Eine bayerische Prinzenhochzeit! So etwas ist ja durchaus selten geworden. Aber es gibt sie noch, die Nachfahren des legendären Märchenkönigs Ludwig II. Am 20. Mai 2023 heiratet Ludwig Prinz von Bayern Sophie-Alexandra Evekink. Gefeiert wird quasi "zu Hause" – im Schloss Nymphenburg. Nur ein kurzer Schwächeanfall der Braut während der Trauung wackelt am perfekten Bild. Aber auch Adelige sind vor dem Altar eben aufgeregt.
Dieser Tag wird vom oberbayerischen Jahr 2023 in Erinnerung bleiben. Ebenso ein anderer, an dem das Land – im wahrsten Wortsinn – knapp an einer weiteren Zug-Katastrophe vorbeischrammt: In Reichertshausen streifen sich am 17. November ein Regionalzug und ein ICE. Sieben Menschen werden verletzt – und doch ist die Erleichterung groß. Denn wäre der Regionalzug etwas später zum Stehen gekommen, hätten die Folgen dramatisch sein können.
Der Papst und das Sportidol: Die Trauer
Statt mit Fest und Feier starten viele Katholikinnen und Katholiken mit Trauer ins neue Jahr: An Silvester 2022 ist der emeritierte Papst Benedikt XVI. gestorben, in Bayern bekannt als Joseph Ratzinger. Seine Verbundenheit zu Oberbayern und vieler oberbayerischer Katholiken zu ihm war groß – Trauer und Betroffenheit nach seinem Tod sind es auch.
Schon wenige Tage nach Benedikts Tod gibt es erneut Grund zu trauern: Rosi Mittermaier stirbt im Alter von 72 Jahren. Zwei Goldmedaillen hatte "die Gold-Rosi" bei den Olympischen Winterspielen 1976 in Innsbruck gewonnen und die Menschen verzaubert – ihr Leben lang mit ihrer herzlichen, bescheidenen und natürlichen Art. Die Anteilnahme ist riesig, weit über die Sportwelt hinaus.
Hagel und Schnee: Das Wetter
Gewitter gehören zum oberbayerischen Sommer dazu – doch das Unwetter, das Anfang August über den Süden hereinbricht, hat eine andere Dimension. Vor allem in den Landkreisen Bad Tölz-Wolfratshausen, Garmisch-Partenkirchen und Miesbach schlagen bis zu zehn Zentimeter große Hagelkörner ein. Besonders schlimm trifft es Bad Bayersoien. Der Ort sehe aus wie nach einem Luftangriff, sagen schockierte Bewohner: Kaum mehr ein Dach ist heil, Bäume entwurzelt, Gärten verwüstet, Autos demoliert. Sturm und Starkregen verschärfen die Lage zusätzlich. Die Aufräumarbeiten dauern Wochen, die Reparaturen an den Häusern Monate.
So wie das Gewitter zum Sommer gehört der Schnee zum Winter – doch die Schneemengen, die bereits im Dezember über Oberbayern niedergehen, bringen die Region erstmal zum Stillstand. München versinkt unter einem knappen halben Meter Schnee – ein neuer Rekord, mindestens seit den 1930er-Jahren. Außerhalb der Stadt wird der halbe Meter vielerorts noch übertroffen. Die Folge: Der Flughafen macht dicht, in einigen Landkreisen fällt die Schule aus und Autofahrer finden keine Parkplätze mehr, weil freie Flächen zum Schneeabladen genutzt werden. Die Bahn stellt flächendeckend den Betrieb ein – und kommt erst eine knappe Woche später wieder voll in die Gänge. Fliegen, Autofahren und Parken ist da schon längst kein Problem mehr.
Geier und Wölfe: Die Tiere
Bartgeier sind beeindruckende Tiere: stattlich groß und mit gewaltigem Hakenschnabel. Mehrere von ihnen sind in den vergangenen Jahren im Nationalpark Berchtesgaden ausgewildert worden und die Menschen nehmen regen Anteil an dem Versuch, die Tiere, die in den Alpen bereits ausgerottet waren, auch in Oberbayern wieder heimisch werden zu lassen. Im Mai werden zwei weitere Tiere ausgewildert: Fünf oberbayerische Bartgeier sind jetzt in den Alpen unterwegs. Und damit klar ist, woher sie kommen, heißen sie Sisi und Recka, Bavaria und Nepomuk. Nur bei Dagmar ist der Bezug zu Bayern nicht ganz klar – sie verdankt ihrem Namen einem langjährigen Unterstützer des Landesbundes für Vogelschutz. Aber wer weiß, vielleicht ist die Namensgeberin ja auch Bayerin.
Das zweite oberbayerische Aufreger-Tier des Jahres 2023 muss nicht ausgewildert werden, es ist von selbst eingewandert – und zwar ins Altmühltal. Ende Juni filmt eine Radlerin im Landkreis Eichstätt vier Wolfswelpen. Offensichtlich ist auch in dieser Region wohl wieder ein Rudel heimisch. Keine einfache Angelegenheit – denn im Altmühltal sind Schafe nach wie vor bedeutsam für Landwirtschaft und Landschaftspflege, denn sie halten die charakteristischen Magerrasen und Wacholderheiden frei.
