch und nicht richtig."
Die Bedenken zur neuen US-Politik unter Donald Trump aber teilte Alexander Dobrindt: "Sorgen bereitet mir das auch." Die Frage sei aber: "Wie gehe ich damit um?" Man könne die USA – den größten Partner, den Deutschland auf der Welt habe – als "einen Haufen von Verrückten" begreifen, sagte Dobrindt. Man könne aber auch sagen, dass es "unsere Verrückten" seien, mit denen man arbeiten müsse.
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