Fußball und Formel 3: Der Sport
Frauen betreiben Kugelstoßen und Klippenspringen, Boxen und Skispringen. Im Motorsport sind sie dagegen bisher kaum vertreten. Sophia Flörsch ist eine Ausnahme. Ihr Ziel: die Formel 1. Doch die Karriere und auch das Leben der Münchnerin wären 2018 beinahe zu Ende gewesen, als sie – noch keine 18 Jahre alt – bei einem Formel-3-Rennen mit Tempo 270 mit einem anderen Auto zusammenstieß und in ein Podest krachte. Jetzt ist sie zurück – und wie: Im Juli holt sie als erste Frau in der Formel-3-Geschichte bei einem Rennen Punkte.
Um Bekanntheit und Erfolg sorgt sich der FC Bayern eher selten; meist hat er genug von beidem. 2023 muss sich der erfolgreichste Fußballverein Deutschlands aber arg abmühen: Ende Mai wird er wider Erwarten doch wieder Deutscher Meister - am letzten Spieltag und nur weil Konkurrent Dortmund gegen Mainz nicht gewinnt. So ist der Fußball, seufzt der Rest Deutschlands: Am Ende gewinnen immer die Bayern.
Demo und Direktmandat: Die Politik
Zu demonstrieren gehört zu den Grundrechten in einer Demokratie. Wenn allerdings ein stellvertretender Ministerpräsident von der Bühne ruft, "die schweigende große Mehrheit dieses Landes" müsse "sich die Demokratie wieder zurückholen" – dann gibt es dafür neben dem Applaus der Zuhörenden auch massive Kritik. Das hat Hubert Aiwanger von den Freien Wählern erlebt, als er im Juni in Erding auf einer Demonstration gegen die Heizungs-Pläne der Bundesregierung spricht.
Im Oktober wählen die Bayern dann einen neuen Landtag. Die Freien Wähler legen um mehr als vier Prozentpunkte auf knapp 16 Prozent der Stimmen zu. Hubert Aiwanger gewinnt in Niederbayern sein Direktmandat. Außer ihm schafft das nur sein Wirtschaftsstaatssekretär: Roland Weigert im Landkreis Neuburg-Schrobenhausen. Trotzdem bleibt er weder Staatssekretär noch wird er Minister.
Prozess und Urteil: Die Justiz
Im Oktober beginnt am Landgericht Traunstein der Prozess in einem Mordfall, der ein Jahr zuvor die Region erschüttert hat: Die 23-jährige Hanna war auf dem Nachhauseweg von einer Diskothek in Aschau im Chiemgau getötet worden. Der Angeklagte schweigt, doch Zeugen belasten ihn.
Der Hanna-Prozess geht weiter – zwei andere Prozesse haben dagegen ein Ende gefunden: Mitte Dezember wird die Unternehmerin und Politikertochter Andrea Tandler zu mehr als vier Jahren Haft verurteilt - nicht wegen der Frage, ob ihre Deals mit Mund-Nasen-Masken während der Coronapandemie moralisch fragwürdig waren, sondern weil sie die mehr als 48 Millionen Euro Provision nicht ordentlich versteuert hat. Und das Landgericht Ingolstadt bringt den längsten Prozess seiner Geschichte zu Ende und verurteilt einen Unternehmer und eine Heilpraktikerin, die ein wirkungsloses Krebsmittel verkauft hatten, nach mehr als zwei Jahren zu mehrjährigen Haftstrafen.
Schatz und Schleuserdrama – Die Arbeit der Polizei
Auch die Polizei hat 2023 in Oberbayern gut zu tun. Dramatisch endet ein Einsatz von Bundespolizisten, die in einer Nacht im Oktober eigentlich nur einen Kleintransporter kontrollieren wollen. Als der Fahrer die Polizei bemerkt, raste er mit 180 km/h davon und verliert bei der Ausfahrt Ampfing die Kontrolle. Menschen werden aus dem Fahrzeug geschleudert. Der Fahrer hat als Schleuser 23 Menschen in dem Neunsitzer-Bus – sieben von ihnen sterben bei dem Unfall, darunter auch ein Kind.
Das Landeskriminalamt dagegen kann in diesem Jahr einen Erfolg feiern – zumindest teilweise: Acht Monate, nachdem Diebe aus dem Kelten Römer Museum Manching einen unersetzlichen Goldschatz aus der Keltenzeit gestohlen hatten, finden Ermittler einen Teil davon wieder - allerdings nicht mehr in Münzenform, sondern zu Klumpen eingeschmolzen. Der Rest des Schatzes bleibt verschwunden.
Baby und Blindenfußball – Das Gute
Ein Nachrichtenjahr kommt oft schwer daher, mit Krisen, Dramen und Schreckmomenten. Doch es hat immer auch gute Momente zu bieten – und das muss nicht immer eine Prinzenhochzeit sein. Die Spieler des FC Ingolstadt sind mit einer neu zusammengesetzten Mannschaft so erfolgreich, dass sie es auf Anhieb in die Bundesliga geschafft haben – als einziges bayerisches Team im deutschen Blindenfußball.
Und im Juli nimmt eine ungewöhnliche Zugfahrt ein gutes Ende: Die Eltern waren am Münchner Hauptbahnhof kurz aus dem Zug nach Prag ausgestiegen, der Zug fuhr los – ohne die Eltern, aber mit deren Baby. Ein Münchner Polizist springt kurzerhand als Babysitter ein und betreut die Kleine, bis sie in Freising wieder ihren Eltern übergeben werden kann. Er sagte: "Sie hat kurz die Augen aufgemacht, da habe ich ihr gewunken, dann hat sie mich angelacht und wieder weitergeschlafen." Happy End.
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